MiFID II-Repetitorium: Studie zur MiFID-Akzeptanz

MiFID ist in hohem Maß geschäftsrelevant: Anteil der Unternehmen, die in der MiFID lediglich eine von vielen Compliance-Vorschriften sehen, noch immer zu hoch
100 Tage bis MiFID: Finanzdienstleister wünschen sich vor dem Stichtag mehr Unterstützung durch Finanzaufsichten

(20.08.07) - Ein Großteil der betroffenen Finanzdienstleister fühlt sich bei der Umsetzung der europäischen Finanzmarktrichtlinie MiFID (Markets in Financial Instruments Directive) bis zum Stichtag, dem 1. November 2007, nicht ausreichend von den nationalen Aufsichtsbehörden unterstützt. Das ergab eine Untersuchung des auf Lösungen für die Finanzwirtschaft spezialisierten Softwareanbieters SunGard und des Marktforschungsunternehmens TradeTech.

Die am 24. Juli 2007 - 100 Tage vor der verbindlichen Umsetzung der Richtlinie - veröffentlichten Ergebnisse sind Teil einer in vier Phasen zwischen August 2006 und Juli 2007 durchgeführten Befragung zum Stand der MiFID-Vorbereitung in der Finanzbranche. Die Untersuchung dokumentiert die Einschätzungen und teils schwankenden Positionen von über 300 befragten Finanzinstituten weltweit - sowohl auf der Buy-Side als auch auf der Sell-Side. Es handelt sich damit um eine der umfangreichsten bis dato durchgeführten Untersuchungen zur MiFID-Akzeptanz.

Während rund die Hälfte der Befragten beklagte, die zuständige Finanzaufsicht betreue sie "schlecht" (32 Prozent) oder "sehr schlecht" (19 Prozent) bei der Umsetzung der Richtlinie, zeigt die Studie insgesamt, dass die Branche inzwischen deutlich besser für die MiFID gerüstet ist. 53 Prozent der Umfrageteilnehmer gaben an, sie seien mit ihren Vorbereitungen "weit" oder "sehr weit" fortgeschritten. Im September 2006 machte diese Gruppe noch 34 Prozent aus. Bei der Einschätzung des Nutzens der Richtlinie herrscht dagegen weiterhin Uneinigkeit.

Die Mehrheit (54 Prozent) sieht in der MiFID lediglich "ein weiteres Regelwerk". Nur 42 Prozent glauben, dass sich die Direktive in den kommenden fünf bis zehn Jahren positiv auf die europäische Wirtschaft auswirken wird. Über ein Drittel ist in dieser Frage noch unentschieden.

Bob Fuller, Chief Executive Officer der Handelsplattform Equiduct, kommentiert die Umfrageergebnisse so: "Es ist erfreulich, dass mehr Finanzdienstleister nun der Ansicht sind, ihre MiFID-Vorbereitungen seien fast abgeschlossen. Andererseits ist der Anteil der Unternehmen, die in der MiFID lediglich eine von vielen Compliance-Vorschriften sehen, noch immer zu hoch. Tatsächlich ist die Richtlinie in hohem Maß geschäftsrelevant. Denjenigen Unternehmen, die das erkennen, eröffnet sich dadurch eine echte Chance.

Es ist wahrscheinlich, dass die MiFID in den nächsten Jahren für erhebliche, vielleicht sogar unbeabsichtigte, Veränderungen auf dem Finanzmarkt sorgen wird. Unternehmen, denen dieser Mechanismus bewusst ist und die in den nächsten 100 Tagen und darüber hinaus gute Fortschritte bei der Umsetzung machen, werden sich im Wettbewerb auf einem europäischen Markt ohne Binnengrenzen erfolgreich bewähren."

Juan Carlos Nieto, Head of Business Development bei der niederländischen Investmentbank Rabo Securities, stimmt zu: "Die MiFID beinhaltet sowohl Chancen als auch Risiken. Das sollten die Unternehmen nicht unterschätzen. In fünf Jahren werden wir wahrscheinlich feststellen, dass die MiFID sehr viel weitreichendere und umfangreichere Auswirkungen hatte, als ursprünglich mit der Einführung der neuen Regeln beabsichtigt war."

Die Verpflichtung zur kundengünstigsten Ausführung von Aufträgen ("Best Execution") unter Berücksichtigung des Kurses, der Kosten, der Schnelligkeit und der Ausführungswahrscheinlichkeit stellt viele Unternehmen immer noch vor ungelöste Aufgaben. Im September 2006 glaubte fast ein Drittel der Befragten, das Problem bis Ende 2006 in den Griff zu bekommen. Doch mit jeder Befragungsrunde rückte der anvisierte Zeitpunkt weiter in die Zukunft. Zuletzt gaben 50 Prozent der Befragten an, dass sie den Zeitrahmen bis zum 1. November 2007 voll ausschöpfen werden. Während zunächst statistische Pre-Trade- und Post-Trade-Analysen als das bevorzugte Mittel zur Gewährleistung der "Best Execution" genannt wurden, setzen die meisten Firmen inzwischen auf eine manuelle Prüfung. Im Juli 2007 vertrauten darauf 58 Prozent der Befragten, zu Beginn der Untersuchungsreihe waren es noch 29 Prozent.

Sowohl auf der Buy-Side als auch auf der Sell-Side gewinnt zunehmend die sogenannte systematische Internalisierung an Bedeutung - die Ausführung von Kundenaufträgen untereinander oder gegen den eigenen Handelsbestand. Von September 2006 bis April 2007 lag das Verhältnis zwischen Wertpapierfirmen, die diese Option in Betracht zogen, und solchen, für die das nicht in Frage kam, weitgehend unverändert bei 30 zu 70 Prozent. Ein deutlicher Sinneswandel trat während der letzten drei Monate des Untersuchungszeitraums ein.

In der Juli-Befragung lagen die Vertreter der beiden Positionen gleichauf. 38 Prozent der Buy-Side-Vertreter versprechen sich von einer systematischen Internalisierung vor allem eine bessere Kostenkontrolle bei der Auftragsausführung. Auf der Sell-Side war die Absicht, auf dem europäischen Markt zu expandieren, der wichtigste Motivationsgrund.

Bezüglich der neuen Aufzeichnungspflichten hat sich der Kenntnisstand und Status der Umsetzung in den Unternehmen zuletzt deutlich gebessert. Nachdem der Ausschuss der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden CESR (Committee of European Securities Regulators) seine diesbezüglichen Empfehlungen ausgesprochen hatte, gaben in der Befragung vom April 2007 zwei Drittel der Teilnehmer an, dass sie die neuen Anforderungen entweder nur mit Mühe umsetzen könnten oder sich über deren Auswirkungen im Unklaren seinen.

Drei Monate später sahen sich mehr als die Hälfte der Befragten ausreichend für den Umgang mit den Bestimmungen gerüstet. Nur für 12 Prozent stellten die neuen Pflichten noch ein größeres Problem dar. 56 Prozent meinten, sie seien nun in der Lage, jede entscheidende Phase des Handels mit einem bestimmten Wertpapier, für einen bestimmten Kunden und zwischen zwei bestimmten drei Jahre zurückliegenden Tagen zu rekonstruieren. Nur 14 Prozent glaubten, dass sie damit Schwierigkeiten hätten.

An der Befragung von SunGard und TradeTech zum Stand der MiFID-Vorbereitung nahmen mehr als 300 Unternehmen aus Europa, den USA und Asien teil, darunter internationale Investmentbanken, Asset-Manager mit privater und institutioneller Klientel, Beratungsfirmen und Wertpapierbörsen. (TradeTech: SunGard: ra)

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