Rückschlag für Korruptionsbekämpfung?


Transparency zum Thema Massen-Screening: Der unerlässliche Schutz von Arbeitnehmerdaten müsse mit notwendigen Präventionsmaßnahmen und Kontrollmöglichkeiten ausbalanciert werden
Angesichts des vorgeschlagenen Wortlautes seien künftig nur noch Kontrollen zulässig, die sich bereits auf einen Anfangsverdacht im strafrechtlichen Sinne stützen können


(02.07.09) - Vor einer Einschränkung angemessener Antikorruptionsmaßnahmen hat die Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland e.V. gewarnt. Laut Transparency will die Große Koalition mit einer am 23. Juni 2009 per Änderungsantrag vorgelegten Einfügung in die seit Monaten beratene Datenschutznovelle noch vor dem Ende der Legislaturperiode auf die öffentliche Diskussion über Massen-Screenings in Unternehmen reagieren.

Der geplante neue § 32 Abs. 1 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) soll die "Datenerhebung, Datenverarbeitung und Datennutzung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses" hinsichtlich strafbaren Verhaltens von Beschäftigten auf Situationen beschränken, in denen "tatsächliche Anhaltspunkte zur Aufdeckung von im Beschäftigungsverhältnis begangenen Straftaten" vorliegen.

Sylvia Schenk, Vorsitzende von Transparency International Deutschland, erklärte dazu: "Datenschutz ist ein hohes Gut. Wir haben Massenscreenings aufgrund der fehlenden Verhältnis- und Zweckmäßigkeit immer abgelehnt. Auch im Hinblick auf ein vertrauensvolles Klima im Betrieb, das kriminellen Handlungen entgegenwirken kann, ist ein sorgsamer Umgang mit Daten nötig, ebenso wie die Einbeziehung des Betriebsrates bei Kontrollmaßnahmen. Auf keinen Fall kann aber akzeptiert werden, dass jetzt in einem Parforceritt eine unausgegorene Regelung durchgepeitscht wird, die die Unsicherheit bei Beschäftigten und Unternehmen weiter erhöht, anstatt Klarheit zu schaffen."

Transparency befürchtet, dass angesichts des vorgeschlagenen Wortlautes künftig nur noch Kontrollen zulässig sind, die sich bereits auf einen Anfangsverdacht im strafrechtlichen Sinne stützen können. Für die den Unternehmen mit zunehmend verschärften Haftungsvorschriften auferlegten präventiven Maßnahmen und Kontrollen bliebe wenig Raum.

Auch der Grundsatz 240 der "International anerkannten Grundsätze zur Abschlussprüfung (ISA)" sieht eingeschränkte Prüfungsverfahren vor, die ohne das Vorliegen von tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Straftat durchgeführt werden sollen und somit in Widerspruch zu der angestrebten Neufassung des § 32 Abs. 1 BDSG stehen.

Wörtlich heißt es:
>> Performing a computerized match of the vendor list with a list of employees to identify matches of addresses or phone numbers.
>> Performing a computerized search of payroll records to identify duplicate addresses, employee identification or taxing authority numbers or bank accounts."

Es stellt sich laut Transparency die Frage, ob künftig in Deutschland international empfohlene Verfahren überhaupt noch umgesetzt werden können und was dies insbesondere für die Korruptionsbekämpfung bedeutet.

Sylvia Schenk erklärte: "Wenn die Unternehmen aus Angst vor Verstößen gegen die neue Regelung auf bislang anerkannte Vorgehensweisen verzichten, wäre dies ein Rückschlag für die Eindämmung der Korruption. Es muss eine angemessene Balance zwischen Arbeitnehmerdatenschutz und Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität gefunden und eine entsprechende gesetzliche Regelung zuvor mit den Experten umfassend diskutiert werden."

Maßvolle und effektive Korruptionsbekämpfung sei im Interesse der gesetzestreuen Beschäftigten, die ebenfalls die Folgen spüren, wenn durch Korruption und andere Delikte die Basis ihres Unternehmens gefährdet wird. Um einen Betrieb zu schützen können beispielsweise über einen "Gefährdungsatlas" die Risikoanfälligkeit verschiedener Abteilungen und Funktionen für Korruption dargestellt und auf dieser Grundlage gezielt Maßnahmen der Prävention und Kontrolle eingeleitet werden. (Transparency: ra)

Transparency International: Kontakt und Steckbrief

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