Themenfeld Korruption & Lobbyismus


Korruptionswahrnehmungsindex 2016: Deutschland weiterhin auf Platz 10
Sorgen um Integrität der deutschen Wirtschaft nehmen zu



Die Antikorruptionsorganisation Transparency International hat den Korruptionswahrnehmungsindex (Corruption Perceptions Index, CPI) veröffentlicht. Der Index misst die in Wirtschaft, Politik und Verwaltung wahrgenommene Korruption auf der Grundlage verschiedener Expertenbefragungen. In diesem Jahr wurden 176 Länder untersucht. Auf einer Skala von 0 (hohes Maß an wahrgenommener Korruption) bis 100 (keine wahrgenommene Korruption) erreicht Deutschland wie bereits im vergangenen Jahr 81 Punkte und rangiert damit neben Luxemburg und Großbritannien auf dem zehnten Platz. EU-weit ist Deutschland auf Platz fünf des Korruptionswahrnehmungsindexes.

Gute Ergebnisse in Ländern mit starken demokratischen Institutionen
International belegen Dänemark und Neuseeland (90 Punkte) sowie Finnland (89) die vordersten Plätze. Stark verschlechtert haben sich Katar (-10 Punkte), Bahrain und Kuwait (jeweils -8 Punkte). Generell lässt sich sagen, dass Länder mit einer hohen Punktzahl starke Institutionen im Bereich offener Regierungsführung, Pressefreiheit, Bürgerrechte und dem unabhängigen Justizsystem haben. Länder mit niedriger Punktzahl sind oft durch mangelnde Strafverfolgung für Korruption, schlechte Regierungsführung und schwache Institutionen gekennzeichnet. Insgesamt haben 69 Prozent der bewerteten Länder weniger als 50 Punkte erhalten, was den dringenden globalen Handlungsbedarf deutlich macht.

Erfolgsgeschichten im Bereich der Alltagskorruption
Verbessert haben sich insbesondere Staaten, die mit der Herausforderung der Alltagskorruption zu kämpfen haben. Durch institutionelle Reformen konnten hier Verbesserungen erzielt werden. Beispielsweise hat Georgien der ausgeprägten Alltagskorruption und der schlechten Index-Platzierung den Kampf angesagt und umfassende Antikorruptionsreformen durchgesetzt – mit Erfolg: Das Land hat seinen CPI-Wert im Vergleich zum Vorjahr von 52 auf 57 Punkte stark verbessert. Ebenfalls positiv zu bewerten ist die Entwicklung im Senegal. Das westafrikanische Land hat seinen CPI-Wert über die letzten fünf Jahre um neun Punkte verbessert – ein Ergebnis der Bemühungen der Regierung, Alltagskorruption zu bekämpfen und gute Regierungsführung zu stärken.


Dunkle Flecken auf der Weste der Wirtschaft
Das positive Ergebnis Deutschlands wird von Sorgen um die Integrität des Wirtschaftsstandorts getrübt. So nehmen Führungskräfte aus deutschen Unternehmen es als zunehmend normal wahr, dass "irreguläre Zahlungen" an Verwaltungen gemacht werden, um bestimmte Vorgänge zu beschleunigen oder erst möglich zu machen. Das ist dem Executive Opinion Survey des World Economic Forum zu entnehmen, der mit anderen Quellen dem CPI zugrunde liegt. Bei diesem hat sich Deutschland seit 2012 kontinuierlich verschlechtert. Bereits beim Global Corruption Barometer, das Transparency International im November 2016 veröffentlicht hatte, war die deutsche Wirtschaft als einziger Gesellschaftsbereich negativ aufgefallen: Ein Drittel der Befragten in Deutschland nahm an, dass alle oder die meisten Unternehmensleitungen in korrupte Machenschaften involviert seien.

Freiwillige Korruptionsbekämpfung reicht nicht aus
Dieses Ergebnis zeigt, dass freiwillige Selbstverpflichtungen der Wirtschaft nicht ausreichen, um einen nachhaltigen und glaubwürdigen Kulturwandel der Wirtschaft herbeizuführen. Vielmehr ist der Gesetzgeber gefordert, verbindliche Regeln einzuführen, um Korruption, Geldwäsche und unzulässige Einflussnahme zu unterbinden. Klar ist auch, dass Korruption in der Wirtschaft nicht nur durch nationale Maßnahmen eingedämmt werden kann; vielmehr sind verbindliche internationale Vereinbarungen und Standards notwendig.

Die aktuelle G20-Präsidentschaft bietet der Bundesregierung eine gute Gelegenheit, globale Initiativen voranzubringen. Alle G20-Staaten müssen sich verpflichten, die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen zu unterzeichnen, sowie internationale Standards für unternehmerische Verantwortung entlang der Lieferkette zu vereinbaren. Auch muss der Hinweisgeberschutz in der Wirtschaft durch globale Standards verankert werden.

Die G20-Vorbereitungskonferenz zur Korruptionsprävention des Bundesministeriums des Innern und des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz bietet auch eine Gelegenheit, Fortschritte bei der Bekämpfung der Korruption und von Spielmanipulationen insbesondere im Bereich des Fußballs zu erzielen. Regierungen sollen finanzielle Förderzusagen mit Bedingungen zu gutem Management und sauberen Spielen verbinden und vor allem Transparenz der Verbände zur Voraussetzung machen.

Korruptionsthematik darf nicht Populisten überlassen werden
Die Politik muss jedoch auch den eigenen Umgang mit der Wirtschaft besser regulieren. Rund 77 Prozent der Befragten stimmten der Aussage des im November 2016 veröffentlichten Global Corruption Barometer zu, dass strengere Regeln notwendig seien, um Interessenkonflikte zwischen Politik und Wirtschaft offenzulegen und zu verhindern. Viele deutsche Bürgerinnen und Bürger haben hiernach den Eindruck, dass die Wirtschaftsinteressen übermäßig Einfluss auf die Politik nehmen.

Der anstehende Bundestagswahlkampf bietet die Chance, Farbe zu bekennen; die Parteien müssen sich für mehr Transparenz im politischen Prozess einsetzen, damit Interessenkonflikte angesprochen werden können. Dringend notwendig sind in Deutschland unter anderem stringentere Regelungen zur Parteienfinanzierung sowie die Einführung eines legislativen Fußabdrucks und eines verpflichtenden Lobbyregisters. Die internationalen Entwicklungen des vergangenen Jahres zeigen, dass das Themenfeld Korruption und Lobbyismus allzu oft von populistischen Strömungen besetzt wird. Dies muss in Deutschland verhindert werden. (Transparency International: ra)

eingetragen: 02.03.17
Home & Newsletterlauf: 13.03.17

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Meldungen: Studien

  • Datenschutz als Innovations-Bremse

    Mehr als zwei Drittel der Unternehmen in Deutschland fühlen sich vom Datenschutz ausgebremst. 70 Prozent haben bereits mindestens einmal Pläne für Innovationen aufgrund von Datenschutz-Vorgaben oder Unsicherheiten bei der Anwendung des geltenden Rechts gestoppt. Vor einem Jahr lag der Anteil noch bei 61 Prozent. Aktuell sagen wie im Vorjahr 17 Prozent, dass sie einmal auf Innovationspläne verzichtet haben. Bei 35 Prozent war das dagegen bereits mehrfach der Fall (2024: 27 Prozent) und bei 18 Prozent sogar häufig (2024: 17 Prozent). Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von 605 Unternehmen ab 20 Beschäftigten in Deutschland im Auftrag des Digitalverbands Bitkom.

  • Gefahr von Cyberattacken

    IT-Verantwortliche bewerten das Risiko, dass ihr Unternehmen Opfer einer Cyberattacke wird, so hoch wie nie zuvor: Fast sieben von zehn Befragten (69 Prozent) befürchten laut einer aktuellen EY-Studie Hackerangriffe und bewerten die Gefahr dabei als "eher hoch" bis "sehr hoch". Besonders große Sorgen machen sich die Befragten in den Bereichen Technologie, Medien und Telekommunikation (82 Prozent), Energie und Metallverarbeitung (80 Prozent), Pharma und Gesundheit sowie Bau und Immobilien (jeweils 71 Prozent).

  • Revolution in der Fertigung

    NTT Data stellte die Ergebnisse ihrer neuesten Studie vor. Die Daten zeigen, dass Fertigungsunternehmen beim Einsatz von GenAI zwar vor einigen Hürden stehen, die Technologie aber das Potenzial hat, ein ganz neues Niveau an Effizienz und Innovationskraft hervorzubringen. Neben den vielen Anwendungsbereichen von GenAI untersuchte die Studie "Von der Fertigungshalle ins KI-Zeitalter: Haben Sie einen Masterplan oder Nachholbedarf?" auch die Herausforderungen, denen sich das produzierende Gewerbe gegenübersieht.

  • Drei Viertel lassen KI-Chancen liegen

    Ob zur Qualitätskontrolle, Automatisierung, Energieeinsparung oder Steuerung von Robotern - die Anwendungsmöglichkeiten für Künstliche Intelligenz in der Produktion sind zahlreich. Mit Blick auf die deutsche Industrie zeigt sich aber: Nur einem Viertel der Unternehmen gelingt es nach eigener Einschätzung bereits gut, die Potenziale von KI zu nutzen (24 Prozent). Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Befragung im Auftrag des Digitalverbands Bitkom, die unter 552 Industrieunternehmen des verarbeitenden Gewerbes ab 100 Beschäftigten in Deutschland durchgeführt wurde. Die übrigen drei Viertel sehen sich noch nicht imstande, entsprechende Möglichkeiten auszuschöpfen (72 Prozent).

  • Lösungsansätze gegen den GenAI-Gender Gap

    Frauen drohen bei Künstlicher Intelligenz (KI), die bis 2030 allein in Deutschland 3 Millionen Jobs verändern könnte, ins Hintertreffen zu geraten. So zeigen aktuelle Zahlen von Coursera, dass lediglich 27 Prozent der Lernenden in Generative-AI (GenAI)-Kursen in Deutschland (102.000 Einschreibungen) weiblich sind. Dies liegt noch unter dem weltweiten Durchschnitt von 32 Prozent und reicht im Ländervergleich gerade für einen Platz in den Top-Ten (Platz 9). Und das, obwohl sich allein auf Coursera im vergangenen Jahr weltweit alle 10 Sekunden jemand in einen GenAI-Kurs einschrieb.

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