Compliance im Gesundheitswesen


Nicht immer medizinische Notwendigkeit, sondern wirtschaftliches Interesse des Arztes:
SPD-Fraktion will "Individuelle Gesundheitsleistungen" eindämmen
Patienten würden in den Arztpraxen zum Teil durch aggressives Marketing zu den Leistungen gedrängt

(05.04.12) - Sogenannte "Individuelle Gesundheitsleistungen" sollen nach dem Willen der SPD-Fraktion eingedämmt werden. Solche Leistungen, die nicht zum festgeschriebenen Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gehörten und von diesen deshalb grundsätzlich nicht finanziert würden, müssten Patienten "aus der eigenen Tasche bezahlen", heißt es in einem Antrag der Fraktion (17/9061). Danach wurden im Jahr 2010 in deutschen Arztpraxen Individuelle Gesundheitsleistungen im Wert von 1,5 Milliarden Euro erbracht.

Wie die Fraktion schreibt, handelt sich um einen schnell wachsenden Markt. Patienten würden in den Arztpraxen zum Teil durch aggressives Marketing zu den Leistungen gedrängt. Sie würden deutlich häufiger Patienten mit höheren Einkommen angeboten. Dadurch verdichte sich der Eindruck, dass bei der Erbringung dieser Leistung "nicht die medizinische Notwendigkeit im Vordergrund steht, sondern die wirtschaftlichen Interessen" des Arztes. Für zwei der am häufigsten verkauften Individuellen Gesundheitsleistungen (Glaukom- und vaginales Ultraschallscreening) gebe es keine Anhaltspunkte für einen patientenrelevanten Nutzen. Bei anderen Individuellen Gesundheitsleistungen wie der Colon-Hydro-Therapie würden neben dem fehlenden Patientennutzen sogar gravierende Schäden wie zum Beispiel Darmblutungen berichtet.

Die Bundesregierung soll laut Antrag einen Gesetzentwurf vorlegen, dem zufolge bei Individuellen Gesundheitsleistungen grundsätzlich ein schriftlicher Behandlungsvertrag geschlossen werden muss. Auch sollen die Patienten in einem persönlichen Gespräch umfassend über die Individuelle Gesundheitsleistung aufgeklärt werden und bei solchen Leistungen immer eine schriftliche Rechnung erhalten. Bei Formverstößen wie etwa fehlenden Informationen im Behandlungsvertrag soll der Patient nicht verpflichtet sein, die Rechnung zu zahlen.

Ferner soll der Vorlage zufolge ein Arzt, der eine Individuelle Gesundheitsleistung erbracht hat, für diesen Patienten am selben Tag keine Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abrechnen dürfen. Ausnahmen davon sollen vom Patienten selbst nachgefragte spezielle Leistungen wie Reiseimpfungen oder sportmedizinische Untersuchungen sein, heißt es in dem Antrag weiter. Damit solle Patienten ermöglicht werden, die Entscheidung für oder gegen derartige Leistungen "ohne Druck und Zwang zu treffen".

Zudem soll nach dem Willen der SPD-Fraktion in jeder Arztpraxis, in der solche Leistungen erbracht werden, eine Übersicht über die angebotenen Individuellen Gesundheitsleistungen als Information der Bundesregierung aushängen müssen. Darauf soll angegeben sein müssen, warum die jeweilige Leistung nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung enthalten ist. Daneben will die Fraktion in dem Gesetzentwurf unter anderem die Kassen "zu umfassender Aufklärung ihrer Versicherten" verpflichtet sehen. (Deutscher Bundestag: ra)



Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • AfD will Gebäudeenergiegesetz abschaffen

    Die AfD-Fraktion will das Gebäudeenergiegesetz (GEG) abschaffen und verlangt in einem Antrag (21/227) außerdem, auf die CO2-Bepreisung von Heizöl und Gas zu verzichten. Die entsprechenden Vorschriften sollen "schnellstmöglich, vollständig und ersatzlos" gestrichen werden. Zudem soll die Umsetzung aller entsprechenden EU Verordnungen und Richtlinien (etwa der sogenannte Green Deal der EU) sowie damit verbundene Regulierungen wie der CO2-Grenzausgleich sofort beendet werden.

  • Änderung der Verordnung (EU) 2017/625

    Die Bundestagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen drängt auf eine verpflichtende Produktkennzeichnung für Lebensmittel, die genomisch verändert wurden. Anlass ist ein Vorschlag der Europäischen Kommission, die im Juli 2023 einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über mit genomischen Techniken gewonnene Pflanzen und die aus ihnen gewonnenen Lebens- und Futtermittel vorgelegt hat.

  • Steuerhinterziehung & Cum-Cum

    Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verlangt in einem Antrag (21/226), organisierte Steuerhinterziehung wie die sogenannten Cum-Cum-Deals aufzuklären und die Steuermilliarden konsequent zurückzufordern. Dazu sollen die Aufbewahrungsfristen für Belege bei Finanzinstitutionen verlängert werden. Der Antrag steht am Donnerstag auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages.

  • Ausschuss gegen Cum-Cum-Antrag der Grünen

    Der Finanzausschuss hat mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU und SPD einen Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel "Organisierte Steuerhinterziehung wie Cum-Cum-Deals aufklären, Steuermilliarden konsequent zurückfordern und Aufbewahrungsfristen für Belege bei Finanzinstitutionen verlängern" (21/226) abgelehnt. Für den Antrag stimmten neben der Antragstellerin die Fraktionen der AfD und Die Linke.

  • Versorgungslage signifikant verbessert

    Die Inbetriebnahme des vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) entwickelten Frühwarnsystems bei Arzneimittel-Lieferengpässen in einer funktionsfähigen Basisversion ist nach Angaben der Bundesregierung für das vierte Quartal 2025 vorgesehen. Der Aufbau des Frühwarnsystems habe insbesondere bei der Beobachtung und Bewertung der Versorgung mit antibiotikahaltigen Arzneimitteln für Kinder unterstützende Daten geliefert, heißt es in der Antwort (21/338) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (21/171) der AfD-Fraktion.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen