Lobbyismus und Onlinehandel


Einflussnahme von Interessenvertreterinnen und Interessenvertretern auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften



Um die Einflussnahme von Interessenvertretern auf den Gesetzentwurf der Deutschen Bundesregierung zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften geht es in einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (19/6354). Die Abgeordneten wollen unter anderem erfahren, welcher Regelungsvorschlag des Gesetzentwurfs mit konkreten Vorschlägen von Dritten identisch oder teilidentisch ist. Außerdem wird nach Gutachten und Studien gefragt, die von Dritten erstellt wurden und dem Gesetzentwurf als Erkenntnisquelle zugrunde lagen. Schließlich soll die Bundesregierung auch Auskunft über dienstliche Kontakte mit Interessenvertretern im Zusammenhang mit der Erstellung des Gesetzentwurfs geben.

Die Fragesteller bemerken vor:
Die Einflussnahme von Interessenvertreterinnen und Interessenvertretern auf den Inhalt eines Gesetzentwurfs geschieht nicht nur im Deutschen Bundestag, sondern sie vollzieht sich auch beim Verfassungsorgan Bundesregierung, etwa in den einzelnen Bundesministerien. Dort haben schon in den Beteiligungs- und Anhörungsverfahren gemäß den Vorschriften der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO), aber auch darüber hinaus Verbände und sonstige Personen außerhalb der Bundesregierung als Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter (im weiteren Text: externe Dritte) Möglichkeiten der Beeinflussung des Inhalts der gesetzlichen Regelungsvorschläge.

Grundsätzlich sind der Austausch der Bundesregierung mit externen Dritten und die Kenntnis, Abwägung und ggf. Berücksichtigung der im Laufe der Erstellung von Gesetzentwürfen geäußerten Stellungnahmen und enthaltenen alternativen Formulierungen nicht falsch, sondern ganz im Gegenteil: Das ist sogar wichtig. Die Bundesregierung kann und soll sich mit den in der Gesellschaft vorhandenen Auffassungen, Positionen und Interessen auseinandersetzen und diese im Rahmen der Erstellung von Gesetzentwürfen als Initiativberechtigte i. S. d. Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) ggf. berücksichtigen.

Dies muss nur für den Deutschen Bundestag als Gesetzgebungsorgan und nicht zuletzt auch für die Öffentlichkeit ersichtlich sein. "Die parlamentarische Demokratie basiert auf dem Vertrauen des Volkes; Vertrauen ohne Transparenz, die erlaubt zu verfolgen, was politisch geschieht, ist nicht möglich" (BVerfGE 40, 296, 327). Darüber hinaus sollten die unterschiedlichen gesellschaftlichen Positionen nach Auffassung der Fragesteller grundsätzlich gleiches Gehör bei der Bundesregierung finden.

Die Mitglieder des Deutschen Bundestages wissen nach Einschätzung der Fragesteller wenig Konkretes über die Erkenntnisquellen des Entwurfs eines Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Bundesratsdrucksache 372/18), die ggf. durch externe Dritte im Prozess der Erstellung des Gesetzentwurfs eingeführt wurden und auf denen die konkreten Regelungsvorschläge ggf. beruhen. Der Deutsche Bundestag hat jedoch ein gewichtiges Interesse daran, die Übernahme bzw. positive Berücksichtigung der Vorschläge oder Stellungnahmen externer Dritter in dem Gesetzentwurf zu kennen. Zu der Bewertung eines konkreten Regelungsvorschlages gehört schließlich auch die Kenntnis, welchen spezifischen Interessen und Zielen er dient. Nur so kann umfassend ermessen werden, ob das Regelungsziel geteilt wird und ob die Regelung dafür unter Berücksichtigung aller vorliegenden Informationen geeignet, erforderlich und angemessen ist.

Der Deutsche Bundestag kann nach Auffassung der Fragesteller erwarten, dass die Bundesregierung von sich aus offenlegt, auf der Stellungnahme oder Forderung welches externen Dritten ein konkreter gesetzlicher Regelungsvorschlag gegebenenfalls beruht und ob ggf. eine Norm entgegen der ursprünglich vorgesehenen Fassung des Gesetzentwurfs nach der Verbändebeteiligung oder aufgrund anderweitig eingegangener Stellungnahme geändert worden ist. Dies sollte sich nämlich ohnehin aus der Gesetzesbegründung ergeben. In der Gesetzesbegründung sind gemäß § 43 Absatz 1 GGO "1. die Zielsetzung und Notwendigkeit des Gesetzentwurfs und seiner Einzelvorschriften" sowie "2. welcher Sachverhalt dem Gesetzentwurf zugrunde liegt und auf welchen Erkenntnisquellen er beruht" darzustellen. Gemäß § 49 Absatz 1 GGO sind Änderungen gegenüber dem jeweils vorangegangenen Entwurf kenntlich zu machen, also zu dokumentieren. Es ist kein Grund ersichtlich, die Kenntnis dieser Umstände dem Gesetzgebungsorgan vorzuenthalten. Es ist vorauszusetzen, dass die Bundesregierung nichts zu verbergen hat.
(Deutscher Bundestag: ra)

eingetragen: 28.12.18
Newsletterlauf: 30.01.19



Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • AfD will Gebäudeenergiegesetz abschaffen

    Die AfD-Fraktion will das Gebäudeenergiegesetz (GEG) abschaffen und verlangt in einem Antrag (21/227) außerdem, auf die CO2-Bepreisung von Heizöl und Gas zu verzichten. Die entsprechenden Vorschriften sollen "schnellstmöglich, vollständig und ersatzlos" gestrichen werden. Zudem soll die Umsetzung aller entsprechenden EU Verordnungen und Richtlinien (etwa der sogenannte Green Deal der EU) sowie damit verbundene Regulierungen wie der CO2-Grenzausgleich sofort beendet werden.

  • Änderung der Verordnung (EU) 2017/625

    Die Bundestagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen drängt auf eine verpflichtende Produktkennzeichnung für Lebensmittel, die genomisch verändert wurden. Anlass ist ein Vorschlag der Europäischen Kommission, die im Juli 2023 einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über mit genomischen Techniken gewonnene Pflanzen und die aus ihnen gewonnenen Lebens- und Futtermittel vorgelegt hat.

  • Steuerhinterziehung & Cum-Cum

    Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verlangt in einem Antrag (21/226), organisierte Steuerhinterziehung wie die sogenannten Cum-Cum-Deals aufzuklären und die Steuermilliarden konsequent zurückzufordern. Dazu sollen die Aufbewahrungsfristen für Belege bei Finanzinstitutionen verlängert werden. Der Antrag steht am Donnerstag auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages.

  • Ausschuss gegen Cum-Cum-Antrag der Grünen

    Der Finanzausschuss hat mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU und SPD einen Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel "Organisierte Steuerhinterziehung wie Cum-Cum-Deals aufklären, Steuermilliarden konsequent zurückfordern und Aufbewahrungsfristen für Belege bei Finanzinstitutionen verlängern" (21/226) abgelehnt. Für den Antrag stimmten neben der Antragstellerin die Fraktionen der AfD und Die Linke.

  • Versorgungslage signifikant verbessert

    Die Inbetriebnahme des vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) entwickelten Frühwarnsystems bei Arzneimittel-Lieferengpässen in einer funktionsfähigen Basisversion ist nach Angaben der Bundesregierung für das vierte Quartal 2025 vorgesehen. Der Aufbau des Frühwarnsystems habe insbesondere bei der Beobachtung und Bewertung der Versorgung mit antibiotikahaltigen Arzneimitteln für Kinder unterstützende Daten geliefert, heißt es in der Antwort (21/338) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (21/171) der AfD-Fraktion.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen