Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa

Einheitlicher Patentschutz in der EU


Patentrecht: Kommission ebnet den Weg für künftiges Einheitspatent in einigen Mitgliedsstaaten
Ein Patent zu erhalten, ist in Europa wegen der Kosten der nationalen Validierung und der Übersetzung zehnmal teurer als in den USA

(20.12.10) - Die Europäische Kommission legte einen Vorschlag vor, der den Weg für eine "verstärkte Zusammenarbeit" zur Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes in der EU ebnet. Ein solcher einheitlicher Patentschutz würde den Mitgliedsstaaten, die dies wünschen, die Schaffung eines Patents erlauben, das aufgrund eines einzigen Antrags erteilt wird und in allen teilnehmenden Ländern gilt.

Ein Patent zu erhalten, ist in Europa wegen der Kosten der nationalen Validierung und der Übersetzung zehnmal teurer als in den USA. Diese Situation hemmt die Forschung, Entwicklung und Innovation und untergräbt die Europäische Wettbewerbsfähigkeit. Über Vorschläge der Kommission für ein einheitliches EU-Patent wird zwar seit über zehn Jahren beraten, bislang konnte im Rat aber in der Frage der Sprachenregelung keine Einigung erzielt werden.

Mit ihrem im Juni 2010 unterbreiteten Vorschlag zur Sprachenregelung für das EU-Patent versuchte die Kommission, die Pattsituation zu überwinden. Doch nachdem sich der EU-Ministerrat nicht einstimmig auf eine Sprachenregelung für das EU-Patent verständigen konnte, hat die Kommission nun einen Vorschlag vorgelegt, der den Weg für die Genehmigung einer "verstärkten Zusammenarbeit" auf diesem Gebiet ebnet, wie sie in den EU-Verträgen vorgesehen ist.

"Patentanmeldungen sind in Europa eine teuere und komplizierte Angelegenheit, die sich nur finanzstarke Unternehmen leisten können", sagte Michel Barnier, der EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen. "Die nicht hinnehmbare Tatsache ist, dass Innovatoren ihre Patente wegen der hohen Kosten nur in durchschnittlich fünf der 27 EU-Mitgliedstaaten validieren und schützen lassen.

Jede weitere Verzögerung schadet den Europäischen Erfindern. Deshalb schlägt die Kommission vor, dass einigen Mitgliedstaaten erlaubt wird, bei der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes voranzuschreiten, und ich hoffe, dass sich mit der Zeit alle Mitgliedstaaten diesem neuen System anschließen werden. Jedenfalls wird keine Diskriminierung zwischen den Unternehmen erfolgen, denn sie werden die Möglichkeit haben, ein EU-Patent gleichberechtigt und unabhängig von ihrem Herkunftsland anzumelden."

Geltendes Patentrecht in Europa
Das derzeitige Europäische Patentsystem ist, insbesondere mit Blick auf die Übersetzungserfordernisse, sehr teuer und komplex. Das Europäische Patentamt (EPA) – eine zwischenstaatliche Europäische Patenteinrichtung, der 38 Staaten angehören (EU-27 + 11 andere Europäische Länder) – prüft die Patentanmeldungen und erteilt ein Europäisches Patent, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind. Damit ein erteiltes Patent jedoch in einem Mitgliedstaat Wirkung hat, muss der Erfinder in jedem einzelnen Land, für das er den Patentschutz wünscht, eine nationale Validierung beantragen. Dieses Verfahren ist mit erheblichen zusätzlichen Übersetzungs- und Verwaltungskosten verbunden.

Ein in nur 13 Ländern validiertes europäisches Patent kann bis zu 18.000 Euro kosten, wovon allein fast 10.000 Euro auf Übersetzungskosten entfallen. Dadurch sind die Kosten eines Europäischen Patents zehnmal so hoch wie in den USA, wo ein Patent im Durchschnitt nur 1.850 Euro kostet. Angesichts dieser Kosten lassen die meisten Erfinder ihre Erfindung nur in sehr wenigen Mitgliedstaaten patentieren.

Das weitere Vorgehen im Patentrecht
Der jetzige Vorschlag geht auf einen Antrag von 12 Mitgliedstaaten zurück (Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Deutschland, Litauen, Luxemburg, Niederlande, Polen, Slowenien, Schweden und Vereinigtes Königreich).

Dies wäre das zweite Mal, dass das "Verfahren der verstärkten Zusammenarbeit" zur Anwendung kommt, das es einigen Mitgliedstaaten erlaubt, unverzüglich allein voranzuschreiten, während sich andere Länder der Initiative später noch anschließen können. Der vorgeschlagene Beschluss zur Genehmigung einer verstärkten Zusammenarbeit beim einheitlichen Patentschutz muss vom EU-Ministerrat mit qualifizierter Mehrheit gefasst werden und bedarf außerdem der Zustimmung des Europäischen Parlaments. Die Kommission wird dann 2011 detaillierte Vorschläge für die Einführung einer verstärkten Zusammenarbeit beim einheitlichen Patentschutz und für die diesbezüglichen Übersetzungsanforderungen unterbreiten.

Entsprechend den unter belgischem Vorsitz im EU-Ministerrat geführten Verhandlungen wird der Kommissionsvorschlag für die Übersetzungsanforderungen auf der bestehenden Sprachenregelung des EPA beruhen und annehmbare Kosten vorsehen. Das einheitliche Patent würde demnach in einer der bestehenden Amtssprachen des EPA – Englisch, Französisch oder Deutsch – geprüft und erteilt werden.

Um den Zugang zum Einheitspatent zu erleichtern, sollte es allen Antragstellern in der EU diskriminierungsfrei offen stehen. Ihre Erfindungen wären dadurch in allen an der verstärkten Zusammenarbeit beteiligten EU-Ländern geschützt. EU-Patentanmelder, deren Landessprache nicht Englisch, Französisch oder Deutsch ist, würden die Möglichkeit erhalten, ihre Anmeldungen in einer anderen Amtssprache der Europäischen Union einzureichen. Die Kosten für die Übersetzung in eine der EPA-Verfahrenssprachen (je nach Wahl des Anmelders bei der Patentanmeldung Englisch, Französisch oder Deutsch) würden erstattungsfähig sein.

Hintergrund
Nachdem vorherige Versuche zur Schaffung eines Einheitspatents gescheitert waren (das Luxemburger Gemeinschaftspatentübereinkommen von 1975 ist nie in Kraft getreten), schlug die Kommission im August 2000 eine Verordnung für ein Gemeinschaftspatent (nach dem Vertrag von Lissabon jetzt als EU-Patent bezeichnet) vor. Im Dezember 2009 verabschiedeten die Mitgliedstaaten einstimmig Schlussfolgerungen zur Verbesserung des Patentsystems in Europa (siehe IP/09/1880). Diese enthielten die wichtigsten Elemente zur Schaffung eines einheitlichen EU-Patents und zur Errichtung eines neuen Patentgerichts in der EU. Im Juni 2010 schlug die Kommission eine Verordnung über die Übersetzungsanforderungen für das EU-Patent vor, die aber nicht die erforderliche einstimmige Zustimmung des EU-Ministerrats erhielt.

Nach dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union dürfen neun oder mehr Länder im Rahmen einer verstärkten Zusammenarbeit als letztes Mittel auf einem bestimmten Gebiet eine Maßnahme allein weiterführen, wenn innerhalb eines vertretbaren Zeitraums keine Einigung in der EU in ihrer Gesamtheit zustande kommt. Nach der Einleitung einer verstärkten Zusammenarbeit können sich andere Mitgliedstaaten der Initiative aber jederzeit anschließen.

Weitere Informationen hier (externer Link):
(Europäische Kommission: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: EU und Europa

  • Schwachstellen in Lieferketten beseitigen

    Die Europäische Kommission hat im Namen der EU zusammen mit den USA und 15 anderen globalen Partnern eine Gemeinsame Erklärung unterzeichnet, um an globalen Lieferkettenproblemen zu arbeiten. Kommissar Thierry Breton, der die Erklärung unterzeichnete, begrüßte die globalen Bemühungen, um Störungen der Lieferketten gemeinsam anzugehen - insbesondere seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine.

  • Keine vorgetäuschten Preisnachlässe

    Der Online-Marktplatz Wish hat sich bereit erklärt, seine Preistransparenz zu erhöhen, um die EU-Verbraucherschutzvorschriften einzuhalten. Die Erklärung ist das Ergebnis eines Dialogs mit der niederländischen Behörde für Verbraucher und Märkte (ACM), die eng mit der Europäischen Kommission und dem europäischen Netz der nationalen Verbraucherschutzbehörden (CPC) zusammenarbeitet.

  • Aktionsplans zur Kapitalmarktunion

    Der Rat hat seinen Standpunkt zu drei Vorschlägen festgelegt, mit denen ein zentrales europäisches Zugangsportal (ESAP) geschaffen wird, das die erste Maßnahme im Rahmen des Aktionsplans zur Kapitalmarktunion darstellt. Mit dieser Maßnahme soll ein zentrales Zugangsportal für öffentliche finanz- und nachhaltigkeitsbezogene Informationen zu Unternehmen und Anlageprodukten in der EU geschaffen werden.

  • Einrichtung zur Bekämpfung der Geldwäsche

    Damit der Unionsrahmen für die Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (AML/CFT) effizienter funktioniert, wird die EU eine spezielle Behörde zur Bekämpfung der Geldwäsche einrichten. Der Rat hat seinen partiellen Standpunkt zu dem Vorschlag festgelegt. Angesichts des grenzüberschreitenden Charakters von Straftaten dürfte die neue Behörde einen wichtigen und nützlichen Beitrag zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung leisten.

  • Meldung der Kompensationspflichten

    Der Ausschuss der Ständigen Vertreter hat ein Mandat für Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament über einen Beschlussvorschlag angenommen, mit dem die Meldung der Kompensationspflichten im Rahmen des Systems zur Verrechnung und Reduzierung von Kohlenstoffdioxid für die internationale Luftfahrt (Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation, CORSIA) geregelt werden soll. Diese Initiative ist Teil des grünen Wandels und zielt darauf ab, die Treibhausgasemissionen des internationalen Luftverkehrs zu begrenzen. CORSIA ist ein globaler Mechanismus zur Verringerung der CO2-Emissionen aus dem internationalen Luftverkehr, den die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) 2018 ins Leben gerufen hat.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen