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Schlachtung und Absatz von Schlachtfleisch


Kein Schwein gehabt: Bundeskartellamt untersagt Übernahme von Vion-Schlachthöfen durch Tönnies
Im Juni 2024 hatte Vion bekanntgegeben, sich weitgehend aus ihrer bisherigen Geschäftstätigkeit in Deutschland zurückzuziehen und ihre Standorte in Deutschland zu verkaufen



Das Bundeskartellamt hat das Vorhaben der Tönnies International Management GmbH untersagt, mehrere Unternehmen und Beteiligungen von der Vion GmbH und der Vion Beef B.V., insbesondere die Schlachthöfe in Buchloe, Crailsheim und Waldkraiburg, zu erwerben.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Die Übernahme der Vion-Standorte hätte die Marktposition von Tönnies zum Nachteil der Landwirtinnen und Landwirte und der verbleibenden kleineren Wettbewerber in den betroffenen Regionen bedenklich verstärkt. Tönnies hätte neben seiner bereits dominierenden Position in der Schlachtung und Verarbeitung von Schweinen in Deutschland auch im Bereich Rinder eine Führungsposition erlangt. Die Übernahme würde die Ausweichmöglichkeiten der Erzeuger und Abnehmer verringern und so die Marktstellung der Tönnies-Gruppe und deren Handlungsspielräume erweitern. Nachteile wären auch bundesweit für Abnehmer von Schlachtprodukten entstanden."

Die Tönnies‐Gruppe mit Sitz in Rheda‐Wiedenbrück ist ein Familienunternehmen mit Schwerpunkt im Bereich der Schlachtung und Zerlegung von Schweinen und Rindern, der Verwertung von Schlachtnebenprodukten sowie der Herstellung von Fleischerzeugnissen aus Schweine-, Rind- und Geflügelfleisch. Die Tönnies-Gruppe beschäftigt mehr als 20.000 Mitarbeitende und erzielte im Geschäftsjahr 2023 weltweite Umsätze von ca. 7,8 Milliarden Euro.

Die Veräußerin, die Vion Food-Gruppe, ist ansässig in Boxtel (Niederlande) und ein international tätiger Hersteller von Fleisch, Fleischerzeugnissen und pflanzlichen (Fleisch-)Alternativen. Sie verfügt über Produktionsstandorte und Handelsgesellschaften in den Niederlanden, Deutschland und weiteren europäischen Ländern. Im Jahr 2023 setzte sie rund 5,1 Milliarden Euro um.

Im Juni 2024 hatte Vion bekanntgegeben, sich weitgehend aus ihrer bisherigen Geschäftstätigkeit in Deutschland zurückzuziehen und ihre Standorte in Deutschland zu verkaufen. Im Zuge dieses Rückzugs haben Bundeskartellamt und Europäische Kommission bereits seit Anfang 2024 mehrere Fusionsvorhaben in Bezug auf bisherige Vion-Standorte geprüft und bislang auch freigegeben.

Das Übernahmevorhaben hätte Auswirkungen auf verschiedene, wettbewerblich voneinander zu unterscheidende Bereiche der Schlachtung und des Absatzes von Schlachtfleisch. Dies umfasst die Erfassung von Rindern und Schweinen zur Schlachtung, die Schlachtung selbst, die Zerlegung und den Absatz der Schlachtprodukte. Das Schlachtfleisch und die Schlachtnebenprodukte werden innerhalb einer komplexen Wertschöpfungskette u. a. zu Fleischprodukten weiterverarbeitet und vertrieben.

Bei der Erfassung und Schlachtung sind die wettbewerblich relevanten Märkte nach den jeweiligen Einzugsgebieten der Schlachtstätten regional abzugrenzen. Zugrunde gelegt wurden dabei Radien von 200 bis 300 Kilometern Fahrdistanz. Bei der Weiterverarbeitung und dem Absatz von Fleischerzeugnissen handelt es sich hingegen um mindestens bundesweite Märkte.

Auf Basis umfangreicher Ermittlungen bei Wettbewerbern und Kunden sowie der Auswertung der Erfassungsstrukturen von Schlachttieren anhand von Erfassungsdaten der Schlachthöfe sowie Datenbanken des Bundes und der Länder ist das Bundeskartellamt zu der Auffassung gelangt, dass der Zusammenschluss auf mehreren regionalen Schlachtmärkten in Süd- und Ostdeutschland zur Entstehung bzw. zur Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung von Tönnies führen würde.

Vion ist der bisherige Marktführer im Bereich der Rinderschlachtung in Süddeutschland. Die Betriebe in Waldkraiburg und Buchloe sind ausschließlich in der Schlachtung von Rindern und der Zerlegung tätig. Die Schlachtstätte Crailsheim ist ein Kombibetrieb, in dem sowohl Rinder als auch Schweine geschlachtet und zum Teil zerlegt werden. Tönnies betreibt bereits Schlachthöfe in angrenzenden Gebieten: Altenburg und Kempten (Rinder) und Weißenfels (Schweine).

Nach der Übernahme der Vion-Standorte würde Tönnies in den Einzugsgebieten der Schlachthöfe in Buchloe, Waldkraiburg und Kempten Marktanteile von deutlich über 40 Prozent erreichen, mit weitem Abstand zu den verbleibenden, deutlich kleineren Wettbewerben.

Weiterhin würde das Zusammenschlussvorhaben auf dem regionalen Schlachtmarkt für Schweine, der durch das Einzugsgebiet der Schlachtstätte in Weißenfels gebildet wird, zur Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung führen, über die Tönnies in diesem Gebiet bereits verfügt. Hier ist Tönnies bei Schweinen bereits mit großem Marktanteilsabstand Marktführer und würde diese Position durch den Erwerb des Standorts Crailsheim, dessen Erfassungsgebiet sich mit dem Marktgebiet um den Standort Weißenfels überschneidet, weiter ausbauen.

Durch die Fusion würde Tönnies auch seine Marktführerschaft in Deutschland auf den Absatzmärkten für die Vermarktung von Schweinen (ganze Tiere bzw. Schweinehälften) und Schweine-Schlachtfleisch weiter ausbauen und auf dem Absatzmarkt für die Vermarktung von Rindern (ganze Tiere bzw. Rinderhälften) zum Marktführer aufsteigen.

Für die Entstehung der marktbeherrschenden Stellung von Tönnies sprachen weitere Faktoren wie Marktzutrittsschranken für potentielle neue Wettbewerber, Größenvorteile beim Zugang zu Erfassungs- und Absatzmärkten, Verbindungen und Verflechtungen von Tönnies mit weiteren Unternehmen, die vertikale Integration und Finanzkraft der Tönnies-Gruppe sowie die begrenzten Ausweichmöglichkeiten der Landwirtinnen und Landwirte als Erzeuger. Diese Faktoren wirken sich in einem Markt aus, in dem das Angebot an Schlachttieren stärker zurückgeht, als die Nachfrage nach Fleisch.

Den Beteiligten wurden die wettbewerblichen Bedenken im März 2025 in Form eines Anhörungsschreibens mitgeteilt. Daraufhin haben die Beteiligten Ende April Vorschläge für Zusagen unterbreitet mit dem Ziel, die wettbewerblichen Bedenken auszuräumen. Die Vorschläge betrafen die Veräußerung und Verpachtung von Standorten an von Tönnies bestimmte Erwerber. Aus Sicht des Bundeskartellamtes waren diese Zusagen jedoch nicht geeignet, die Entstehung bzw. Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung auf den betroffenen Märkten abzuwenden. Dagegen sprach sowohl die konkrete Ausgestaltung der Zusagen als auch die fehlende Unabhängigkeit der geplanten Erwerber von der Tönnies-Gruppe.

Der Beschluss des Bundeskartellamtes ist noch nicht bestandskräftig. Gegen ihn kann Beschwerde eingereicht werden, über die dann das Oberlandesgericht Düsseldorf zu entscheiden hätte. (Bundeskartellamt: ra)

eingetragen: 14.06.25


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