Sie sind hier: Home » Recht » Deutschland » Bundesarbeitsgericht

Anwendbarkeit tariflicher Ausschlussfristen?


BAG zur Insolvenzanfechtung von im Wege der Zwangsvollstreckung erlangter Arbeitsvergütung
Die insolvenzrechtlichen Anfechtungsregelungen sind zwingendes Recht, in welches die Tarifvertragsparteien nicht eingreifen dürfen

(19.11.13) - Nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte (sog. inkongruente Deckung), wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war. Nicht "in der Art", wie sie der Gläubiger zu beanspruchen hat, erfolgt auch eine im Wege der Zwangsvollstreckung erlangte Befriedigung. Folglich kann der Insolvenzverwalter bei Vorliegen der übrigen Anfechtungsvoraussetzungen von einem Arbeitnehmer die Rückzahlung von Arbeitsvergütung zur Masse verlangen, die dieser durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erlangt hat. Der Rückforderungsanspruch unterfällt keinen tariflichen Ausschlussfristen.

Die insolvenzrechtlichen Anfechtungsregelungen sind zwingendes Recht, in welches die Tarifvertragsparteien nicht eingreifen dürfen. § 146 InsO, der für die Insolvenzanfechtung auf die Regelungen über die regelmäßige Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch verweist, normiert die zeitliche Begrenzung des Anfechtungsrechts abschließend. Die Klägerin war seit 1983 bei der Schuldnerin beschäftigt. Aufgrund eines Insolvenzantrags vom 10. Mai 2007 wurde am 1. Juli 2007 über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet. In den letzten drei Monaten vor dem Insolvenzantrag erlangte die Klägerin durch Forderungspfändungen von der Schuldnerin rückständiges Arbeitsentgelt. Der beklagte Insolvenzverwalter focht die Zahlungen unter dem 23. April 2010 an. Mit der Widerklage verlangt er die Rückzahlung zur Masse.

Das Arbeitsgericht hat der Widerklage stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin hin hat das Landesarbeitsgericht die Widerklage wegen der Versäumung einer tariflichen Ausschlussfrist und mit der Begründung abgewiesen, es liege keine inkongruente Deckung vor. Auf die Revision des Beklagten hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) das Urteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dieses wird zu klären haben, ob die Schuldnerin zur Zeit der maßgeblichen Rechtshandlungen, d.h. bei Zustellung der Pfändungsbeschlüsse, bereits zahlungsunfähig war.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24. Oktober 2013 - 6 AZR 466/12 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 30. April 2012 - 7 Sa 557/11 - pre
(Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 24. Oktober 2013: ra)


Meldungen: Bundesarbeitsgericht

  • Cloud-basierte Software für Personalverwaltung

    Ein Arbeitnehmer kann einen Anspruch auf Schadenersatz wegen einer Verletzung der Datenschutz-Grundverordnung haben, wenn der Arbeitgeber personenbezogene Echtdaten innerhalb des Konzerns an eine andere Gesellschaft überträgt, um die Cloud-basierte Software für Personalverwaltung "Workday" zu testen.

  • Provisionsanspruch - Kryptowährung

    Die Übertragung der sog. Kryptowährung Ether (ETH) zur Erfüllung von Provisionsansprüchen des Arbeitnehmers kann, wenn dies bei objektiver Betrachtung im Interesse des Arbeitnehmers liegt, grundsätzlich als Sachbezug iSv. § 107 Abs. 2 Satz 1 GewO* vereinbart werden. Der unpfändbare Betrag des Arbeitsentgelts muss dem Arbeitnehmer aber in Geld ausgezahlt werden.

  • Wettbewerbsverbot iSv. §§ 74 ff. HGB

    In die Berechnung einer Karenzentschädigung für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nach §§ 74 ff. HGB fließen auch Leistungen aus einem virtuellen Aktienoptionsprogramm ein. Das gilt jedoch nur, wenn die Optionsrechte im noch bestehenden Arbeitsverhältnis ausgeübt worden sind.

  • Erziehungsurlaub & Erfüllung der Wartezeit

    Ein Tarifvertrag darf bei der Ablösung eines Versorgungssystems, nach welchem Ansprüche auf Versorgung voraussetzten, dass die Arbeitnehmer eine ausreichende Anzahl vergüteter Monate bei der Arbeitgeberin gearbeitet haben (sog. Wartezeit), auch für die Einführung einer hierauf bezogenen Besitzstandskomponente danach unterscheiden, ob die Arbeitnehmer die Wartezeit erfüllt haben. Erziehungs- oder Elternzeiten ohne Vergütungsansprüche müssen dabei in die Wartezeit nicht einbezogen werden.

  • Tarifvertrag zur Entgeltumwandlung

    Von den gesetzlichen Regelungen zur Entgeltumwandlung (§ 1a BetrAVG) einschließlich des Anspruchs auf einen Arbeitgeberzuschuss nach § 1a Abs. 1a BetrAVG kann gemäß § 19 Abs. 1 BetrAVG* auch in Tarifverträgen abgewichen werden, die bereits vor Inkrafttreten des Ersten Betriebsrentenstärkungsgesetzes am 1. Januar 2018 geschlossen wurden.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen