Whistleblowing bei Straftaten von Vorgesetzten


Hamburger Ombudsmann Dr. Oliver Pragal begrüßt Stellungnahme von BDI-Präsident Thumann zum "Whistleblowing" - Team aus zwei Ombudsleuten ermöglicht bessere Erreichbarkeit
Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) fordert für Mitarbeiter die Möglichkeit zur anonymen Anzeige mutmaßlicher Straftaten von Vorgesetzten

(10.06.08) - Der Hamburger Wirtschaftsstrafrechtler und Ombudsmann Dr. Oliver Pragal begrüßt die Forderung von BDI-Präsident Thumann, dass "Whistleblowing-Stellen" zum Standard in der deutschen Wirtschaft werden sollen.

Pragal bestätigte die Einschätzung Thumanns, dass anonyme Beschwerdestellen insbesondere bei Wirtschaftskriminalität und Korruption sehr sinnvoll seien. Dies habe jedoch nichts mit der Förderung von Denunziation oder Bespitzelung von Mitarbeitern zu tun. Im Hinblick auf die aktuellen Vorwürfe gegen die Telekom sagte der Hamburger Anwalt, dass das Interesse des Unternehmens, von Fehlverhalten der Mitarbeiter zu erfahren, legitim sei. Wähle man aber heimliche Bespitzelungsmethoden, so verstieße dies nicht nur in vielen Fällen gegen Gesetze, sondern zerstöre aufgrund des entstehenden Misstrauens auch die Unternehmenskultur nachhaltig.

Offen kommunizierte und von vertrauenswürdigen Ombudsleuten betriebene Anlaufstellen würden dagegen von der ganz überwiegenden Mehrzahl der ehrlichen Mitarbeiter und von vielen Betriebsräten begrüßt. Diese verstünden "ihren" Ombudsmann als wichtige Maßnahme zum Schutz des eigenen Arbeitgebers. Zudem seien viele Mitarbeiter, etwa bei der Deutschen Bahn, stolz darauf, dass "ihr" Unternehmen Vorreiter bei der Korruptionsbekämpfung sei.

"Vor allem hochqualifizierte Mitarbeiter wählen ihren Arbeitgeber immer stärker nach ethischen Kriterien. Angesichts des demografischen Faktors kann es sich kein Unternehmen mehr leisten, dies beim Rennen um die besten Köpfe zu vernachlässigen", erklärte Pragal.

Der größte Nachholbedarf für die Implementierung von Ombudsleute bestehe bei den kleinen und mittelgroßen Unternehmen unterhalb der "DAX-30-Ebene". Diese unterschätzten immer noch die Gefahren von Korruption und anderen Formen von Wirtschaftskriminalität. "Es gibt in diesem Bereich nur deshalb weniger bekannte Fälle, weil mangels effizienter Kontrollsysteme die Entdeckungswahrscheinlichkeit viel geringer ist", sagte der Strafverteidiger.

Außerhalb der Privatwirtschaft sieht Pragal beispielsweise auch bei Stadtwerken, Verkehrsbetrieben, Wohnungsunternehmen und öffentlichen Rundfunksendern erheblichen Nachholbedarf. Die Stadtwerke Bonn, die Düsseldorfer LEG und der WDR seien hier beispielsweise Vorreiter.

Dabei sei Prävention nicht nur eine lästige Pflichtaufgabe, sondern vor allem Chance zur Steigerung von Effizienz, Kultur und Reputation des Unternehmens. Jeder Fall von Wirtschaftskriminalität könne erhebliche materielle Schäden bewirken. Umgekehrt bedeute jeder vermiedene Fall aber eine Steigerung des Gewinns. Langfristig koste Prävention daher kein Geld, sondern steigere den Gewinn.

Ein nicht zu unterschätzendes Risiko sei zudem auch die persönliche, zivil- und strafrechtliche Haftung der Unternehmensführung bei unzureichenden internen Kontrollsystemen. So betragen die Geldbußen gemäß § 130 OWiG bis zu 1 Mio. €. "Was viele nicht wissen ist, dass dies sogar bei der bloß fahrlässigen Verletzung von Aufsichts- und Organisationspflichten gilt", erläuterte Pragal.

Ein wichtiger Faktor beim erfolgreichen Betrieb einer "Whistleblowing"-Stelle sei neben der Vertrauenswürdigkeit die umfassende Erreichbarkeit des Ombudsmannes. "Hinweisgeber zögern oft viele Monate, bevor sie sich zur Meldung entschließen. Wenn dann der Ombudsmann nicht erreichbar ist, werden viele Hinweisgeber nicht mehr anrufen oder es maximal noch einmal versuchen. Das Signal für den Mitarbeiter ist dann verheerend und ein wertvoller Hinweis geht für immer verloren", sagte der Hamburger Ombudsmann.
(Pragal: ra)

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