Sie sind hier: Home » Recht » Kartellrecht

Zielpreisverträge mit vier Großversendern


Bundeskartellamt sieht Marktmachtmissbrauch der Deutsche Post AG im Bereich der Großkundentarife
Trotz der Öffnung der Postmärkte hat die DPAG mit einem Marktanteil von deutlich über 80 Prozent weiterhin eine marktbeherrschende Stellung im Bereich der lizenzpflichtigen Briefdienstleistungen

(05.08.15) - Das Bundeskartellamt hat sein Missbrauchsverfahren gegen die Deutsche Post AG (DPAG) abgeschlossen. Die Behörde wirft der DPAG vor, in der Vergangenheit ihre marktbeherrschende Stellung im Bereich Briefdienstleistungen missbräuchlich ausgenutzt und dadurch Wettbewerber behindert zu haben. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Marktbeherrschende Unternehmen, wie es die Deutsche Post AG im Bereich der Briefdienstleistungen in Deutschland ohne jeden Zweifel ist, unterliegen im Verhältnis zu ihren Wettbewerbern besonderen Pflichten. Die Deutsche Post AG hat mit Großkunden Briefpreise und Treuerabatte vereinbart, die es anderen Briefdienstleistern unmöglich machten, ein wettbewerbsfähiges Angebot zu unterbreiten. Derartige Marktabschottung verhindert, dass der Wettbewerb in Gang kommen kann."

Die DPAG hat die kritisierten Maßnahmen zwischenzeitlich eingestellt.

Trotz der Öffnung der Postmärkte hat die DPAG mit einem Marktanteil von deutlich über 80 Prozent weiterhin eine marktbeherrschende Stellung im Bereich der lizenzpflichtigen Briefdienstleistungen. Als marktbeherrschender Briefdienstleister ist die DPAG verpflichtet, Wettbewerbern einen Teilleistungszugang zu ihrem Netz anzubieten. Wird dieser in Anspruch genommen, liefert der Wettbewerber Briefe, die er zuvor beim Kunden eingesammelt und aufbereitet, d.h. frankiert, nummeriert und vorsortiert hat, in ein Briefzentrum der DPAG ein, die dann die weitere Beförderung übernimmt. Für ihre Leistung stellt die DPAG das sogenannte Teilleistungsentgelt in Rechnung.

Das Bundeskartellamt hat festgestellt, dass die DPAG mittels sog. Zielpreisverträge mit vier Großversendern Briefpreise vereinbart hatte, die unter denjenigen lagen, die ein Wettbewerber für den Zugang zum Zustellnetz der DPAG zahlen muss. Damit lag ein Fall der sog. Preis-Kosten-Schere vor. Diese Preis-Kosten-Scheren behindern die Wettbewerber der DPAG, weil diese dadurch nicht in der Lage sind, den betroffenen Briefkunden ein wettbewerbsfähiges Angebot zu unterbreiten.

Die niedrigen Briefpreise wurden dadurch realisiert, dass von dem ursprünglichen Preis verschiedene Rabatte sowie Abzüge für Werbeleistungen (Aufdruck "Zugestellt durch die Deutsche Post" oder des Posthorns auf den Umschlag) oder für die Lieferung von sogenannten Qualitätsdaten an die DPAG gewährt wurden. Aus der Systematik der Zielpreisverträge ergab sich, dass diese Rabatte nur so weit berechnet wurden wie erforderlich, um letztlich den vereinbarten Ziel-Briefpreis zu erreichen. Dabei lagen die Zielpreise zum Teil deutlich unter den Teilleistungsentgelten.

Der zweite Verstoß gegen das Missbrauchsverbot lag darin, dass diese günstigen Entgelte teilweise davon abhängig gemacht wurden, dass der große Versender fast seinen ganzen Bedarf an Briefdienstleistungen bei der Deutschen Post deckt. Auch derartige Treuerabatte behindern die Wettbewerber der DPAG.

Die DPAG hat die missbräuchlichen Maßnahmen zwischenzeitlich eingestellt. Da das Unternehmen im Verfahren die Auffassung vertreten hat, dass das beanstandete Verhalten zulässig sei, war eine feststellende Entscheidung geboten, um möglichen Wiederholungsfällen vorzubeugen. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die Deutsche Post kann Beschwerde zum Oberlandesgericht Düsseldorf einlegen. (Bundeskartellamt: ra)


Meldungen: Kartellrecht

Kartellrecht und Kartellvergehen

  • Neue Vorschriften für Digitalkonzerne

    Google (Alphabet Inc., USA) hat sich gegenüber dem Bundeskartellamt verpflichtet, verschiedene Wettbewerbsbeschränkungen bei den Google Automotive Services und bei der Google Maps Platform abzustellen. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Ich freue mich, dass wir uns mit Google einigen konnten und somit ganz unmittelbar positive Auswirkungen für die betroffenen Wirtschaftsbereiche erzielen. Die Zusagen von Google haben das Potential, weitreichende Änderungen im Markt zu bewirken. Durch die Aufhebung der bisherigen Beschränkungen stärken wir die Auswahlmöglichkeiten der Kundinnen und Kunden und eröffnen neue Chancen für Wettbewerber von Google."

  • Antennenstandorte für 1&1

    Das Bundeskartellamt hat der Vodafone Group, der Vodafone GmbH und der Vantage Towers AG seine vorläufige rechtliche Einschätzung wegen der mangelnden Bereitstellung von Antennenstandorten für 1&1 übersandt. Das Vodafone-Konzernunternehmen Vantage Towers hatte sich zu der Bereitstellung schon im Jahr 2021 vertraglich verpflichtet, dann kam es aber zu massiven Verzögerungen (s. Pressemeldung vom 2. Juni 2023). Vodafone und Vantage Towers haben jetzt Gelegenheit zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen.

  • Entwicklung eines neuen MGCS-Systems

    Das Bundeskartellamt hat die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens der KNDS Deutschland GmbH & Co KG, der KNDS France, der Rheinmetall Landsysteme GmbH und THALES SIX GTS France SAS freigegeben. Das Gemeinschaftsunternehmen, die MGCS-Projekt Company GmbH, soll ihren Sitz in Deutschland haben. Das Hauptziel des Gemeinschaftsunternehmens ist die industrielle Entwicklung des modularen "Main Ground Combat Systems" (MGCS)-Kampfpanzers in deutsch-französischer Kooperation.

  • Erwerb von Lebensmittelherstellern

    Das Bundeskartellamt hat den mittelbaren Erwerb der Uckermärker Milch GmbH (Uckermärker), einer Tochter der Ostmilch Handels GmbH, durch die EDEKA ZENTRALE Stiftung & Co. KG (EDEKA) freigegeben. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Das Bundeskartellamt schaut beim Erwerb von Lebensmittelherstellern durch große Lebensmitteleinzelhändler immer sehr genau hin. Wir müssen ausschließen, dass es durch eine solche Übernahme zu einer Abschottung der Märkte zum Nachteil anderer Produzenten oder Händler kommt. Im vorliegenden Fall ist dies nicht zu befürchten."

  • Sehr häufige Preisänderungen an der Tankstelle

    Das Bundeskartellamt hat seine Sektoruntersuchung zu Raffinerien und Kraftstoffgroßhandel mit einem umfangreichen Endbericht abgeschlossen. In dem Bericht erläutert das Bundeskartellamt die Strukturen und die Preissetzungsmechanismen auf diesen Marktstufen der Mineralölwirtschaft und identifiziert Stellschrauben, die zu einer Stärkung des Wettbewerbs beitragen können.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen