Firmeninsolvenzen gehen weiter zurück


Inkasso-Umfrage: EU-Datenschutzgesetz: Gefahr für Zahlungsmoral und Gläubiger?
Zahlungsmoral top, von öffentlicher Hand aber flop – Insolvenzen sinken

(24.07.15) - Das Zahlungsverhalten in Deutschland hat sich auf hohem Niveau weiter verbessert. In ihrer Halbjahresumfrage melden 64 Prozent der Inkassounternehmen, dass Rechnungen jetzt genauso gut wie vor sechs Monaten bezahlt werden. 20 Prozent haben sogar eine noch bessere Zahlungsmoral beobachtet. Grund ist die gute Konjunktur, verbunden mit einer niedrigen Arbeitslosigkeit und einem für Unternehmen wie für Verbraucher attraktiven Investitionsklima.

Daher gehen auch die Firmeninsolvenzen weiter zurück. Der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) prognostiziert bis Ende des Jahres etwa 22.500 Verfahren (2014: 24.085). Auch die Verbraucherinsolvenzen gehen zurück – auf voraussichtlich rund 82.000, nach 86.298 in 2014.

Hauptgrund, warum Verbraucher schlecht zahlen, ist Überschuldung (81 Prozent der Inkassofirmen melden das in der Umfrage), gefolgt von einem unkontrollierten Konsumverhalten (72 Prozent) und einem vorübergehenden Geldmangel (49 Prozent). Nur noch 46 Prozent nennen Arbeitslosigkeit als Grund – vor zwei Jahren lag dieser Wert bei 66 Prozent.

Probleme mit der Rechnungstreue ihrer Kunden haben aktuell das Handwerk (45 Prozent der BDIU-Mitglieder melden das), der Online- beziehungsweise Versandhandel (44 Prozent) sowie die Energieversorgungswirtschaft (37 Prozent). Vergleichsweise gut läuft es im Gastgewerbe – hier berichtet nicht einmal jedes zwölfte Inkassounternehmen von Schwierigkeiten.

Gegen den Trend: Öffentliche Hand zahlt schlechter
Völlig gegensätzlich zum guten allgemeinen Zahlungsverhalten ist die Entwicklung bei öffentlichen Auftraggebern. 86 Prozent der Inkassounternehmen melden, dass deren Zahlungsverhalten unverändert schlecht ist. 11 Prozent berichten sogar von einer weiteren Verschlechterung. "Die öffentliche Hand sollte beim Zahlungsverhalten eine Vorbildfunktion haben", mahnt BDIU-Präsident Wolfgang Spitz. "Ein Grund, warum das leider nicht der Fall ist, dürfte wohl auch darin zu sehen sein, dass viele Städte und Gemeinden selbst über kein gutes, eigenes Forderungsmanagement verfügen."

Alleine die Kommunen haben in Deutschland derzeit offene Forderungen von über 20 Milliarden Euro. "Durch ein konsequentes Forderungsmanagement könnte dieser Fehlbetrag erheblich reduziert werden." Spitz verweist auf das Beispiel der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden. Diese setzt in Fällen, wo sie selbst Forderungen nicht realisieren kann, auf Verwaltungshilfe durch Inkassounternehmen. Spitz: "Das bringt Mehreinnahmen, mit der die Stadt zum Beispiel Kinderspielplätze bezahlt oder Schlaglöcher auf den Straßen stopft."

NRW: Politik erlaubt Inkasso für Kommunen
Auf seinem Jahreskongress hatte der BDIU jüngst in Düsseldorf mit NRW-Spitzenpolitikern zu dem Thema diskutiert. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Rainer Schmeltzer äußerte sich dabei zwar zurückhaltend zum Beauftragen von Inkassounternehmen durch Kommunen – bei hoheitlichen Aufgaben sei das nicht möglich. Er stellte aber fest, dass das Wiesbadener Modell grundsätzlich auch für Städte und Gemeinden an Rhein und Ruhr gangbar sei, wenn die jeweilige Kommune das im Einzelfall wünsche. Etwa die Hälfte der fast 400 NRW-Kommunen befinden sich derzeit in einer Haushaltsnotlage beziehungsweise entsprechenden Programmen. BDIU-Chef Spitz appelliert an die Kämmerer dieser Städte, Mut auch zu bislang ungewöhnlichen Finanzierungswegen zu finden. "Die Bürgerinnen und Bürger werden es ihnen danken."

EU-Datenschutz gefährdet Zahlungsmoral
Deutliche Kritik äußern die Inkassounternehmen an den Plänen zu einer EU-Datenschutzgrundverordnung. Sie soll noch dieses Jahr auf den Weg gebracht werden. Das könnte zur Folge haben, dass Gläubiger bei der Beauftragung von Inkassounternehmen nachweisen müssen, dass ihre Schuldner mit der Weitergabe ihrer Daten einverstanden sind. 83 Prozent der Inkassounternehmen glauben, dass dadurch die Durchsetzung von Forderungen erheblich erschwert wird.

Auch Auskunfteien sind betroffen. Spitz: "Die Bonität von Kreditnehmern kann dann nicht mehr zuverlässig ermittelt werden. Das brächte mehr Zahlungsausfälle, deren Kosten wiederum alle redlichen Verbraucher mittragen müssten, denn sie bezahlen zum Ausgleich höhere Preise für Waren und Dienstleistungen."

77 Prozent der Inkassounternehmen prognostizieren daher, dass sich das Zahlungsverhalten wegen der Datenschutzgrundverordnung erheblich verschlechtern wird.

Trend-Eintrübung bei jungen Schuldnern
Ein weiteres Thema der Inkassoumfrage ist das Zahlungsverhalten junger Verbraucher. 57 Prozent der BDIU-Firmen bemängeln, dass 18- bis 24-jährige Verbraucher Rechnungen schlechter begleichen als über 25-Jährige. Noch vor zwei Jahren lag dieser Wert nur bei 45 Prozent.

Die häufigsten Gläubiger jüngerer Verbraucher sind Online- beziehungsweise Versandhändler. 89 Prozent der Inkassounternehmen bestätigen das. 82 Prozent berichten, dass zu hohe Konsumausgaben der Grund sind, warum jüngere Verbraucher Schulden haben. "Vielen von ihnen mangelt es offenbar an Finanzkompetenz", so BDIU-Vize Marion Kremer.

Kremer begrüßt daher den Vorschlag von Bundesbildungsministerin Wanka, ein Fach "Alltagswissen" einzuführen, in dem junge Menschen unter anderem lernen sollen, richtig mit Handyverträgen umzugehen.

Kremer weist darauf hin, dass die Inkassowirtschaft schon seit langem die Einführung eines Schulfaches "Umgang mit Geld" fordere. "In einem solchen Fach sollten Kinder auch zur Eigenverantwortung angeleitet und ermutigt werden. Unsere Gesellschaft und unser Wirtschaftsleben werden immer facettenreicher. Das erfordert von jungen Menschen heute mehr noch als früher die Fähigkeit, Dinge kritisch zu hinterfragen. Das ist mindestens so wichtig wie die Wissensvermittlung in Fächern wie Mathematik, Physik oder Deutsch." (BDIU: ra)

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Meldungen: Studien

  • Datenschutz als Innovations-Bremse

    Mehr als zwei Drittel der Unternehmen in Deutschland fühlen sich vom Datenschutz ausgebremst. 70 Prozent haben bereits mindestens einmal Pläne für Innovationen aufgrund von Datenschutz-Vorgaben oder Unsicherheiten bei der Anwendung des geltenden Rechts gestoppt. Vor einem Jahr lag der Anteil noch bei 61 Prozent. Aktuell sagen wie im Vorjahr 17 Prozent, dass sie einmal auf Innovationspläne verzichtet haben. Bei 35 Prozent war das dagegen bereits mehrfach der Fall (2024: 27 Prozent) und bei 18 Prozent sogar häufig (2024: 17 Prozent). Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von 605 Unternehmen ab 20 Beschäftigten in Deutschland im Auftrag des Digitalverbands Bitkom.

  • Gefahr von Cyberattacken

    IT-Verantwortliche bewerten das Risiko, dass ihr Unternehmen Opfer einer Cyberattacke wird, so hoch wie nie zuvor: Fast sieben von zehn Befragten (69 Prozent) befürchten laut einer aktuellen EY-Studie Hackerangriffe und bewerten die Gefahr dabei als "eher hoch" bis "sehr hoch". Besonders große Sorgen machen sich die Befragten in den Bereichen Technologie, Medien und Telekommunikation (82 Prozent), Energie und Metallverarbeitung (80 Prozent), Pharma und Gesundheit sowie Bau und Immobilien (jeweils 71 Prozent).

  • Revolution in der Fertigung

    NTT Data stellte die Ergebnisse ihrer neuesten Studie vor. Die Daten zeigen, dass Fertigungsunternehmen beim Einsatz von GenAI zwar vor einigen Hürden stehen, die Technologie aber das Potenzial hat, ein ganz neues Niveau an Effizienz und Innovationskraft hervorzubringen. Neben den vielen Anwendungsbereichen von GenAI untersuchte die Studie "Von der Fertigungshalle ins KI-Zeitalter: Haben Sie einen Masterplan oder Nachholbedarf?" auch die Herausforderungen, denen sich das produzierende Gewerbe gegenübersieht.

  • Drei Viertel lassen KI-Chancen liegen

    Ob zur Qualitätskontrolle, Automatisierung, Energieeinsparung oder Steuerung von Robotern - die Anwendungsmöglichkeiten für Künstliche Intelligenz in der Produktion sind zahlreich. Mit Blick auf die deutsche Industrie zeigt sich aber: Nur einem Viertel der Unternehmen gelingt es nach eigener Einschätzung bereits gut, die Potenziale von KI zu nutzen (24 Prozent). Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Befragung im Auftrag des Digitalverbands Bitkom, die unter 552 Industrieunternehmen des verarbeitenden Gewerbes ab 100 Beschäftigten in Deutschland durchgeführt wurde. Die übrigen drei Viertel sehen sich noch nicht imstande, entsprechende Möglichkeiten auszuschöpfen (72 Prozent).

  • Lösungsansätze gegen den GenAI-Gender Gap

    Frauen drohen bei Künstlicher Intelligenz (KI), die bis 2030 allein in Deutschland 3 Millionen Jobs verändern könnte, ins Hintertreffen zu geraten. So zeigen aktuelle Zahlen von Coursera, dass lediglich 27 Prozent der Lernenden in Generative-AI (GenAI)-Kursen in Deutschland (102.000 Einschreibungen) weiblich sind. Dies liegt noch unter dem weltweiten Durchschnitt von 32 Prozent und reicht im Ländervergleich gerade für einen Platz in den Top-Ten (Platz 9). Und das, obwohl sich allein auf Coursera im vergangenen Jahr weltweit alle 10 Sekunden jemand in einen GenAI-Kurs einschrieb.

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