Netzneutralität: Bitkom kritisiert Entwurf


Compliance mit Netzneutralität: Massiver und kontraproduktiver Eingriff in den Wettbewerb?
Regulatorischer Schnellschuss bedroht den Breitbandausbau, sagt Bitkom

(23.07.13) - Der Bitkom kritisiert den Verordnungsentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) zur so genannten Netzneutralität. "Der Entwurf des BMWi ist ein regulatorischer Schnellschuss und wird der komplexen Thematik nicht gerecht. Er konterkariert die Breitbandstrategie der Bundesregierung, in dem er genau jenen Unternehmen massiv schadet, die in den Breitbandausbau investieren", sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. Aufgrund der sehr allgemeinen und weitreichenden Regelungen im Entwurf könnte es Netzbetreibern auf der einen sowie Dienste- und Inhalteanbietern auf der a(unbenannt) nderen Seite künftig generell verboten sein, Produkte und Dienste nach Preis und Qualität zu differenzieren.

Gesicherte Qualitätsklassen sind jedoch notwendig, um die Güte bestehender Internet-Dienste zu garantieren und innovative Services und Geschäftsmodelle zu ermöglichen. Auch der europäische Rechtsrahmen sieht ausdrücklich die Möglichkeit solcher Differenzierungen vor. "Die Verordnung des BMWi in ihrer jetzigen Fassung ist ein massiver, unnötiger und kontraproduktiver Eingriff in den Wettbewerb", so Rohleder. Er appellierte an die Politik, sich mit der Verordnung intensiv und umfassend zu befassen und sie nicht im Hauruck-Verfahren durchzusetzen.

Das BMWi stützt sich in seinem Entwurf auf § 41a Telekommunikationsgesetz (TKG). Jedoch sind regulatorische Maßnahmen auf Grundlage dieses Paragrafen nur als ultima ratio im Falle einer umfassenden und dauerhaften Verschlechterung bei der Datenübertragung im Internet vorgesehen. Bei der geplanten Verordnung handele es sich hingegen um eine rein präventive Regulierung.

"Die TK-Branche bekennt sich nachdrücklich zum so genannten 'Best Effort'-Prinzip bei der Übermittlung von Daten", sagt Rohleder. Daten und Dienste werden schnellstmöglich und im Rahmen der verfügbaren Ressourcen nach besten Möglichkeiten übertragen. Inhalteanbieter und Endkunden müssen aber die Möglichkeit bekommen, eine höherwertige, über "Best Effort" liegende Qualität einzukaufen, um die reibungslose Abrufbarkeit von bestimmten Diensten sicherzustellen. Innovative neue Dienste können sich damit sowohl unter "Best Effort" als auch in einem qualitätsgesicherten Umfeld entwickeln. Anwendungen wie Videos profitieren von garantierten Bandbreiten. Online-Gamer von geringen Reaktionszeiten, Videotelefonie von absolut stabilen Verbindungen. Bei E-Mails dagegen komme es nicht auf eine Sekunde mehr oder weniger an. "Wir sind gegen Diskriminierung von Diensten und Daten, aber sehr wohl für Differenzierung", so Rohleder.

Die Branche war und ist sich einig, dass das Gebot eines offenen Internets essentieller Bestandteil eines freiheitlich demokratischen Gemeinwesens ist, in dem jedermann Anbieter und Dienste frei wählen kann. Das strenge deutsche Wettbewerbs- und Kartellrecht bietet aus Bitkom-Sicht einen verlässlichen Rechtsrahmen für unternehmerisches Handeln, Rechts- und Planungssicherheit. So müssten Netzbetreiber ihre Angebote allen Interessenten zu kommerziellen und transparenten Bedingungen zugänglich machen. Eine wettbewerbswidrige Diskriminierung gleichwertiger Dienste sei verboten. "In einem offenen, diskriminierungsfreien und wettbewerbsintensiven Breitbandmarkt bedarf es keiner präventiven Regulierung", sagt Rohleder. "Letztlich entscheiden allein die Nutzer über Erfolg oder Misserfolg neuer Produkte und Geschäftsmodelle." (Bitkom: ra)

Bitkom: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Meldungen: Kommentare und Meinungen

  • Bedrohungslage ganzheitlich verstehen

    Mit dem Kabinettsbeschluss vom 30. Juli 2025 hat die Bundesregierung einen überfälligen Schritt getan. Die Umsetzung der europäischen NIS-2-Richtlinie kommt damit in die nächste Phase - verspätet, aber mit deutlich geschärften Konturen. Der Regierungsentwurf schafft erstmals einen verbindlichen Rahmen für Cybersicherheit in weiten Teilen der Wirtschaft und verankert Mindeststandards, die weit über den bisherigen KRITIS-Kreis hinausreichen.

  • KI-Assistent ein potenzieller Angriffspunkt

    Der Schwerpunkt des neuen freiwilligen Verhaltenskodexes der Europäischen Union für künstliche Intelligenz liegt verständlicherweise auf der verantwortungsvollen Entwicklung künstlicher Intelligenz. Doch indirekt wirft er auch die Frage nach einem weiteren wichtigen Pfeiler der gewissenhaften Einführung auf: der Sicherheit bei der Nutzung von KI.

  • Umsetzung der E-Rechnungspflicht

    Das Bundesfinanzministerium (BMF) veröffentlichte kürzlich ein neues Entwurfsschreiben zur elektronischen Rechnungsstellung. Darin korrigiert das BMF Fehler des Einführungsschreibens vom Oktober 2024 und nimmt Ergänzungen vor. Für Unternehmen gilt es nun zu verstehen, ob sich aus dem Entwurfsschreiben vom 28. Juni 2025 neue oder geänderte Anforderungen für das interne Rechnungswesen ergeben. Dies ist insbesondere für mittelständische Unternehmen kein leichtes Unterfangen.

  • Globale Regulierung Künstlicher Intelligenz

    Vor einem Jahr, am 1. August 2024, ist der europäische AI Act in Kraft getreten - ein historischer Meilenstein für die globale Regulierung Künstlicher Intelligenz. Europa hat damit umfassende Maßstäbe gesetzt. Doch in Deutschland fehlt der Digitalwirtschaft weiterhin die notwendige Orientierung. Der eco - Verband der Internetwirtschaft e.?V. sieht in der Regulierung neue Chancen für den digitalen europäischen Binnenmarkt, warnt aber zugleich vor Versäumnissen: Unternehmen fehlt es an konkreten Standards, an Rechtssicherheit - und an einer verlässlichen politischen Perspektive. Das Risiko: Deutschland droht, den Anschluss an die nächste Welle der KI-Innovation zu verlieren.

  • VdK prüft Musterklagen seiner Mitglieder

    VdK-Präsidentin Verena Bentele sieht im Haushaltsentwurf 2026 von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil keine nachhaltige Lösung für die Sozialversicherungen: "Der Haushaltsentwurf 2026 von Finanzminister Klingbeil verschärft die chronische Unterfinanzierung der gesetzlichen Pflegeversicherung. Statt im kommenden Haushaltsjahr lediglich ein zinsfreies Darlehen in Höhe von zwei Milliarden Euro bereitzustellen und großzügige Bundeszuschüsse auszuschließen, fordere ich die Bundesregierung auf, erst einmal ihre Schulden bei den Pflegekassen zu begleichen. Wir prüfen derzeit Musterklagen von VdK-Mitgliedern, da sich die Bundesregierung konsequent weigert, ihre Verpflichtungen gegenüber den Pflegekassen zu erfüllen."

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen