
Mindestpreis für den Verkauf von SNBB
EU-Kommission verhängt Geldbuße gegen Alchem wegen mutmaßlicher Beteiligung an Arzneimittelkartell
Alchem hatte sich im Gegensatz zu den anderen Kartellbeteiligten gegen einen Vergleich mit der Kommission entschieden
Die Europäische Kommission hat gegen Alchem International Pvt. Ltd. und ihre Tochtergesellschaft Alchem International (H.K.) Limited (im Folgenden zusammen als "Alchem" bezeichnet) eine Geldbuße in Höhe von 489.000 EUR verhängt, weil sie gegen die EU-Kartellvorschriften verstoßen haben soll. Die Kommission war zu dem Ergebnis gekommen, dass Alchem mehr als zwölf Jahre lang an einem Kartell in Bezug auf einen wichtigen pharmazeutischen Wirkstoff beteiligt war. Mit dem Beschluss wird die EU-Untersuchung des SNBB-Kartells abgeschlossen, das sich auf einen pharmazeutischen Wirkstoff bezog, der zur Herstellung häufig verschriebener Arzneimittel verwendet wird.
Im Oktober 2023 erließ die Kommission einen Vergleichsbeschluss und verhängte gegen sechs Unternehmen wegen ihrer Beteiligung an diesem Kartell Geldbußen von insgesamt 13,4 Mio. EUR. Alchem hatte sich im Gegensatz zu den anderen Kartellbeteiligten gegen einen Vergleich mit der Kommission entschieden. Daher wurde die Untersuchung gegen Alchem wie in solchen Fällen üblich im Rahmen des normalen Kartellverfahrens fortgesetzt. Im Juni 2024 übermittelte die Kommission Alchem eine Mitteilung der Beschwerdepunkte.
Die Untersuchung
Alchem stellt den pharmazeutischen Wirkstoff N-Butylscopolaminiumbromid/Hyoscin-N-Butylbromid (im Folgenden "SNBB") her, der ein wichtiges Vorprodukt für die Herstellung des Arzneimittels Buscopan (zur Linderung von Bauchkrämpfen) und davon abgeleiteter Generika ist.
Die Untersuchung der Kommission ergab, dass Alchem nach entsprechenden Absprachen einen Mindestpreis für den Verkauf von SNBB an seine Abnehmer (Vertriebshändler und Generikahersteller) sowie Quoten festgelegt haben soll. Darüber hinaus soll Alchem sensible Geschäftsinformationen ausgetauscht haben
Im Rahmen ihrer Untersuchung stellte die Kommission fest, dass Alchem mutmaßlich an einer einzigen, fortgesetzten Zuwiderhandlung im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) beteiligt war, die vom 1. November 2005 bis zum 12. Februar 2018 dauerte.
Dies ist das erste Kartell, das die Kommission in der Arzneimittelbranche in Bezug auf einen pharmazeutischen Wirkstoff sanktioniert. Die Kommission hat in diesem Fall mit den schweizerischen und australischen Wettbewerbsbehörden zusammengearbeitet und bestimmte Untersuchungstätigkeiten koordiniert.
Geldbuße
Die Kommission hat gegen Alchem eine Geldbuße in Höhe von 489.000 EUR verhängt. Die Geldbuße wurde auf der Grundlage der Leitlinien der Kommission zur Festsetzung von Geldbußen aus dem Jahr 2006 festgesetzt.
Bei der Festsetzung der Geldbuße hat die Kommission verschiedene Aspekte berücksichtigt, unter anderem den mit SNBB im Zusammenhang mit der Zuwiderhandlung erzielten Umsatz, die Art der Zuwiderhandlung und ihre verschiedenen Merkmale, ihren räumlichen Umfang und ihre Dauer.
Alchem entschied sich, im Rahmen der Untersuchung nicht mit der Kommission zusammenzuarbeiten, und erhielt daher keine Geldbußenermäßigung nach der Kronzeugenregelung von 2006 oder der Vergleichsmitteilung von 2008.
Hintergrund
Nach Artikel 101 AEUV und Artikel 53 des EWR-Abkommens sind Vereinbarungen und Geschäftspraktiken, die den Handel beeinträchtigen und den Wettbewerb verhindern oder einschränken können, verboten.
Die Untersuchung der Kommission wurde durch einen im April 2019 eingereichten Kronzeugenantrag des Unternehmens C2 PHARMA auf der Grundlage der Kronzeugenregelung von 2006 eingeleitet. Nachdem im September 2019 Nachprüfungen vorgenommen worden waren, stellten auch Transo-Pharm und Linnea Anträge auf Geldbußenermäßigung.
Sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, werden weitere Informationen zu diesem Kartellfall unter der Nummer AT.40636 im öffentlich zugänglichen Register der Kommission auf der Website der Generaldirektion Wettbewerb veröffentlicht. Weitere Informationen über die Maßnahmen der Kommission gegen Kartelle sind auf ihrer Website unter der Rubrik "Cartels" abrufbar.
Instrument für Hinweisgeber
Die Europäische Kommission hat ein Instrument eingerichtet, über das Einzelpersonen oder Unternehmen die Kommission leichter über wettbewerbswidriges Verhalten informieren können, ohne ihre Identität preiszugeben. Die Anonymität der Hinweisgeber (Whistleblower) wird durch ein ausgefeiltes Kommunikationssystem mit Verschlüsselung gewahrt, über das Mitteilungen ausgetauscht werden können. Das Instrument kann über diesen Link aufgerufen werden.
Schadensersatzklagen
Personen und Unternehmen, die von dem beschriebenen wettbewerbswidrigen Verhalten betroffen sind, können vor den Gerichten der Mitgliedstaaten auf Schadensersatz klagen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und der Verordnung 1/2003 des Rates sind Beschlüsse der Kommission in Verfahren vor nationalen Gerichten ein verbindlicher Nachweis dafür, dass das Verhalten stattgefunden hat und rechtswidrig war. Schadensersatz kann auch dann gewährt werden, wenn die Kommission gegen die Kartellbeteiligten Geldbußen verhängt hat. Die von der Kommission verhängten Geldbußen werden dabei nicht mindernd angerechnet.
Durch die Richtlinie über Schadensersatzklagen wegen Kartellrechtsverstößen ist es für Opfer wettbewerbswidriger Verhaltensweisen einfacher geworden, Schadensersatz zu erhalten. (EU-Kommission: ra)
eingetragen: 14.07.25