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Compliance und Wertschöpfung eines Unternehmens


Wertebasierte Unternehmensführung: Wettbewerbsvorteil und solides Fundament von Corporate Compliance
Wertebasierte Unternehmensführung hat also nicht nur unmittelbare wirtschaftliche Vorteile, sondern schafft auch den ethisch-kulturellen Unterbau von Corporate Compliance

Von Andreas Welther (*)

(15.07.09) - Wertebasierte Unternehmensführung bedeutet letztlich wertebasierte Entscheidungsfindung. Ich treffe meine Entscheidungen in Hinblick auf meine Ziele unter Berücksichtigung zuvor definierter Werte. Diese, für alle im Unternehmen relevanten Eigenschaften und Verhaltensweisen, sind in der Regel als Leitbild und/oder Grundwerte in Mission und Vision des Unternehmens eingebettet.

Zunächst einmal erreicht das Unternehmen mit dieser Art von Führung seine Ziele, so wie viele andere auch. Allerdings ist die Art und Weise, wie diese Ziele zu erreichen sind, ebenfalls definiert. Die Werte fungieren gewissermaßen als Leitplanken oder Spielregeln. Darüber hinaus findet sich der einzelne Mitarbeiter als Teil einer Gemeinschaft, einer Wertegemeinschaft wieder. Damit entsteht ein Handlungsrahmen, Sicherheit sowie Selbständigkeit. Alle einschlägigen Studien belegen, dass Unternehmen, die Ihre Kultur bewusst und nachhaltig pflegen wesentlich bessere wirtschaftliche Ergebnisse erreichen als der Branchendurchschnitt. Durch die hohe Eigenmotivation der Mitarbeiter, die sozusagen als Nebeneffekt im Laufe der Zeit entsteht, macht die Arbeit auch deutlich mehr Spaß.

Der angestrebten Zustand ist also der folgende: Das Unternehmen erreicht nachhaltig seine Ziele unter Berücksichtigung seiner Werte. Die Mitarbeiter haben diese Werte mit bestimmt, sodass es den meisten leicht fällt, diese Eigenschaften zu leben. Je höher die Übereinstimmung von persönlichen Werten und Unternehmenswerten ist, umso stärker ist die Selbstverwirklichung am Arbeitsplatz und damit die "natürliche" oder intrinsische Motivation.

Wie kommt man nun dorthin? Am Anfang steht die Analyse der Ausgangssituation. Jedem Mitarbeiter des Hauses werden web-basiert drei Fragen nach 1.) seinen persönlichen Werten, 2.) der aktuellen Unternehmenskultur sowie 3.) der gewünschten Kultur gestellt. Jede Frage beantwortet er im Multiple-Choice-Verfahren mit der Nennung der 10 am meisten zutreffenden Eigenschaften. Der Vorgang dauert ca. 15 min. Mit Hilfe einer speziellen Analysesoftware werden die Antworten ausgewertet. Es entsteht ein klares Bild, wo das Unternehmen steht, was die Mitarbeiter "mitbringen" und wo sie sich vorstellen können, in Zukunft zu sein.

Die Auswertemöglichkeiten sind, trotz des rel. geringen Inputs von dreimal 10 Eigenschaften, erheblich. Es entsteht, häufig zum ersten Mal für ein Unternehmen, ein klares, objektives Bild der Unternehmenskultur mit vielen einzelnen Facetten. Die Tiefenschärfe wird durch unterschiedliche Datenschnitte, z.B. nach Hierarchieebenen und/oder Geschäftsbereichen oder auch nach Regionen weiter erhöht. Die nachfolgenden Abbildungen können, schon aufgrund des hier vorgegebenen Rahmens nur Andeutungen der Möglichkeiten sein. Grundsätzlich lässt sich zu der verwendeten Software Corporate Transformation Tools sagen, dass sie qualitative Aussagen in fassbare Daten verwandelt und dadurch als Mess- und Vergleichsinstrument für Unternehmenskultur geschaffen wurde.

Das Tool ist multilingual und individuell auf ein Unternehmen einstellbar. Jeder der Werte ist mit einer der sieben Bewusstseinsebenen (s.u.) verbunden. Werte sind entweder grundsätzlich positiv oder als potentiell limitierend einzustufen.

Bild: Welther GmbH
Bild: Welther GmbH


Spätestens jetzt sind die gewünschten Unternehmenswerte zu definieren. Dafür gibt es unterschiedliche Verfahren. Vieles spricht dafür, den Prozess möglichst breit anzulegen, sodass alle Mitarbeiter sich einbringen können. Das letzte Wort hat aber in jedem Fall die oberste Führung des Unternehmens.

Nun gilt es, Führungskräfte und Mitarbeiter in der Anwendung der Werte im Umgang mit beispielsweise Kunden und Lieferanten ebenso wie im täglichen Miteinander zu schulen. Dieser Vorgang sollte immer "top-down" erfolgen. Die Durchführung dieser Schulungen wird von den jeweiligen Gegebenheiten wie Unternehmensgröße, räumliche Verteilung der Mitarbeiter und anderen Größen bestimmt.

Bei vielen Unternehmen hat sich die Kombination von Schulung und Training bewährt. Nachdem die Wirkungsweise von Werten von der grundlegenden Seite her erläutert ist, werden die Mitarbeiter mit konkreten Aufgabenstellungen aus ihrer betrieblichen Praxis konfrontiert. Gemeinsam erarbeitet die Gruppe, wie das Leitbild bzw. die Unternehmenswerte helfen, die Aufgabe zu meistern. Das sieht für den Vertriebsmitarbeiter anders aus als für den Lohnbuchhalter. Letztlich können jedoch alle erkennen, wie ihnen die Werte helfen, die für das Unternehmen beste Entscheidung zu treffen.
Darüber hinaus wird deutlich, dass die Werte für alle im Unternehmen, egal auf welcher Hierarchieebene, gleichermaßen gelten. Etwas provokant kann man sagen, dass ab jetzt die Werte der "wahre Chef" des Unternehmens sind.

Gerade in dieser Phase ist es wichtig, das Ganze auch greifbar zu machen. Die Werte müssen möglichst überall im Unternehmen präsent sein. Dazu eignen sich entsprechend gestaltete Poster. Ebenfalls bewährt hat sich das Scheckkartenformat. Der Grund ist folgender: Die Werte sind besonders in kritischen Situationen, beispielsweise bei einem Konflikt unter Kollegen von Relevanz. Um mich dann in einer emotionalen Stresssituation auch auf die vereinbarten "Spielregeln" berufen zu können, muss ich sie präsent haben. Kann ich jetzt die Werte an der Wand oder auf meinem Plastikkärtchen zur Hilfe nehmen, erleichtert mir das die Argumentation.

Sobald die Mitarbeiter begonnen haben, die Werte im Tagesgeschäft zu leben, ist es an der Zeit, auf Qualitätssicherung zu achten. Das geschieht zunächst einmal durch messen. Viele Unternehmen führen jährlich stattfindende Qualitätsaudits durch. Zu den bisherigen Kriterien werden nun auch solche formuliert, die das Leben der Werte abprüfen.

Zum anderen kommt hier abermals das bereits beschriebene Tool zur Anwendung. Das Werte-Assessment wird regelmäßig, zunächst jährlich, wiederholt. Es generiert u.A. eine Kennzahl, die qualifizierten Aufschluss über den Grad der Zufriedenheit der Mitarbeiter mit der aktuellen Situation gibt. Wir messen das für unterschiedliche Teile des Unternehmens separat, sodass deutlich wird, wer gut voran kommt und wo es noch hapert.
Diese Zahl ebenso wie die Bewertung aus dem Qualitätsaudit werden, so vorhanden, in die Balanced Scorecard integriert.

Ein weiterer, wichtiger Aspekt für die Qualitätssicherung ist das jährliche Mitarbeitergespräch. Die dort zu bewertende Gesamtleistung sowie die neu zu definierenden Ziele müssen immer auch daran orientiert sein, wie die Unternehmenswerte gelebt werden. Hier wird für den Einzelnen sehr persönlich spürbar, dass er an dem Thema nicht vorbei kommt.

Wir haben also ein Qualitätsaudit, ein regelmäßiges, softwaregestütztes Werte-Assessment sowie das Mitarbeitergespräch als Instrumente zur Verfügung. Diese Tools messen und dokumentieren alle den Umsetzungsgrad der Unternehmenswerte. Diese Werte bilden praktisch immer, wie bereits in der Überschrift angedeutet, die Basis jeder Compliance-Maßnahme.

Wertebasierte Unternehmensführung hat also nicht nur unmittelbare wirtschaftliche Vorteile, wie wir später noch sehen werden, sondern schafft auch den ethisch-kulturellen Unterbau von Corporate Compliance.

Ein weiterer wichtiger Aspekt, um den Prozess in Gang zu halten, ist eine verantwortliche Stelle bzw. Person, die als Ansprechpartner für alles was mit dem Leben der Werte zusammenhängt, zur Verfügung steht. Hier kann praktischer Rat eingeholt sowie Probleme besprochen werden. Je nach Ausgestaltung kann sogar eine Art Schiedsgericht geschaffen werden, das mit hoher Sachkompetenz auf Basis der Unternehmenswerte Streitfragen schlichtet und die Vorgesetzten entlastet.

Ebenfalls bewährt, vor allem bei dezentralen und großen Unternehmen, hat sich ein Diskussionsforum im Intranet. Hier findet ein moderierter, unternehmensweiter Austausch zum Thema statt. Der Einzelne profitiert von Erfahrungen anderer, die ihn ansonsten nicht erreichen würden. Wissenswertes und Neues zum Thema wird "gepostet". Die Unternehmensführung kann unmittelbar Akzente setzen, umfassende Meinungsbildung wird möglich.

Der Zeitrahmen solcher Projekte ist durchaus individuell. Er hängt beispielsweise von der Unternehmensgröße und der jeweiligen Ausgangssituation ab. Gibt es schon ein Leitbild? Wurde es bisher gelebt? Ist hier bereits ein Prozess angelaufen oder hat er sich gar festgefahren? Als Richtwert kann man sagen, dass ca. 1 Jahr nach Projektstart die notwendige Struktur steht und die Mitarbeiter begonnen haben, die Werte zu leben.

Praktisch alle einschlägigen Studien zum Thema Unternehmenskultur und -werte bestätigen die hohe wirtschaftliche Relevanz. Wertebasierte Unternehmensführung erleichtert also nicht nur die Führung der Mitarbeiter sondern zeigt auch signifikanten monetären Nutzen. Die u.a. Studie von Kotter und Heskett, Harvard Business School, zeigt deutlich, wie sich Unternehmen mit einer bewusst gepflegten Unternehmenskultur von eher durchschnittlichen unterscheiden.

Bild: Welther GmbH

Dieser Effekt entsteht nicht zuletzt durch die mit solchen Organisationen einhergehende, oben bereits angesprochene, intrinsische Motivation.
Mitarbeiter bestimmen die Werte Ihres Arbeitsumfeldes mit. Andere Werte machen sie sich mit der Zeit zu eigen. Solche, deren privater Wertekanon so gar nicht passen will, verlassen mit der Zeit das Unternehmen bzw. kommen erst gar nicht. Damit steigt das empfundene Maß der Selbstverwirklichung am Arbeitsplatz. Tätigkeit entwickelt sich in Richtung Berufung. Und was Spaß macht, geht einfach besser von der Hand.

In der heutigen Zeit kommt ein weiterer, wichtiger Aspekt hinzu. Vertrauen! Nie waren Manager und Unternehmen härter in der Kritik als heute. Wertebasiertes Handeln schafft Vertrauen und kann gut kommuniziert werden.
Jeder, ob Kunde oder Mitarbeiter, ob Lieferant oder Führungskraft weiß, wofür das Unternehmen steht, und wofür nicht. Die Art und Weise, wie ein Unternehmen seine Leistung erbringt, gewinnt immer mehr an Bedeutung. So wie die wenigsten einen durch Kinderarbeit hergestellten Teppich in ihrem Wohnzimmer liegen haben wollen, und sei er noch so schön und preiswert, so wird der Kunde immer genauer darauf achten, wer sein Partner ist und für was er steht.

Last but not least noch einmal zur Corporate Compliance. Maßnahmen, die nur zur Einhaltung rechtlicher Mindestanforderungen gedacht sind, werden ihr Ziel nicht befriedigend erreichen. Eingebettet in ein stimmiges Wertekonzept, das kulturelle, betriebswirtschaftliche und rechtliche Themen schlüssig integriert, trägt Corporate Compliance jedoch maßgeblich zur Wertschöpfung eines Unternehmens bei. (Welther: ra)

Autoreninfo:
(*)
Andreas Welther ist Geschäftsführer der 2006 von ihm gegründeten Welther GmbH in Starnberg. Zuvor war er Chief Officer und Vice President der international tätigen Swisslog Gruppe und Managing Partner der Wassermann AG Unternehmensberatung. Der Wirtschaftsingenieur, 48, ist verheiratet und lebt mit seiner Familie in Starnberg.

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