Banken profitieren, Bürger verlieren


Bundestag stellt Verbraucherschutz auf den Kopf: Warum der Eingriff in Widerrufsrechte bei Immobiliendarlehen ein Fehler ist
Was Bankkunden beim Kreditwiderruf beachten sollten

(14.03.16) - Der Deutsche Bundestag wird das Ende für den so genannten Widerrufsjoker bei Immobiliendarlehen von Verbrauchern einläuten. Die Einwände von Rechtsexperten und Verbraucherschützern gegen eine Änderung des Widerrufsrechts wurden in der Gesetzesberatung bislang ignoriert. "Diese Gesetzesänderung stellt Verbraucherschutz auf den Kopf. Statt Kunden vor Banken zu schützen, wie es der Gesetzgeber tun sollte, werden die Banken vor längst bestehenden Rechten ihrer Kunden geschützt", kritisiert Rechtsanwalt Mathias Corzelius von der Kanzlei Göddecke Rechtsanwälte in Siegburg die Gesetzesänderung.

I. Warum die Gesetzesänderung beim Widerrufsrecht falsch ist

Die Kanzlei Göddecke Rechtsanwälte hält die Änderung des Widerrufrechts bei Immobiliendarlehen (sofern der Bundestag diese heute beschließt) in mehrfacher Hinsicht für fragwürdig. Unsere Argumente im Einzelnen:

1. Eingriff in bestehende Rechte: Der Gesetzgeber greift in längst bestehende Widerrufsrechte von Bankkunden ein. Das neue Gesetz beschränkt sich also nicht darauf, die Rechtslage nur für solche Immobiliendarlehen zu ändern, die erst nach Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossen werden.

2. Die angebliche Rechtsunsicherheit ist Schutzmäntelchen für Klientelismus zu Gunsten von Banken: Bundesregierung und Gesetzgeber rechtfertigen den Eingriff in bestehende Verbraucherrechte mit einer angeblichen Lücke in der Rechtssicherheit. Das ist falsch! Es gab beim Widerrufsrecht schon bisher keine Rechtsunsicherheit. Die bisherige Gesetzeslage ist eindeutig: Ohne korrekte Widerrufsbelehrung kein Fristablauf. Also können falsch belehrte Bankkunden ihre Verbraucherkredite auch Jahre später noch widerrufen.

3. Banken profitieren, Bürger verlieren: Die einzigen Profiteure der Gesetzesänderung sind die Banken. Also genau jene Unternehmen also, die jahrelang fast schon regelmäßig gegen ihre Pflicht verstoßen haben, Kunden beim Abschluss von Immobiliendarlehen und anderen Verbraucherkrediten rechtswirksam über das Widerrufsrecht zu belehren. Allein diese Fehler der Banken sind es, was die Verbraucher bei Kreditverträgen auch Jahre nach Vertragsabschluss noch zu einem Widerruf berechtigt.

4. Gesetzesänderung ist überflüssig: Der Eingriff in das Widerrufsrecht der Bankkunden ist überflüssig. Denn jede Bank könnte die eigenen Fehler bei Widerrufsbelehrung nachträglich korrigieren. Hierfür bräuchte sie ihren Kreditkunden lediglich eine neue und dann korrekte Widerrufsbelehrung zu schicken, schon würde die obligatorische Frist von 14 Tagen für den Vertragswiderruf zu laufen beginnen. Doch auf die Nachbelehrung hat die Branche in aller Regel verzichtet und stattdessen ihre Lobbyisten losgeschickt, um den Gesetzgeber zu manipulieren. Leider mit Erfolg!

5. Gesetzesänderung verstößt vermutlich gegen europäisches Recht: Die Beschneidung der "ewigen" Widerrufsrechte von Bankkunden steht rechtlich auf wackligen Füßen. Sie ist möglicherweise europarechtswidrig. Das legt die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum alten Widerspruchsrecht bei Lebensversicherungen nahe. Auch dort hatte der deutsche Gesetzgeber eine zeitliche Begrenzung des "ewigen" Widerspruchsrecht nach Falschbelehrungen in seine Gesetze eingebaut. Doch genau das hat der EuGH 2013 als europarechtswidrig gebrandmarkt und der Bundesgerichtshof (BGH) hat dieses Urteil seitdem konsequent umgesetzt.

II. Was Bankkunden mit alten Kreditverträgen jetzt tun können:
Die Gesetzesänderung soll im März in Kraft treten. Drei Monate später wird das "ewige" Widerrufsrecht von Verbrauchern mit alten Immobiliendarlehen erlöschen. Konkret heißt das: Vom 21. Juni 2016 an ist Schluss! Ab dann muss sich keine Bank mehr bei Immobiliendarlehen um ihre Belehrungsfehler der Vergangenheit kümmern.

Bis dahin können Bankkunden ihr "ewiges" Widerrufsrecht allerdings noch nutzen. Das gilt sowohl für Kunden, die umschulden wollen, als auch für solche, die ihren alten Kredit schon gekündigt und der Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt haben. Letztere können sich mit einem nachträglichen Widerruf die Vorfälligkeitsentschädigung zurückholen.

Wer umschulden möchte, sollte sich seine Schritte genau überlegen. "Die optimale Strategie setzt zunächst auf den Verhandlungsweg. Erst wenn sich die Bank querstellt und sich der einvernehmlichen Lösung verweigert, sollte der Kunde sein Widerrufsrecht durchsetzen, nötigenfalls vor Gericht. Bevor er das macht, sollte er sich unbedingt um einen Anschlusskredit kümmern", rät Mathias Corzelius.

Bankkunden müssen beim Kreditwiderruf mit dem Widerwillen der Banken rechnen
Eines sollte allen Bankkunden klar sein: Mit Banken ist nicht gut Kirschen essen. Das gilt auch beim Kreditwiderruf. Anders gesagt: "Das Kalkül vieler Banker ist einfach gestrickt: Ein Kunde, der sich rechtlich nicht auskennt, gilt als schwach. Also lässt die Bank ihn auflaufen. Wenn nötig, werden die Kunden belogen, um sie zu verunsichern. Die Banker behaupten einfach, dass das Widerrufsrecht im konkreten Fall gar nicht bestehen würde, obwohl sie wissen, dass ihre Behauptung nicht stimmt", so Corzelius. Der Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht aus Siegburg hat in den vergangenen Jahren für Mandanten der Kanzlei Göddecke Rechtsanwälte zahlreiche Kreditwiderrufe mit Banken verhandelt und durchgesetzt.

Die Erfolgsaussichten eines Kreditwiderrufs sind bei alten Krediten grundsätzlich gut. Am besten sind sie bei Darlehen, die zwischen dem 01.11.2002 und Mitte 2008 abgeschlossen wurden. 90 Prozent dieser Darlehen lassen sich widerrufen. Bei Verbraucherkrediten ab Mitte 2008 bis Juni 2010 sind es immerhin noch 75 Prozent. Aber auch bei einem späteren Vertragsabschluss lohnt sich die Prüfung durch einen Anwalt. Die Kanzlei Göddecke Rechtsanwälte bietet Bankkunden kostenlos die Prüfung der Erfolgsaussichten beim Kreditwiderruf an. (Kanzlei Göddecke Rechtsanwälte: ra)

Kanzlei Göddecke Rechtsanwälte: Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Meldungen: Kommentare und Meinungen

  • Bedrohungslage ganzheitlich verstehen

    Mit dem Kabinettsbeschluss vom 30. Juli 2025 hat die Bundesregierung einen überfälligen Schritt getan. Die Umsetzung der europäischen NIS-2-Richtlinie kommt damit in die nächste Phase - verspätet, aber mit deutlich geschärften Konturen. Der Regierungsentwurf schafft erstmals einen verbindlichen Rahmen für Cybersicherheit in weiten Teilen der Wirtschaft und verankert Mindeststandards, die weit über den bisherigen KRITIS-Kreis hinausreichen.

  • KI-Assistent ein potenzieller Angriffspunkt

    Der Schwerpunkt des neuen freiwilligen Verhaltenskodexes der Europäischen Union für künstliche Intelligenz liegt verständlicherweise auf der verantwortungsvollen Entwicklung künstlicher Intelligenz. Doch indirekt wirft er auch die Frage nach einem weiteren wichtigen Pfeiler der gewissenhaften Einführung auf: der Sicherheit bei der Nutzung von KI.

  • Umsetzung der E-Rechnungspflicht

    Das Bundesfinanzministerium (BMF) veröffentlichte kürzlich ein neues Entwurfsschreiben zur elektronischen Rechnungsstellung. Darin korrigiert das BMF Fehler des Einführungsschreibens vom Oktober 2024 und nimmt Ergänzungen vor. Für Unternehmen gilt es nun zu verstehen, ob sich aus dem Entwurfsschreiben vom 28. Juni 2025 neue oder geänderte Anforderungen für das interne Rechnungswesen ergeben. Dies ist insbesondere für mittelständische Unternehmen kein leichtes Unterfangen.

  • Globale Regulierung Künstlicher Intelligenz

    Vor einem Jahr, am 1. August 2024, ist der europäische AI Act in Kraft getreten - ein historischer Meilenstein für die globale Regulierung Künstlicher Intelligenz. Europa hat damit umfassende Maßstäbe gesetzt. Doch in Deutschland fehlt der Digitalwirtschaft weiterhin die notwendige Orientierung. Der eco - Verband der Internetwirtschaft e.?V. sieht in der Regulierung neue Chancen für den digitalen europäischen Binnenmarkt, warnt aber zugleich vor Versäumnissen: Unternehmen fehlt es an konkreten Standards, an Rechtssicherheit - und an einer verlässlichen politischen Perspektive. Das Risiko: Deutschland droht, den Anschluss an die nächste Welle der KI-Innovation zu verlieren.

  • VdK prüft Musterklagen seiner Mitglieder

    VdK-Präsidentin Verena Bentele sieht im Haushaltsentwurf 2026 von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil keine nachhaltige Lösung für die Sozialversicherungen: "Der Haushaltsentwurf 2026 von Finanzminister Klingbeil verschärft die chronische Unterfinanzierung der gesetzlichen Pflegeversicherung. Statt im kommenden Haushaltsjahr lediglich ein zinsfreies Darlehen in Höhe von zwei Milliarden Euro bereitzustellen und großzügige Bundeszuschüsse auszuschließen, fordere ich die Bundesregierung auf, erst einmal ihre Schulden bei den Pflegekassen zu begleichen. Wir prüfen derzeit Musterklagen von VdK-Mitgliedern, da sich die Bundesregierung konsequent weigert, ihre Verpflichtungen gegenüber den Pflegekassen zu erfüllen."

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen