Sie sind hier: Home » Recht » Datenschutz und Compliance

Callcenter sind im Besitz von Kontodaten


Datenmissbrauch: Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein hat anonym eine CD mit über 17.000 Datensätzen erhalten
Die Namen der Excel-Dateien sollen angeblich auf die Süddeutsche Klassenlotterie (SKL) hinweisen


(13.08.08) - Immer häufiger beschweren sich Verbraucher über Anrufe von Callcentern, die irgendwelche Waren oder Dienstleistungen verkaufen wollen. Besonders häufig sind Glückspielangebote Inhalt dieser ungebetenen und ungesetzlichen "Cold Calls". Verbraucher, die durch solche Anrufe belästigt wurden, mussten bisher nicht unbedingt fürchten, dass ihr Konto leer geräumt wird. Das ist jetzt anders, denn den Callcentern liegen nach einer Information der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein Listen vor, in denen die Kontoverbindungen der Angerufenen stehen.

"Diese Tatsache ist erschreckend! Uns sind die ersten Fälle bekannt, in denen von Konten der betroffenen Verbraucher abgebucht wurde, obwohl diese unmissverständlich jegliche Teilnahme an einem Glücksspiel ablehnten", sagte Thomas Hagen, Sprecher der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein.

Im Dunkeln blieb bislang, woher die Daten stammen. Viele Betroffene, die sich bei der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein beschwerten, gaben an, dass sie vor längerer Zeit SKL-Lose per Kontoabbuchung bezahlt haben. Die Verbraucherzentrale hat anonym eine CD mit über 17.000 Datensätzen erhalten. Neben dem Namen, der vollständigen Adresse mit Telefonnummer und dem vollständigen Geburtsdatum sind die kompletten Bankdaten von über 17.000 Verbrauchern auf dieser Diskette gespeichert. Die Namen der Excel-Dateien sollen laut Hinweis der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein auf die Süddeutsche Klassenlotterie (SKL) hinweisen.

"Es sind nur ein paar Mausklicks und solche Daten können kopiert, per Mail versand und somit sehr schnell öffentlich zugänglich gemacht werden, was dem Missbrauch Tür und Tor öffnet", sagte Hagen weiter.
Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein rät daher, die Kontoauszüge regelmäßig zu prüfen. Dies gilt auch für Kontobewegungen von Angehörigen, die aufgrund von Alter oder Krankheit den Überblick verlieren und dank des bekannten Geburtsdatums leichte Beute unseriöser Anbieter werden können.

Banken und Sparkassen sollten die Möglichkeit einräumen, dass Abbuchungen unbekannter Quellen nicht ausgeführt werden, wenn der Kontoinhaber dies wünscht – auch wenn jetzt schon unberechtigt abgebuchte Beträge innerhalb von sechs Wochen zurückgefordert werden können.

Die Verbraucherzentrale hat nach Kenntnis dieses Vorganges das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz (ULD) informiert, das weitere juristische Schritte, unter anderem die Einleitung eines Strafverfahrens, vornehmen wird.

Der Leiter des ULD, Thilo Weichert, gibt Tipps, um den Missbrauch von Kontodaten zu verhindern:
"Bei der Preisgabe der privaten Kontoverbindung sollte man absolut zurückhaltend sein, v. a. im Internet oder am Telefon. Mindestens alle zwei Wochen sollten die eigenen Kontoauszüge kontrolliert werden, ob unerwünschte bzw. unberechtigte Abbuchungen vorgenommen wurden; diesen muss umgehend bei der eigenen Bank widersprochen werden. Sobald jemand erfährt, dass Unbefugte die eigenen Kontodaten nutzen, sollte die Verbraucherzentrale oder die zuständige Datenschutzbehörde – in Schleswig-Holstein also das ULD – mit weiteren Ermittlungen beauftragt werden. Denn von solchen Datenmissbräuchen sind zumeist viele Tausend Menschen betroffen."

Die Süddeutsche Klassenlotterie (SKL) nimmt zu diesem Vorfall auf ihrer Webseite wie folgt Stellung:
"Die SKL hat nie Daten von ihren Kunden an Dritte weitergegeben. Ebenso hat sich die SKL bereits mit der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein in Verbindung gesetzt, um eine schnellstmögliche Klärung der Datenherkunft zu erreichen und ggf. rechtliche Schritte einleiten zu können. 'Wir verurteilen jede Form des Datenmissbrauchs und haben an der Aufklärung großes Interesse', erklärt Dr. Gerhard Rombach, Direktor der SKL. 'In diesen Fragen arbeiten wir stets eng mit den zuständigen Staatsanwalt- schaften, Datenschutzbeauftragten und Aufsichtsbehörden zusammen, um evtl. Missbrauch zu bekämpfen und den Sachverhalt aufzuklären.'

Bis zum in Kraft treten des neuen Glücksspielstaatsvertrags zum 1. Januar 2008 erfolgte der aktive Vertrieb von SKL-Losen auch über den Vertriebsweg Telefon. Die SKL weist darauf hin, dass den für den Vertrieb der SKL-Lose zuständigen Lotterieeinnehmern sowie den beauftragten Call Centern strengste Qualitätsrichtlinien - sogenannte Mindestvertragsklauseln - vorgegeben wurden, um die Seriosität und Qualität der Call-Center-Tätigkeiten gewährleisten zu können. Wesentliche Vertragsgrundlage hierbei waren die unter Vertragsstrafe gesetzten Vorgaben zur Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen, die Sicherung der Daten vor unbefugtem Zugriff sowie die Unterlassung der Weitergabe der Daten an Dritte.

Sollte sich trotzdem der o. g. Verdacht eines Datenmissbrauchsfalles aus den Reihen ehemaliger, ausschließlich für die SKL-Lotterieeinnehmer tätigen, Call-Center bestätigen, wird die SKL - wie in der Vergangenheit auch - konsequent dagegen vorgehen und alle notwendigen rechtlichen und organisatorischen Maßnahmen einleiten.

Zum Hintergrund: SKL-Lose werden von staatlich beauftragten Lotterieeinnehmern verkauft. Diese verwalten auch die Daten der Kunden, die SKL selbst hat keine Kundendaten. Ein Direktvertrieb durch die SKL erfolgt nicht. Seit dem 01.01.2008 gilt der neue Glücksspielstaatsvertrag, der für alle Glücksspielanbieter den aktiven Telefonverkauf untersagt."
(Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein: Süddeutsche Klassenlotterie: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Datenschutz und Compliance

  • Bekämpfung von Finanzkriminalität

    Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung von Finanzkriminalität (Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz - FKBG) wird ein Maßnahmenpaket zur Geldwäschebekämpfung geschnürt. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), Professor Ulrich Kelber, kritisiert, dass einige der Vorschriften datenschutz- und verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügen.

  • DSGVO zu einer effektiven Durchsetzung verhelfen

    Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), Professor Ulrich Kelber, begrüßt, dass sich die europäischen Datenschutzaufsichtsbehörden und der Europäische Datenschutzbeauftragte (EDSB) für schnellere und transparentere Verfahren bei der Bearbeitung von grenzüberschreitenden Fällen aussprechen. Gerade bedeutende Fälle mit vielen Betroffenen oder weitreichenden Folgen für den Datenschutz müssen zeitnah entschieden werden.

  • Bekämpfung von Geldwäsche

    Im Finanzausschuss des deutschen Bundestages hat eine Anhörung zum Gesetzentwurf zur Stärkung der risikobasierten Arbeitsweise der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) stattgefunden. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), Professor Ulrich Kelber, kritisiert, dass der Gesetzentwurf keine klaren Regeln vorgibt, unter welchen Bedingungen automatisierte Datenanalysen erfolgen dürfen.

  • Datentransfer in die USA

    Wer personenbezogene Daten in die USA übermitteln will, muss sich an das europäische Datenschutzrecht halten. Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) lässt einen Datentransfer in Drittländer nur unter bestimmten Bedingungen zu, um auch bei der Übermittlung und Weiterverarbeitung ein gleichwertiges Datenschutzniveau aufrechtzuerhalten.

  • SIM-Swapping und Authentifizierung

    Es gibt immer wieder sog. SIM-Swapping-Fälle, in denen sich eine fremde Person in betrügerischer Weise die Kontrolle über eine Mobilfunknummern einer anderen Person verschafft.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen