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Wie man Outsourcing-Risiken gezielt steuert


Management der Vertragsrisiken im IT-Outsourcing
Lücken im Risikomanagement: Vor allem Risiken aus IT-Outsourcing-Verträgen im Mittelpunkt




Von Stefan Wendt (*)

(29.07.09) - Das Management von Vertragsrisiken gewinnt vor allem in der Finanz- und Wirtschaftskrise erheblich an Bedeutung: Es gehört zu den ständigen Aufgaben der Unternehmensleitung, auch solche Risiken zu erkennen und die notwendigen Kontroll- und Überwachungssysteme einzuführen. So können Unternehmen ihre Bonität verbessern und das Vertrauen von Share- und Stakeholdern sichern. Doch viele Unternehmen haben Lücken im Risikomanagement und verkennen den Handlungsbedarf.

Dabei stehen vor allem Risiken aus IT-Outsourcing-Verträgen im Mittelpunkt. Während sich die Entscheider stark auf den Business Case und die Einsparpotenziale fokussieren und nach Wegen suchen ihre Kosten zu senken, geraten für das auslagernde Unternehmen andere zentrale Fragestellungen schnell in den Hintergrund: Welche Risiken birgt der Vertragsabschluss für ein IT-Outsourcing? Und wie lassen sich solche Risiken in den Griff bekommen?

Häufig können Unternehmen nicht realistisch einschätzen, mit welchen Qualitätseinbußen sie bei schlechten Leistungen ihrer Service-Provider oder anderer Partner rechnen müssen. Zudem fehlt es immer wieder an systematisch organisiertem Wissen, welche Verträge sich beispielsweise stillschweigend verlängern und welche Kosten damit auf das Unternehmen zukommen. Nur wenige Unternehmen haben sich zudem ausreichend gegen mögliche Ausfälle und Abhängigkeiten von Lieferanten und Dienstleistern abgesichert.

Wer hier den Hebel ansetzt, vervollständigt nicht nur sein unternehmensweites Risikomanagement um eine weitere wichtige Facette, sondern trägt auch zu einer verbesserten Bonitätsbeurteilung durch die Ratingagenturen bei. Das Vertrauen in das Unternehmen wird gestärkt, Abhängigkeiten werden transparent – und die Kontrollmechanismen können von externer Seite auf den Prüfstand gestellt werden. Deshalb schreiben beispielsweise die Eigenkapitalvorschriften aus Basel II den Banken und Finanzdienstleistern schon seit Jahren vor, neben dem Management operationeller Risiken auch die vertragsrechtlichen Risiken auf den Radar zu nehmen. Schließlich ist das IT-Outsourcing nicht nur mit "klassischen" Ausfallrisiken operationeller Art, sondern eben auch mit vielfältigen vertraglichen Risiken behaftet. Die seit Jahresbeginn für die Versicherungswirtschaft geltenden MaRiskVA knüpfen dort ebenfalls an.

IT-Entscheider und Projektmanager sind daher gut beraten, bei ihren Outsourcing-Vorhaben schon in der Planungsphase Risikomanager hinzuzuziehen, welche die mit den Providern abzuschließenden Verträge einer umfassenden Analyse unterziehen. Die Praxis zeigt, dass in den vertragsrechtlichen Teilprojekten zunehmend entsprechende Arbeitspakete geschnürt werden – also zu einem Zeitpunkt, in dem noch kein einziger IT-Service ausgelagert ist. Der Vorteil eines solchen Vorgehens liegt klar auf der Hand: Wenn das auslagernde Unternehmen in der Vergabephase die Verträge mit dem Provider nach seinen eigenen Entwürfen aushandelt, kann es den identifizierten Vertragsrisiken mit geeigneten Vereinbarungen entgegenwirken.

Inhaltliche Analyse der Risiken – über den gesamten Lifecycle hinweg
Doch wie an das Vertragsrisikomanagement im IT-Outsourcing herangehen? Zunächst ist zwischen einer zeitlichen und einer inhaltlichen Dimension potenzieller Vertragsrisiken zu entscheiden. Die Risikoanalyse muss den gesamten "Lifecyle" eines Vertrages umfassen, also von der Verhandlung (einschließlich eines möglichen Scheiterns des Vertragsschlusses) über die eigentliche Laufzeit bis gegebenenfalls über sein Ende hinaus.

Aus inhaltlicher Sicht dreht sich die Risikobetrachtung vor allem um gesetzliche, qualitative, finanzielle und strategische Aspekte. Insbesondere regulierte Branchen wie Banken und Versicherungen müssen beim Outsourcing die für sie geltenden aufsichtsrechtlichen Auflagen in den Verträgen mit den Providern abbilden – so hat es der Gesetzgeber vorgeschrieben. Dazu gehört etwa die vertragliche Zusicherung von Prüfungs- und Zutrittsrechten für in- und externe Revisionen sowie die Aufsichtsbehörden selbst. Zudem verlangt die Neufassung der Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk vom 1. November 2007) die Durchführung und Dokumentation einer Risikoanalyse. Der von den Aufsichtsbehörden geforderten Kontrolle und Steuerung des Providers trägt etwa die Vereinbarung einer ausgeklügelten Governance-Struktur Rechnung, die vom operativen IT-Betrieb bis zur Unternehmensleitung reichen sollte.

Um drohenden Qualitätverlusten und Leistungseinbußen bei den ausgelagerten IT-Services entgegenzuwirken, sollten die Auftraggeber ein besonderes Augenmerk auf Vollständigkeit und Verständlichkeit der einzelnen Leistungsbeschreibungen in den Verträgen legen. Vertraglich verabredete Service-Level-Reportings, die die Berichtsparameter sowie die Messintervalle und Zeiträume detailliert regeln, können bezogen auf die Vertragslaufzeit eine gute Aussage über die tatsächlich gelieferte Service-Qualität bieten und im Ernstfall frühzeitig sich abzeichnende Total-Ausfälle anzeigen.

Geht es um finanzielle Vertragsrisiken, sind versteckte Kostentreiber ein wichtiges Thema: Stellt sich der wirtschaftliche Erfolg des Outsourcings während der Vertragslaufzeit ein, wie es der Business Case vor der Vergabeentscheidung versprochen hat? Oder führen lückenhafte Leistungsbeschreibungen zu Sonderbeauftragungen des Providers? Und kommt es zu Nachbelastungen in Folge korrigierter Mengenangaben und Asset-Bestandsverzeichnissen? Gibt es Verträge, die sich stillschweigend verlängern – möglicherweise zu ungünstigen Konditionen? Auslagernde Unternehmen sind gut beraten, die Kostensituation lückenlos im Blick zu behalten, um gegebenenfalls korrigierend eingreifen zu können.

Schließlich ist aus strategischer Sicht das Risiko der Abhängigkeit vom Provider zu bewerten. Der Outsourcing-Vertrag sollte daher dem Provider beispielsweise auferlegen, den ausgelagerten IT-Betrieb in einem Betriebs- oder Prozessführungshandbuch ausreichend und plausibel zu dokumentieren – und vor allem in regelmäßigen Abständen zu aktualisieren. Nur dann kann etwaigen Know-how-Verlusten für die Zeit nach Vertragsende wirksam begegnet werden.

Grundsätzliche Handlungsfelder der Vorsorge im Vertragsrisikomanagement beim IT-Outsourcing sind:
>> Risikoreduzierung durch qualitative Maßnahmen wie beispielsweise durch Standardisierung bzw. Automatisierung der Vertragsmanagement-Prozesse (eigene IT-Outsourcing-Vertragsmuster entwickeln), Schulung der im Vertragsmanagement befassten Mitarbeiter im IT-Recht, Richtlinien und Kontrollen
>> Risikovermeidung durch Strukturmanagement wie beispielsweise Reorganisation der Aufbau- und Ablauforganisation im Vertragsmanagement (in das Service- und Providermanagement integrieren)
>> Risikotransfer durch "Absicherungsmanagement" wie beispielsweise Vereinbarung von Patronatserklärungen möglicher Konzerngesellschaften des Providers

Vor diesem Hintergrund sind die IT-Outsourcing-Verträge auf den Prüfstand zu stellen. Vertragsrisikomanagement bringt auslagernden Unternehmen im IT-Outsourcing dann klare Vorteile: Typische Vertragsrisiken werden systematisch identifiziert und bewertet, wesentliche Risikotreiber sind in jeder Vertragsphase transparent und können gezielt gesteuert werden. Durch Reduzierung, Vermeidung und Transfer der Vertragsrisiken werden unternehmerische Vorsorgepflichten erfüllt, versteckte Qualitätseinbußen, Kostentreiber und Vertragsfallen werden eliminiert. Insgesamt wird das unternehmensweite Risk Management vervollständigt und hilft so Bonität und Rating zu verbessern. Das Vertragsrisikomanagement leistet somit auch einen validen Beitrag Wertsteigerung des IT-Outsourcings.


Fünf Tipps zum Management von Risiken aus IT-Outsourcing-Verträgen

1. Bewusstsein und Bereitschaft für Vertragsrisikomanagement schärfen:
Unternehmen sollten sich zunächst bewusst machen, dass neben operationellen eben auch vertragliche und damit verbundene weitere rechtliche Risiken im IT-Outsourcing beherrscht werden müssen.

2. Den kompletten Lebenszyklus eines Vertrags im Blick behalten: Vertragsrisiken können bereits vor Vertragsunterzeichnung bestehen, etwa wenn der Abschluss scheitert. Laufzeitrisiken stehen im Zusammenhang mit den eigentlichen Vereinbarungen; Beendigungsrisiken können nach Vertragsende greifen, etwa wenn es um die Fortwirkung von zugesagten Gewährleistungs- und Geheimhaltungsregelungen geht.

3. Vertragsrisiken nach inhaltlichen Aspekten qualifizieren: Es ist sinnvoll, Vertragsrisiken in allgemein-rechtliche, leistungsbezogene, kaufmännische und strategische Risikogruppen zusammenzufassen. So lassen sich diese besser steuern.

4. Geeignete Gegenmaßnahmen treffen: Natürlich müssen aus der Risikoanalyse und -bewertung der Verträge sinnvolle Maßnahmen abgeleitet werden. So können die Experten Einfluss auf Vertragsformulierungen nehmen, um sich gegen Risiken abzusichern. Oder sie können entscheiden, manche Risiken ganz bewusst einzugehen, sofern diese Verträge nicht kritisch sind.

5. Über identifizierte Vertragsrisiken regelmäßig berichten: Sind die Risiken aus den Outsourcing-Verträgen erst einmal identifiziert und bewertet, gilt es sie auf dem Radar zu behalten. Ein regelmäßiges Reporting sollte den Vertrags- und Risiko-Owner daran erinnern und drohende Fehlentwicklungen aufzeigen.

Autorenhinweis

(*) Der Autor Stefan Wendt ist Senior Consultant und Jurist bei der auf Outsourcing und Banking Operations spezialisierten Unternehmensberatung microfin. Er verfügt über langjährige Erfahrung als Projektleiter in IT-Outsourcing- und Legal-Management-Projekten.


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