Sie sind hier: Home » Recht » Datenschutz und Compliance

Kontrovers: Sicherheit kontra Datenschutz


Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), Peter Schaar mahnt an, die Notwendigkeit bestehender Sicherheitsgesetze zu überprüfen
Eine Evaluierung durch die die Sicherheitsgesetze vollziehende Gewalt selbst sei nicht akzeptabel


(17.09.10) - Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA wurden auch die deutschen Sicherheitsbehörden mit zahlreichen neuen Befugnissen ausgestattet. Viele der gesetzlichen Regelungen sind in ihrer Geltung allerdings zeitlich befristet und vor deren Verlängerung einer Evaluierung zu unterziehen.

Hierzu erklärt der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), Peter Schaar:

"Der Staat beschränkt sich nicht mehr darauf, Straftaten zu verfolgen und konkrete Gefahren abzuwehren. Polizei und Nachrichtendienste sind zunehmend weit im Vorfeld der Gefahrenabwehr tätig und erheben dabei anlasslos, oftmals sogar massenhaft, personenbezogene Daten.

Davon sind in starkem Maße auch unbescholtene Bürgerinnen und Bürger betroffen, die nichts mit dem Terrorismus zu tun haben und gegen die keinerlei Verdacht vorliegt, dass sie eine andere schwere Straftat begangen haben oder planen. Es ist deshalb an der Zeit, die seit 2001 eingeführten Befugnisse einer ergebnisoffenen, unabhängigen wissenschaftlichen Überprüfung zu unterziehen.

Eine Evaluierung durch die die Sicherheitsgesetze vollziehende Gewalt selbst, wie in den vergangenen Jahren geschehen, hielte ich nicht für akzeptabel."

Schaar verweist darauf, dass der Gesetzgeber wesentliche, besonders eingriffsintensive Befugnisse zeitlich befristet und deren Fortgeltung von einer zuvor durchzuführenden Evaluierung abhängig gemacht hat. Nur so könne festgestellt werden, welche Eingriffe und Beschränkungen des Datenschutzes wirklich zur Verbesserung der inneren Sicherheit erforderlich seinen und wo sich die Erwartungen des Gesetzgebers nicht erfüllt haben, so dass ein Fortbestand der entsprechenden Befugnisse nicht gerechtfertigt sei.

Dies setze eine systematische, ergebnisoffene und wissenschaftlich fundierte Überprüfung auf der Grundlage eines umfassenden Bewertungsansatzes durch unabhängige Experten voraus. Nur so entstehe eine Bewertungsgrundlage, die den Gesetzgeber in die Lage versetze über den Fortbestand bestehender Regelungen zu entscheiden.

Kernpunkte der neuen Sicherheitsarchitektur seien
>> die Terrorismusbekämpfungsgesetze von 2002 und 2006 mit weit gehenden Befugniserweiterungen für die Nachrichtendienste,
>> die im März 2007 eingeführte Anti-Terror-Datei, in der Polizei und Nachrichtendienste erstmals ihre Erkenntnisse in einer gemeinsamen Datenbank verarbeiten,
>> die dem Bundeskriminalamt eingeräumten präventiven Eingriffsbefugnisse u. a. zur Telekommunikations- und Wohnraumüberwachung sowie zur Online-Durchsuchung informationstechnischer Systeme und
>> die Kooperationszentren, in denen Polizei und Nachrichtendienste eng zusammenarbeiten.

>> Seit November 2007 werden Fingerabdrücke und digitale Gesichtsbilder in Reisepässen, und demnächst auch in Personalausweisen gespeichert.

>> Zu den mit der Terrorismusbekämpfung begründeten Maßnahmen gehören auch die durch eine EG-Richtlinie vorgeschriebene Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten,
>> ferner die Übermittlung von Flugpassagierdaten und von Finanztransaktionsdaten in die USA. (BfDI: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Datenschutz und Compliance

  • Maßnahme zu Cloud-Diensten

    Der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) ist in seiner Sitzung mit der Task Force Cookie-Banner sowie mit seiner koordinierten Maßnahme zu Cloud-Diensten zu Ergebnissen gekommen. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), Professor Ulrich Kelber, begrüßt die Fortschritte zu einer einheitlicheren Aufsicht in diesen Bereichen.

  • Verstoß gegen die DSGVO

    Der Bundesbeauftragter für den Datenschutz (BfDI), Prof. Ulrich Kelber, erteilt der unsicheren Feature-Spezifikationsvariante "Abruf der E-Rezepte in der Apotheke nach Autorisierung" kein Einvernehmen. Die geplante Schnittstelle ist nicht nach dem Stand der Technik abgesichert und verstößt damit gegen die DSGVO. Er schlägt eine sichere, für die Versicherten, Ärzte und Apotheker vollkommen funktionsgleiche Alternative vor, bei der im Hintergrund andere Verfahren genutzt werden.

  • Einigung der G7-Digitalministerien

    Der BfDI, Prof. Ulrich Kelber, zeigt sich zufrieden mit dem Ergebnis des diesjährigen G7-Roundtable der Datenschutzaufsichts- und Privacy-Behörden: "Wir haben uns darauf geeinigt, gemeinsam an Grundlagen für einen freien und vertrauensvollen Datenfluss zu arbeiten und hierbei den Schutz der persönlichen Daten der Bürgerinnen und Bürger in den Fokus zu stellen. Für diesen Weg des "Data Free Flow with Trust" oder DFFT werden wir bei unseren jeweiligen Regierungen werben."

  • EU-Kommission evaluiert JI-Richtlinie

    Die EU-Kommission hat am 26. Juli 2022 ihren Bericht zur Evaluierung der JI-Richtlinie (Datenschutz-Richtlinie im Bereich von Justiz und Inneres) vorgelegt. Die Kommission stellt in ihrem Bericht fest, dass die JI-Richtlinie insgesamt ein hohes Datenschutzniveau gewährleistet, allerdings noch Defizite bei der Umsetzung in die nationalen Rechtsvorschriften bestehen.

  • BfDI genehmigt Verhaltensregeln für Notare

    Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), Professor Ulrich Kelber, hat datenschutzrechtliche Verhaltensregeln für Notare in Deutschland genehmigt. Es ist die erste Genehmigung auf Bundesebene nach Art. 40 DSGVO.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen