Kartellrecht: Wettbewerb bei Online-Plattformen


Compliance bei Online-Plattformen: Intensivierende Wirkung auf den Wettbewerb
Nachbesserungsbedarf sahen die Experten unter anderem im Bereich der Marktabgrenzung



Die vorhandenen Instrumentarien des Wettbewerbs- und Kartellrechts sind grundsätzlich ausreichend, um einen funktionierenden Wettbewerb im Bereich der Online-Plattformen sicherzustellen. In dieser Einschätzung waren sich die zu einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses Digitale Agenda geladenen Experten einig. Nachbesserungsbedarf sahen sie unter anderem im Bereich der Marktabgrenzung. Es müsse explizit festgeschrieben werden, dass auch dann ein Markt vorliegt, wenn Leistungen unentgeltlich erbracht werden und Daten als Zahlungsmittel fungieren, sagte beispielsweise Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes.

Mit Blick auf das von seiner Behörde angestrengte Kartellverfahren gegen Facebook hinsichtlich eines eventuellen Missbrauchs seiner Marktmacht sagte Mundt, wenn sich eine marktbeherrschende Stellung von Facebook nachweisen lasse, müsse darauf gedrungen werden, dass das Unternehmen aus kartellrechtlichen Gründen die nationalen und europäischen Datenschutzgesetze einhält.

Online-Plattformen hätten eine intensivierende Wirkung auf den Wettbewerb, sagte Professor Justus Haucap, Direktor des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomie. Für Kunden ergäben sich so bessere Vergleichsmöglichkeiten während sich die Absatzmöglichkeiten der Händler erhöhten. Problematisch sei aber die Gefahr der Beschränkung auf nur noch eine Plattform in einzelnen Märkten. Dem vorbeugend müsse mit Exklusivitätsklauseln "sehr kritisch" umgegangen werden. Dazu müsse jedoch das Kartellrecht nicht neu erfunden werden, befand Haucap.

"Wettbewerb ist der erste Schritt zu solidem Verbraucherschutz", sagte Miika Blinn, Referent beim Team Digitales und Medien in der Verbraucherzentrale Bundesverband. Blinn plädierte für eine Einzelfallbetrachtung der verschiedenen Plattformen. Was den Missbrauch von Marktmacht angeht, so ist der aus Sicht des Verbraucherschützers bei Online-Märkten dann gegeben, wenn Nutzer keine wirkliche Alternative hätten und die Betreiber der Plattform vor diesem Hintergrund die Kosten, "also die Menge an Daten, die erhoben wird", erhöhen. Laut Blinn spräche vieles dafür, diese Situation so zu behandeln, "als gebe es in der analogen Welt nur noch einen Cola-Produzenten, der plötzlich für die Flasche 50 Euro haben will".

Er wünsche sich in Deutschland mehr Plattformjazz als nur Plattformblues, sagte Ansgar Baums, Leiter der Berliner Geschäftsstelle des Unternehmens Hewlett Packard (HP). Derzeit gebe es im politischen Raum eine problematische Zuspitzung des Begriffs der Digitalen Plattform. Gemeint sei dann das Geschäftsmodell des Vertriebs personalisierter Werbung. "Wir können es uns nicht leisten, Plattformen so einseitig zu bewerten und daraus regulatorische Maßnahmen treffen, die eine Kollateralschaden im Bereich Industrie 4.0 mit sich bringen könnten", warnte Baums. Statt einer Revolution werden seiner Ansicht nach lediglich ein paar Anpassungen im Detail benötigt.

Auch Michael Menz vom Online-Mode-Händler Zalando sprach sich dafür aus, mit den vorhandenen Regulierungen zu arbeiten. "Wir agieren nicht im rechtsfreien Raum", machte er deutlich. Menz appellierte an die Abgeordneten "die Entstehung und das Wachstum von deutschen Digitalunternehmen nicht durch neue staatliche Regulierung zu hemmen". (Deutscher Bundestag: ra)

eingetragen: 25.04.16
Home & Newsletterlauf: 19.05.16


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Sorgfaltspflichten für Online-Dienste

    Bei einer öffentlichen Anhörung des Digitalausschusses ist das von der Bundesregierung geplante Digitale-Dienste-Gesetz (20/10031) zur Umsetzung des Digital Services Act (DSA) auf nationaler Ebene von den geladenen Sachverständigen überwiegend begrüßt worden. Moderate Kritik wurde an einzelnen Punkten des Entwurfs zur Umsetzung laut.

  • Einsatz von KI birgt auch Risiken

    Die Deutsche Bundesregierung erkennt in der Nutzung Künstlicher Intelligenz (KI) ein "vielfältiges und beträchtliches" Potenzial für Beschäftigte und den Arbeitsmarkt. KI könne die Produktivität von Beschäftigten steigern und diese bei ihren Tätigkeiten entlasten.

  • EU-Plastikabgabe weiter in Abstimmung

    Die Deutsche Bundesregierung befindet sich momentan noch in der Abstimmung hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der nationalen Umlegung der EU-Plastikabgabe. Verschiedene Optionen würden geprüft.

  • Bedeutung gemeinwohlorientierter Unternehmen

    Die Parlamentarische Staatssekretärin des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen), hat bei der Aussprache zur Unterrichtung des Bundestages zur Nationale Strategie für Soziale Innovationen und Gemeinwohlorientierte Unternehmen im Wirtschaftsausschuss die Bedeutung des Programms betont.

  • Mehr Recycling-Anreize

    In seiner derzeitigen Form hat Paragraf 21 des Verpackungsgesetzes aus Sicht der Bundesregierung für die Hersteller systembeteiligungspflichtiger Verpackungen bereits ein wichtiges Signal in Richtung des ökologischen Verpackungsdesigns gesetzt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen