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Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit


Die Europäische Kommission leitet Vertragsverletzungsverfahren wegen Anwendung des deutschen Mindestlohngesetzes im Verkehrssektor ein
Deutschland ist das 22. Land in der EU, das einen Mindestlohn eingeführt hat - Das Gesetz trat am 1. Januar 2015 in Kraft

(17.06.15) - Die Europäische Kommission hat beschlossen, bezüglich der Anwendung des deutschen Mindestlohngesetzes im Verkehrssektor ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einzuleiten. Nach einem Informationsaustausch mit den deutschen Behörden und nach einer eingehenden rechtlichen Prüfung der deutschen Vorschriften hat die Kommission nun ein Aufforderungsschreiben an Deutschland geschickt. Dieses Schreiben ist der erste Schritt eines Vertragsverletzungsverfahrens.

Die Kommission unterstützt zwar voll und ganz die Einführung eines Mindestlohnes in Deutschland, vertritt aber die Ansicht, dass die Anwendung des Mindestlohngesetzes auf alle Verkehrsleistungen, die deutsches Gebiet berühren, eine unverhältnismäßige Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit und des freien Warenverkehrs bewirkt.

Nach Ansicht der Kommission lässt sich insbesondere die Anwendung der deutschen Vorschriften auf den Transitverkehr und auf bestimmte grenzüberschreitende Beförderungsleistungen nicht rechtfertigen, weil dadurch unangemessene Verwaltungshürden geschaffen werden, die ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts behindern. Nach Meinung der Kommission gibt es angemessenere Maßnahmen, die zum sozialen Schutz der Arbeitnehmer und zur Gewährleistung eines lauteren Wettbewerbs ergriffen werden können und gleichzeitig einen freien Waren- und Dienstleistungsverkehr ermöglichen.

Nächste Schritte: Die deutschen Behörden haben nun zwei Monate Zeit, um auf die von der Kommission in ihrem Aufforderungsschreiben vorgebrachten Argumente zu antworten.

Das Aufforderungsschreiben betrifft nur den konkreten Fall dieses deutschen Gesetzes und lässt sonstige Initiativen unberührt, die die Kommission zur Klarstellung der Vorschriften beispielsweise im Zusammenhang mit dem noch in diesem Jahr zur Verabschiedung anstehenden Paket zur Arbeitskräftemobilität ergreifen kann.

Hintergrund
Die Kommission begrüßt die Einführung eines Mindestlohns in Deutschland, denn dies steht im Einklang mit den sozialpolitischen Zielvorstellungen dieser Kommission. Als Hüterin der Verträge muss die Kommission aber auch dafür Sorge tragen, dass die Anwendung der nationalen Maßnahmen voll und ganz mit dem EU-Recht vereinbar ist, vor allem mit der Arbeitnehmer-Entsenderichtlinie (Richtlinie 96/71/EG), dem geltenden EU-Verkehrsrecht und den in den Verträgen verankerten Grundsätzen des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs. Außerdem muss dabei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben.

Deutschland ist das 22. Land in der EU, das einen Mindestlohn eingeführt hat. Das Gesetz trat am 1. Januar 2015 in Kraft. Der deutsche Mindestlohn beträgt 8,50 EUR. Das Gesetz gilt auch für alle Unternehmen mit Sitz außerhalb Deutschlands, die Dienstleistungen in Deutschland erbringen. So sind ausländische Unternehmen in bestimmten Wirtschaftssektoren, darunter auch im Verkehrsbereich, verpflichtet, ihre Tätigkeiten beim deutschen Zoll mit besonderen Formularen, die von den deutschen Behörden ausgegeben werden, anzumelden. Die deutschen Zollbehörden sind für die Kontrolle der gemeldeten Tätigkeiten zuständig. Die Sanktionen belaufen sich bei Verstößen gegen diese Meldepflicht auf bis zu 30.000 EUR und auf bis zu 500.000 EUR, falls die gezahlten Löhne gegen das deutsche Mindestlohngesetz verstoßen.
(Europäische Kommission: ra)


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