Umgehung des Rauchverbots


Verbraucherzentrale NRW sieht Gesetzeslücken und Vollzugsprobleme bei der Durchsetzung des Nichtraucherschutzes in Nordrhein-Westfalen
92 Prozent der Rauchergaststätten sollen sich angeblich nicht an die gesetzlichen Vorschriften halten


(24.03.11) - Gesetzeslücken und Vollzugsprobleme kennzeichnen die Umsetzung des Nichtraucherschutzes in der nordrhein-westfälischen Gastronomie und in Diskotheken. Das sollen neue Studien des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), Heidelberg, und der Verbraucherzentrale NRW belegen.

In jeder dritten Gaststätte des größten deutschen Bundeslandes wird auch heute noch geraucht. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie des DKFZ, bei der im Februar 2011 mehr als 2.000 Betriebe in insgesamt 15 Städten überprüft wurden. Während in der Mehrzahl der Restaurants das Rauchen verboten ist, würden sich nur wenige Kneipen und Bars finden, in denen man rauchfrei ein Bier trinken könnte. Verstöße gegen die Bestimmungen des Nichtraucherschutzgesetzes seien in der Gastronomie an der Tagesordnung: 92 Prozent der Rauchergaststätten hielten sich nicht an die gesetzlichen Vorschriften. So würden selbst zubereitete Speisen angeboten und die Kennzeichnungspflichten, insbesondere zum Jugendschutz, ignoriert.

81 Prozent der Raucherclubs würden auf die obligatorischen Eingangskontrollen verzichten. 70 Prozent der Raucherräume entsprächen nicht den Vorgaben des Gesetzgebers. Häufig bestündekeine vollständige räumliche Abtrennung zum Nichtraucherraum.

"Unter all diesen Missständen leiden nicht nur die Gäste, sondern vor allem die Beschäftigten, die jeden Tag in der mit Tabakrauch kontaminierten Atemluft arbeiten müssen", sagt Martina Pötschke-Langer, Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention im Deutschen Krebsforschungszentrum.

Auch in den Diskotheken könne von einem wirksamen Schutz vor Passivrauchen keine Rede sein. Bei den Testbesuchen der Verbraucherzentrale NRW hätte sich Mitte März gezeigt, dass lediglich drei von 50 Tanzlokalen rauchfrei seien. In 34 Diskotheken gäbe es eine Raucherzone, die meist aber nur unzureichend vom Nichtraucherbereich abgetrennt ist. Von den 47 Diskotheken, in denen geraucht werde, hätten sich lediglich vier offiziell als Raucherclub deklariert.

Besonders bedenklich sei aus gesundheitlicher Sicht, dass in vielen Fällen auch im Bereich der Tanzfläche Zigaretten angezündet würden. Klaus Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW, sagte zu der Vielzahl der Gesetzesverstöße: "Dass junge Diskogänger – ganz gleich ob sie dem blauen Dunst frönen oder nicht – in einer ihrer bevorzugten Freizeiteinrichtung einem gesundheitsschädlichen Dauerqualm ausgesetzt sind, ist ein ernüchternder Befund. Die logische Konsequenz daraus: Sonderregelungen, die genügend Spielraum für missbräuchliche Nutzung zulassen, müssen in Nordrhein-Westfalen dringend abgeschafft werden."

Finanziell unterstützt wurden die beiden Studien von der Dieter Mennekes-Umweltstiftung aus Kirchhundem. Die Stiftung hat darüber hinaus eine Fotodokumentation zu den Rauchgewohnheiten beim rheinischen Kinderkarneval in Auftrag gegeben. Dabei habe sich herausgestellt, dass nur vier von 14 besuchten Veranstaltungen im Raum Köln-Bonn-Düsseldorf rauchfrei gewesen seien. Bei sieben Kinderfeiern hätte zwar im Festsaal ein Rauchverbot geherrscht. Da aber im Foyer geraucht worden sei und die Türen offen geständen hätten, sei der Qualm auch in die anderen Räume gezogen.

Skandalös wären die Zustände in drei Festzelten: Hier würde permanent und überall geraucht, sogar im Beisein von Säuglingen und Kleinkindern. "Die Kinder werden hier nicht nur vergiftet. Sie lernen auch von klein auf, dass Rauchen und Geselligkeit scheinbar zusammengehören. Mit dieser toxischen Form des Frohsinns muss endlich Schluss sein", sagte der Stiftungsgründer Dieter Mennekes.

Die drei Untersuchungen verdeutlichen nach Ansicht der Verbraucherzentrale NRW, dass Nichtraucher nur dann wirksam geschützt werden, wenn sämtliche öffentlich zugänglichen Innenräume rauchfrei bleiben. Die beteiligten Institutionen appellieren daher an den Gesetzgeber, die bestehenden Gesetzeslücken zu schließen, die Ausnahmeregelungen in der Gastronomie zu streichen und für die konsequente Umsetzung eines umfassenden Rauchverbotes zu sorgen. (Verbraucherzentrale NRW: ra)

Verbraucherzentrale NRW: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Meldungen: Studien

  • Datenschutz als Innovations-Bremse

    Mehr als zwei Drittel der Unternehmen in Deutschland fühlen sich vom Datenschutz ausgebremst. 70 Prozent haben bereits mindestens einmal Pläne für Innovationen aufgrund von Datenschutz-Vorgaben oder Unsicherheiten bei der Anwendung des geltenden Rechts gestoppt. Vor einem Jahr lag der Anteil noch bei 61 Prozent. Aktuell sagen wie im Vorjahr 17 Prozent, dass sie einmal auf Innovationspläne verzichtet haben. Bei 35 Prozent war das dagegen bereits mehrfach der Fall (2024: 27 Prozent) und bei 18 Prozent sogar häufig (2024: 17 Prozent). Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von 605 Unternehmen ab 20 Beschäftigten in Deutschland im Auftrag des Digitalverbands Bitkom.

  • Gefahr von Cyberattacken

    IT-Verantwortliche bewerten das Risiko, dass ihr Unternehmen Opfer einer Cyberattacke wird, so hoch wie nie zuvor: Fast sieben von zehn Befragten (69 Prozent) befürchten laut einer aktuellen EY-Studie Hackerangriffe und bewerten die Gefahr dabei als "eher hoch" bis "sehr hoch". Besonders große Sorgen machen sich die Befragten in den Bereichen Technologie, Medien und Telekommunikation (82 Prozent), Energie und Metallverarbeitung (80 Prozent), Pharma und Gesundheit sowie Bau und Immobilien (jeweils 71 Prozent).

  • Revolution in der Fertigung

    NTT Data stellte die Ergebnisse ihrer neuesten Studie vor. Die Daten zeigen, dass Fertigungsunternehmen beim Einsatz von GenAI zwar vor einigen Hürden stehen, die Technologie aber das Potenzial hat, ein ganz neues Niveau an Effizienz und Innovationskraft hervorzubringen. Neben den vielen Anwendungsbereichen von GenAI untersuchte die Studie "Von der Fertigungshalle ins KI-Zeitalter: Haben Sie einen Masterplan oder Nachholbedarf?" auch die Herausforderungen, denen sich das produzierende Gewerbe gegenübersieht.

  • Drei Viertel lassen KI-Chancen liegen

    Ob zur Qualitätskontrolle, Automatisierung, Energieeinsparung oder Steuerung von Robotern - die Anwendungsmöglichkeiten für Künstliche Intelligenz in der Produktion sind zahlreich. Mit Blick auf die deutsche Industrie zeigt sich aber: Nur einem Viertel der Unternehmen gelingt es nach eigener Einschätzung bereits gut, die Potenziale von KI zu nutzen (24 Prozent). Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Befragung im Auftrag des Digitalverbands Bitkom, die unter 552 Industrieunternehmen des verarbeitenden Gewerbes ab 100 Beschäftigten in Deutschland durchgeführt wurde. Die übrigen drei Viertel sehen sich noch nicht imstande, entsprechende Möglichkeiten auszuschöpfen (72 Prozent).

  • Lösungsansätze gegen den GenAI-Gender Gap

    Frauen drohen bei Künstlicher Intelligenz (KI), die bis 2030 allein in Deutschland 3 Millionen Jobs verändern könnte, ins Hintertreffen zu geraten. So zeigen aktuelle Zahlen von Coursera, dass lediglich 27 Prozent der Lernenden in Generative-AI (GenAI)-Kursen in Deutschland (102.000 Einschreibungen) weiblich sind. Dies liegt noch unter dem weltweiten Durchschnitt von 32 Prozent und reicht im Ländervergleich gerade für einen Platz in den Top-Ten (Platz 9). Und das, obwohl sich allein auf Coursera im vergangenen Jahr weltweit alle 10 Sekunden jemand in einen GenAI-Kurs einschrieb.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen