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Archivierung: Schlüssel zu Compliance


Compliance-Regelungen für Archive: Komplexität und Aufwand für Compliance nimmt erheblich zu - Grundsätzlich gilt: Mittelständler müssen gleiche Regeln wie Großunternehmen beachten
Die E-Mail-Archivierung gewinnt angesichts der E-Mail-Flut in den Unternehmen und den sich parallel verschärfenden rechtlichen Vorschriften an Bedeutung


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Matthias Rabeneck:
Matthias Rabeneck: Nichts geht ohne Daten - auch nicht Compliance, Bild: Hitachi data Systems

Von Matthias Rabeneck*

(10.08.07) - Die Zahl und Bedeutung nationaler und internationaler gesetzlicher Regelungen für Unternehmen unterschiedlicher Branchen steigt kontinuierlich an. Nicht zuletzt war es das Fehlverhalten einiger Manager in den letzten Jahren, das zur deutlichen Verschärfung der gesetzlichen und außergesetzlichen Regelwerke (z.B. durch die Börsenaufsicht) in vielen Ländern geführt hat. So ist der viel zitierte Sarbanes-Oxley Act (SOX) in den USA 2002 als direkte Reaktion auf die Bilanzskandale der Konzerne Enron und Worldcom entstanden. Damit wurde eine weit reichende persönliche Haftung des Vorstands für falsch publizierte Informationen und für die Funktionsfähigkeit des Kontrollsystems installiert.

Die Zeche für die Korruption weniger Firmen zahlen alle Unternehmen: Sie müssen die strengen Anforderungen dieser relativ neuen Regelwerke erfüllen. In Deutschland sind dies beispielsweise die Datenschutzgesetze oder das KonTraG (Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich zur Verbesserung der Corporate Governance in deutschen Unternehmen). Auf europäischem Level wird die Richtlinie Basel II (Vorschrift zur Schaffung eines risikobewussteren Kapitalrahmens in internationalen Geldinstituten) relevant. International ausgerichtete Unternehmen sind auch noch von US-amerikanischen Gesetzen wie SOX oder IAS (International Accounting Standards) betroffen, die die Unternehmensberichterstattung verbessern sollen.

Was auch immer heute schon auf ein Unternehmen zutreffen mag: Es wird noch mehr. Dann die Experten sind sich einig, dass die Anforderungen für die Einhaltung der regulativer Vorgaben in den nächsten Jahren weiter ansteigen werden. Dabei kann es bereits jetzt eine große Herausforderung sein, aktuelle konkrete Informationen über die Anforderungen bei der Umsetzung und Einhaltung der Richtlinien zu erhalten – ganz zu schweigen von Handlungsanweisungen. Dies beginnt mit der Frage, welche Vorgaben überhaupt von dem individuellen Unternehmen eingehalten werden müssen. Grundsätzlich gilt, dass Mittelständler die gleichen Regeln, die für Großunternehmen gelten, beachten müssen. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit ist ihnen aber etwas mehr Freiheit erlaubt. In dem Maße, in dem Unternehmen komplexer und internationaler werden, nehmen auch die Komplexität und der Aufwand für Compliance erheblich zu. Für manche Branchen gelten zusätzliche Vorschriften – etwa für Banken, Finanzunternehmen oder auch für das Gesundheitswesen. Hier steht der Schutz von Kunden- bzw. Patientendaten im Vordergrund.

Compliance-Regelungen für Archive
Egal wie groß ein Unternehmen ist, ein Finanzbeamter muss bei Betriebsprüfungen auf Teile der Computersysteme zugreifen können. Dies besagen die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU): Sie verpflichten Unternehmen, steuerrelevante Daten gemäß der Abgabenordnung in auswertbarer Form für eine Außenprüfung des Finanzamtes zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus müssen Unternehmen den "Grundsätzen ordnungsgemäßer DV-gestützter Buchführungssysteme" (GoBS) entsprechen. Die GoBS regeln die Behandlung aufbewahrungspflichtiger Daten und Dokumente in elektronischen Buchführungs- sowie in revisionssicheren Archivierungssystemen. Die Ablage hat so zu erfolgen, dass Änderungen nicht mehr möglich sind, die Art der Ablage nachvollziehbar ist, die Informationen jederzeit verfügbar und unverzüglich für autorisierte Personen lesbar sind.

Für Finanzbuchhaltungsdaten, die auf jeden Fall für Betriebsprüfer relevant sind, schreiben die gesetzlichen Vorgaben eine revisionssichere Aufbewahrung vor. Zudem ist die Erstellung einer Verfahrensdokumentation laut GoBS Pflicht. Das bedeutet, dass alles was mit den steuerlich relevanten Daten passiert, dargestellt sein muss – von der Erstellung der Daten bis hin zur Archivierung. Darüber hinaus wird die Archivierung von vielen Gesetzen wie Handels- und Steuerrecht, Zivil- und Strafrecht, Signaturgesetz, Datenschutz, Urheberrecht, Betriebsverfassungsgesetz und Produkthaftungsgesetz geregelt. Wenn die Schriftform eines Dokuments nicht explizit vorgegeben ist, gelten für die elektronische Archivierung die gleichen Bedingungen wie für die Papierform. Eine durchgehende Verfahrensdokumentation ist in allen von der Archivierung betroffenen Bereichen von zentraler Bedeutung und Bestandteil der unternehmerischen Sorgfaltspflicht.

E-Mail-Archivierung wird immer wichtiger
Die E-Mail-Archivierung gewinnt angesichts der zunehmenden E-Mail-Flut in den Unternehmen und den sich parallel verschärfenden rechtlichen Vorschriften an Bedeutung: Viele E-Mails enthalten geschäftskritische Informationen wie Verhandlungsvereinbarungen, Kundendaten oder Vertragsabsprachen. Rund 60 Prozent der E-Mails im Unternehmen sind für mindestens einen der folgenden Bereiche relevant: firmeninterne Dokumentation, Steuerrecht, Börsenaufsicht, BGB oder ZPO. Mit der Einführung der qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz im Jahre 2002 gelten E-Mail vor Gericht stärker als Beweis. Für die Unternehmenspraxis bedeutet dies: Rechtsrelevante E-Mails sind im Original mit sämtlichen Anhängen jahrelang digital zu archivieren und zwar auch dann, wenn Ausdrucke angefertigt wurden.

Regeln für das aktive Archivieren
Ein intelligentes Archivierungskonzept stützt sich auf mehrere Regeln: Steuerrelevante Daten sollen unverändert, maschinell auswertbar und jederzeit für die Dauer von zehn Jahren zugänglich sein. Die Archivierung sollte eine dauerhafte Bewahrung von elektronischen Akten möglichst ohne Informationsverlust gewährleisten und einem internationalen Standard entsprechen.

Das Unternehmen hat dafür Sorge zu tragen, dass relevante Dokumente unveränderbar, verlustsicher, unter angemessenem Aufwand, in einer angemessenen Zeit, in ordnungsgemäßer Zuordnung und im gesamten Zeitraum der Aufbewahrungspflicht bereitstellbar sind. Alle archivierungsrelevanten Vorgänge müssen vollständig sein und alle vorgangs-, dokumenten- oder aktenbezogene Meta-, Bearbeitungs- und Protokollinformationen im Aktenzusammenhang enthalten. Ein wichtiger Aspekt ist die vorschriftsmäßige Klassifizierung von archivierungsfähigen und –notwendigen Daten und der dazugehörigen Geschäftsprozessregel.

Für eine lückenlose Historie sollten zusätzlich zu den einzelnen Daten sowohl die Metainformationen als auch die Zugriffsprotokolle archiviert werden, damit eine lückenlose Datenhistorie abgebildet werden kann. Die Revisionssicherheit muss garantiert sein – das heißt, dass Manipulierung und Veränderungen der archivierungsrelevanten Daten nach deren Erstellung ausgeschlossen oder zumindest dokumentiert sind. Durch eine Rückwärtsabwicklung aller Vorgänge muss der ursprüngliche Zustand jedes einzelnen Datensatzes und der Dokumente zu rekonstruieren sein. Dies bezieht sich auf strukturierte und unstrukturierte Daten sowie auf die zugehörigen Metadaten. Bei rechtskritischen Daten sollte gewährleistet sein, dass sicherheitstechnische Maßnahmen, wie etwa digitale Signatur oder Authentifizierungs-Stempel einbezogen werden.

Archivierte Daten als Basis für Intelligenz
Nichts geht ohne Daten – auch nicht Compliance. Um all den Anforderungen an Compliance gerecht zu werden, müssen zunächst einmal die Firmendaten korrekt verwaltet und aufbewahrt werden. Eine intelligente Archivierungslösung kann einem Unternehmen schon viel Compliance-Arbeit ersparen. Die Datenarchivierungslösung sollte insbesondere auch vor dem Hintergrund des stetig steigenden Datenvolumens skalierbar sein. Die Themen Berechtigungen, Betriebskonzept, Datenmigration und Beschreibung der sachlogischen Zusammenhänge stellen hierbei zentrale Inhalte dar. Kurz, für Compliance ist ein gut strukturiertes und verwaltetes Archiv ein absolutes Muss. Doch Archivierung ist nicht nur eine Last, sondern kann durchaus auch – ohne sofort an Compliance zu denken – zum Vorteil werden. Immerhin können indizierte und damit schnell wiederauffindbare Daten jederzeit als Basis für Geschäftsentscheidungen dienen. (Hitachi Data Systems: ra)

* Matthias Rabeneck ist Marketing Director bei Hitachi Data Systems GmbH



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  • Data Act könnte schon 2024 in Kraft treten

    Wir erleben es jeden Tag: Datenmengen steigen ins Unermessliche. Die Prognose der EU-Kommission erwartet allein in der EU zwischen 2020 und 2030 einen Anstieg des Datenflusses in Cloud- und Edge-Rechenzentren um 1500 Prozent - kein Tippfehler. Entsprechend riesig ist das wirtschaftliche Potential, denn Daten sind der zentrale Rohstoff etwa für das Internet of Things. Das wiederum wird von der EU im Jahr 2030 (1) auf eine wirtschaftliche Gesamtleistung auf bis zu elf Billionen Euro geschätzt. Somit ist der EU Data Act, der in einem ersten Entwurf im Frühjahr 2022 von der EU-Kommission vorgestellt wurde, in seiner Bedeutung für die Datenökonomie nicht zu unterschätzen. Es geht nämlich um die Rahmenbedingungen für den Austausch von Daten: Das heißt, alle Geschäftsmodelle, die auf vernetzten Produkten und Dienstleistungen beruhen, sind betroffen. Und die Zeit steht nicht still. Der Data Act könnte schon 2024 in Kraft treten.

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    Der Datenschutz wurde durch die im Mai 2018 in Kraft getretene EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) europaweit geschärft und die Rechte der Betroffenen gestärkt. Die Aufsichtsbehörden sind mittlerweile aktiv geworden und verhängen teils empfindliche Strafen, wenn Unternehmen und Konzerne mit dem Schutz der User- und Kundendaten zu lax umgehen. Unternehmen, die online Leads und Kunden generieren, sollten deswegen ein Auge auf die Details haben und nur mit seriösen Partnern zusammenarbeiten, die eine DSGVO-konforme Verarbeitung von Daten nachweisen können. Das Inkrafttreten der DSGVO im Mai 2018 rollte wie eine Schockwelle durch die Welt des Online-Business und der Leadgenerierung. Denn die europäische Datenschutzgrundverordnung hat den Schutz personenbezogener Daten ausgeweitet und verschärft. Ziel war es, ein europaweit gleich hohes Schutzniveau zu erreichen, die Verfahren gegen Verstöße zu vereinfachen und den Datenschutz dem technischen Fortschritt der Digitalisierung anzupassen.

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    Deutsche Behörden tun sich schwer, ihre Angebote für Bürger und Bürgerinnen digital anzubieten. Das aktuelle Onlinezugangsgesetz (OZG) macht aber Bund, Ländern und Kommunen jetzt kräftig Druck. Geht es nach dem Gesetzgeber, sollen bis Jahresende rund 600 Verwaltungsdienstleistungen in digitaler Form bereitstehen - und zwar bundesweit.

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