Sie sind hier: Home » Recht » Kartellrecht

Bußgelder für Pflanzenschutzkartell


Bußgelder gegen Großhändler von Pflanzenschutzmitteln wegen wettbewerbswidriger Abstimmung von Preislisten, Rabatten und Einzelpreisen
In der Anfangszeit des Kartells trafen sich die Unternehmen mehrmals im Jahr, um sich auf (rabattfähige Brutto-) Listenpreise zu verständigen



Das Bundeskartellamt hat Bußgelder in Höhe von insgesamt rund 154,6 Millionen Euro gegen sieben Großhändler von Pflanzenschutzmitteln und deren Verantwortliche wegen Absprachen über Preislisten, Rabatte und einige Einzelpreise beim Verkauf an Einzelhändler und Endkunden in Deutschland verhängt. Bußgelder wurden verhängt gegen die AGRAVIS Raiffeisen AG, Hannover/Münster, die AGRO Agrargroßhandel GmbH & Co. KG, Holdorf, die BayWa AG, München, die BSL Betriebsmittel Service Logistik GmbH & Co. KG, Kiel, die Getreide AG, Hamburg, die Raiffeisen Waren GmbH, Kassel, und die ZG Raiffeisen eG, Karlsruhe. In Anwendung der Bonusregelung wurde der Beiselen GmbH, Ulm, die als erste mit dem Bundeskartellamt kooperierte, das Bußgeld erlassen. Gegen zwei weitere Unternehmen wird noch ermittelt. Darüber hinaus wurden die Verfahren gegen drei weitere Unternehmen und zwei Verbände eingestellt.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Unsere Ermittlungen haben gezeigt, dass die Unternehmen seit dem Jahr 1998 bis zum Zeitpunkt unserer Durchsuchung im März 2015 jeweils im Frühjahr und Herbst ihre Preislisten für Pflanzenschutzmittel miteinander abgestimmt haben. Grundlage der Abstimmung war eine gemeinsame Kalkulation der Großhändler, die weitgehend einheitliche Preislisten für Einzelhändler und Endkunden zur Folge hatte. Vor allem in den ersten Jahren übernahmen einige Unternehmen die abgestimmte Preisliste einfach für die eigene Preissetzung, indem sie faktisch nur noch ihr Firmenlogo über die fertige Liste setzten."

In der Anfangszeit des Kartells trafen sich die Unternehmen mehrmals im Jahr, um sich auf (rabattfähige Brutto-) Listenpreise zu verständigen – in den späteren Jahren erfolgte die Abstimmung überwiegend schriftlich und telefonisch. Die vier führenden Großhändler im Markt – zwei genossenschaftlich organisierte Großhändler und zwei sogenannte Private – übernahmen grundsätzlich die Vorabstimmung der Kalkulation dieser Preisangaben. Im Anschluss erfolgte die weitere Abstimmung unter den Großhändlern in zwei Lagern, einerseits unter den genossenschaftlich organisierten Großhändlern und andererseits unter den sogenannten Privaten, den nicht-genossenschaftlich organisierten Großhändlern.

Das Ergebnis dieser Abstimmung, die Kalkulationsschemata sowie die fertig berechneten (rabattfähigen Brutto-) Preislisten, wurde dann allen Unternehmen jeweils zur Frühjahrs- und Herbstsaison zur Verfügung gestellt. Bis zum Jahr 2008 hatten sämtliche betroffene Großhändler, außer die Getreide AG, (die genossenschaftlichen Großhändler noch darüber hinaus bis 2012, die Raiffeisen Waren GmbH bis Jahresende 2011) teilweise auch die darauf zu gewährenden Rabattspannen sowie teilweise Netto-Netto-Preise (Abgabepreise gegenüber Einzelhändlern ohne weitere Rabattierung) für zentrale Produkte abgesprochen.

Die Durchsuchung des Bundeskartellamts am 3. März 2015 beendete die kartellrechtswidrigen Praktiken noch vor Beginn der Frühjahrssaison 2015.

Sämtliche betroffene Großhändler haben während des Verfahrens mit dem Bundeskartellamt kooperiert und durch ihre Bonusanträge bei der Aufklärung der Tat mitgewirkt. Sechs der genannten betroffenen Unternehmen und die dazu gehörigen persönlich bebußten Mitarbeiter haben bislang den vom Bundeskartellamt ermittelten Sachverhalt als zutreffend anerkannt und einer einvernehmlichen Verfahrensbeendigung zugestimmt. Dies wurde bei der Bußgeld­festsetzung berücksichtigt.

Die verhängten Bußgelder sind noch nicht rechtskräftig. Gegen die Bescheide samt der in ihnen getroffenen Feststellungen kann Einspruch eingelegt werden, über den das Oberlandesgericht Düsseldorf entscheiden würde. Ein Fallbericht mit den Inhalten des § 53 Abs. 5 GWB wird auf der Internetseite des Bundeskartellamtes veröffentlicht.
(Bundeskartellamt: ra)

eingetragen: 18.02.20
Newsletterlauf: 30.03.20


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>



Meldungen: Kartellrecht

Kartellrecht und Kartellvergehen

  • Starke Marktstellung hätte sich verstärkt

    Die Neue Pressegesellschaft mbH & Co. KG hat die Anmeldung der Übernahme sämtlicher Anteile an der Druck- und Verlagshaus Hermann Daniel GmbH & Co. KG, Balingen, sowie an deren Komplementärgesellschaft Anfang Januar 2023 zurückgenommen. Das Verlagshaus Daniel verbreitet im Zollernalbkreis die regionale Abonnement-Tageszeitung "Zollern-Alb-Kurier" sowie ein Anzeigenblatt.

  • Wettbewerbsvorschriften für Digitalkonzerne

    Das Bundeskartellamt hat am 23. Dezember 2022 Alphabet Inc., Mountain View, USA, Google Ireland Ltd., Dublin, Irland, und Google Germany GmbH, Hamburg, seine vorläufige rechtliche Einschätzung in dem Verfahren wegen Googles Konditionen zur Datenverarbeitung übersandt. Nach dem jetzigen Verfahrensstand geht das Bundeskartellamt davon aus, dass die neuen Vorschriften für Digitalkonzerne (§ 19a GWB) einschlägig sind und Google deshalb ihre Datenverarbeitungskonditionen und die darauf gestützte Praxis anpassen muss.

  • Hohe Austauschbarkeit der Produkte

    Das Bundeskartellamt hat das Vorhaben der Wienerberger AG, Wien, Österreich, sämtliche Anteile an der Terreal Holding S.A.S, Suresnes, Frankreich, zu erwerben, freigegeben. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Durch das Zusammenschlussvorhaben werden künftig die bekannten Dachziegel-Marken "Creaton" und "Koramic" von ein und demselben Unternehmen angeboten."

  • Verstoß gegen das Missbrauchsverbot

    Das Bundeskartellamt hat ein Verfahren gegen die PayPal (Europe) S.à r.l. et Cie, S.C.A. wegen möglicher Behinderung von Wettbewerbern und Beschränkung des Preiswettbewerbs eingeleitet. Gegenstand des Verfahrens sind die in den Nutzungsbedingungen von PayPal für Deutschland festgelegten "Regeln zu Aufschlägen" und zur "Darstellung von PayPal".

  • Handelsmarktplatz im Bereich des E-Commerce

    Das Bundeskartellamt hat zwei laufende Missbrauchsverfahren gegen das Unternehmen Amazon nun auch auf die Anwendung des neuen Instruments zur effektiveren Aufsicht über große Digitalkonzerne (§ 19a GWB) erstreckt. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Wir untersuchen in den beiden Verfahren, ob und wie Amazon die Geschäftschancen von Händlern, die im Wettbewerb zu Amazons eigenem Handelsgeschäft auf dem Amazon-Marktplatz tätig sind, beeinträchtigt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen