Unzulässiges racial profiling


Äußere Erscheinung von Personen und der Verstoß gegen das grundgesetzlich verankerte Diskriminierungsverbot
Die Hautfarbe darf kein Kriterium sein, mit dem die Bundespolizei Personenkontrollen begründet



Fahndungsmethoden, die "ausschließlich an die äußere Erscheinung von Personen anknüpfen, ohne dass weitere lagerelevante Erkenntnisse hinzukommen", sind laut Bundesregierung rechtswidrig und werden "innerhalb der Bundespolizei weder gelehrt noch praktiziert". Zum äußeren Erscheinungsbild einer Person zähle "die Gesamtheit der äußerlich wahrnehmbaren Merkmale und Informationen zu einer Person, einschließlich deren Hautfarbe", schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/9374) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/9275).

Darin bekräftigt sie ihre bisherige Rechtsauffassung, dass ein völkerrechtlich unzulässiges "racial profiling" nur dann vorliege, "wenn die Hautfarbe oder die ethnische Zugehörigkeit das einzige oder das tatsächlich ausschlaggebende Kriterium für eine polizeiliche Maßnahme ist".

Die Antragstellen schreiben u.a. in ihrer Vorbemerkung

Die Hautfarbe darf kein Kriterium sein, mit dem die Bundespolizei Personenkontrollen begründet. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Koblenz hat in einem Urteil vom 21. April 2016 (7 A 11108/14. OVG) klargestellt, dass die Hautfarbe als Anknüpfungspunkt für Kontrollen nach § 22 Absatz 1a des Bundespolizeigesetzes (BPolG) ausscheiden muss. Andernfalls liege ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot aus Artikel 3 Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes vor. Dem Urteil lag die Klage einer vierköpfigen Familie zugrunde, die Anfang 2014 in einem Zug kontrolliert worden war.

Die Kläger sind deutsche Staatsangehörige und haben eine dunkle Hautfarbe. Sie wurden als Einzige im ganzen Zug aufgefordert, ihre Papiere zu zeigen. Die von ihnen vorgezeigten Bundespersonalausweise wiesen sie als deutsche Staatsangehörige aus, zugleich ging aus ihnen hervor, dass es sich um eine Familie handelt. Dennoch gaben die Bundespolizisten die Daten der Kontrollierten telefonisch zum Abgleich weiter. Das Gericht wertete den Vorgang als Verstoß gegen das grundgesetzlich verankerte Diskriminierungsverbot, weil es "nicht die Überzeugung gewinnen konnte, dass die Hautfarbe der Kläger nicht zumindest ein mit entscheidendes Kriterium für ihre Kontrolle gewesen ist".

Das Gericht führte aus, dass ein Anknüpfen an die Hautfarbe eine Form rassistischer Diskriminierung sei. Dabei sei es nicht nötig, dass die Maßnahme "ausschließlich oder ausschlaggebend" an die Hautfarbe anknüpfe. Ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des Grundgesetzes liege bereits dann vor, "wenn bei einem Motivbündel ein unzulässiges Diskriminierungsmerkmal ein tragendes Kriterium unter mehreren gewesen ist".

Ausdrücklich fasste das Gericht in seinen Leitsätzen zusammen: "Eine verdachtsunabhängige Kontrolle nach § 22 Absatz 1a BPolG in Anknüpfung an die Hautfarbe ist unzulässig." Die Fragestellerinnen und Fragesteller haben sich in der Vergangenheit bereits mehrfach nach der Problematik des "Racial Profiling" erkundigt und sehen nun Anlass, die Bundesregierung nach Schlussfolgerungen und Konsequenzen aus diesem Urteil bzw. der Urteilsbegründung zu fragen.
(Deutsche Bundesregierung: ra)

eingetragen: 30.08.16
Home & Newsletterlauf: 22.09.16


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