Sind Ein-Euro-Jobs rechtswidrig?


Beurteilung der Zusätzlichkeit: Stärkere Kontrolle sogenannter Ein-Euro-Jobs
Die Linke fragt: Welche Schritte hat die Bundesregierung unternommen hat, um zukünftig rechtswidrige Ein-Euro-Jobs zu vermeiden"

(28.02.12) - Die Deutsche Bundesregierung sieht weiteren Verbesserungsbedarf bei den "Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung" (Ein-Euro-Jobs). Das schreibt sie in ihrer Antwort (17/8374) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/8083). Darin heißt es, dass es nach wie vor zu "Abgrenzungsproblemen" und "Auslegungsdifferenzen" bei der Beurteilung der Zusätzlichkeit der Arbeiten sowie des öffentlichen Interesses komme.

Die Zusätzlichkeit der Arbeiten, ihre Wettbewerbsneutralität sowie die Tatsache, dass ein öffentliches Interesse an ihnen bestehen müsse, gehören zu den gesetzlichen Voraussetzungen von Ein-Euro-Jobs. Zwar habe die Bundesagentur für Arbeit bereits "umfangreiche Maßnahmen" zur Qualitätsverbesserung eingeleitet, jedoch bestehe weiterhin Handlungsbedarf, stellt die Regierung fest. Aus der Antwort geht weiter hervor, dass im August 2011 ungefähr 160.000 Menschen in Ein-Euro-Jobs gearbeitet haben.

Die Fragesteller hatten unter anderem vorbemerkt:
"Das Bundessozialgericht hat in verschiedenen Urteilen (B 14 AS 98/10 R vom 13. April 2011 sowie B 4 AS 1/10 R vom 27. August 2011) festgestellt, dass die Jobcenter bei rechtswidrigen Ein-Euro-Jobs einen Wertersatz für erbrachte Arbeit leisten müssen (Öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch). Einen derartigen Erstattungsanspruch hätten die Ein-Euro-Jobs ausführenden Personen 'jedenfalls', wenn es an der 'Zusätzlichkeit' der Arbeitsgelegenheit fehle, denn in diesen Fällen 'bedeutet die Arbeitsleistung durch den Hilfebedürftigen immer auch eine Mehrung fremden Vermögens. (…) Fehlt es an der Zusätzlichkeit in diesem Sinne (…) ist beim Begünstigten durch die ersparten, aber notwendig gewesenen Aufwendungen zur Erfüllung dieser Aufgabe ein Vermögensvorteil entstanden.' Das Jobcenter muss sich als verantwortliche Instanz den Vorteil zurechnen lassen und ist demnach auch für den 'Wertersatz' zuständig. Eventuelle Vermögensvorteile beim Maßnahmeträger hat der Träger der Grundsicherung (Jobcenter) mit dem Maßnahmeträger zu klären.

Der Bundesrechnungshof kritisiert seit geraumer Zeit regelmäßig, dass die gesetzlichen Fördervoraussetzungen bei einer erheblichen Anzahl von Ein-Euro-Jobs nicht erfüllt seien. Schätzungen des Bundesrechnungshofs schwanken hierbei zwischen der Hälfte bis zu zwei Dritteln aller Ein-Euro-Jobs (vgl. Thie, Kommentar zu § 16d des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – SGB II, in: LPK SGB II m. w. N.). Nach diesen Kalkulationen müsste in einer erheblichen Anzahl von Fällen ein Anspruch auf Wertersatz bestehen. Öffentliche Informationen hierzu liegen allerdings nicht vor.

Die Urteile werfen zahlreiche Fragen auf, z. B. wie die Bundesregierung auf den kritisierten Missstand reagiert hat. Insbesondere stellt sich die Frage, wie die Bundesregierung potenziell von dem Urteil begünstigte Leistungsberechtigte über ihre Ansprüche informiert und aufgeklärt hat, und welche Schritte sie unternommen hat, um zukünftig rechtswidrige Ein-Euro-Jobs zu vermeiden."
(Deutsche Bundesregierung: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Bürokratie auf Bundesebene

    Zum Stichtag 24. Mai 2024 sind auf Bundesebene 1.797 Gesetze mit 52.401 Einzelnormen sowie 2.866 Rechtsverordnungen mit 44.475 Einzelnormen gültig gewesen. Das führt die Bundesregierung in einer Antwort (20/11746) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (20/11510) zu "Maßnahmen zur Reduzierung von Bürokratie auf Bundesebene" aus. Bezogen auf die Zahl der Gesetze beziehungsweise Rechtsverordnungen ist das jeweils der Höchstwert seit 2010.

  • Schrottimmobilien-Missbrauchsbekämpfungsgesetz

    Der Rechtsausschuss hat sich in einer öffentlichen Anhörung mit dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines "Gesetzes zur Bekämpfung missbräuchlicher Ersteigerungen von Schrottimmobilien" (20/11308) befasst. Das Echo der geladenen Expertinnen und Experten zum Schrottimmobilien-Missbrauchsbekämpfungsgesetz fiel dabei sehr unterschiedlich aus.

  • Finanzierung des EEG-Kontos

    Um erneuerbare Energien zu fördern, werden Betreibern von Photovoltaik- und Windanlagen Preise garantiert. Der paradoxe Effekt in der gegenwärtigen Situation: Die Strompreise an der Börse sinken, was gut für den Verbraucher ist.

  • Bekämpfung von Finanzkriminalität

    Geldwäsche soll in Deutschland besser bekämpft werden. Das ist das Ziel des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (20/9648) zur Verbesserung der Bekämpfung von Finanzkriminalität (Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz, FKBG), das der Finanzausschuss mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Stimmen der CDU/CSU- und der AfD-Fraktion sowie der Gruppe Die Linke verabschiedet hat.

  • Innovative Ansätze in der Datenpolitik nötig

    Mit den Rahmenbedingungen für eine innovative Datenpolitik, also Datenaustausch und -nutzung sowie Datenschutz, hat sich der Digitalausschuss in einer öffentlichen Anhörung befasst. Die Sachverständigen bewerteten auch die nationalen Spielräume bei der Umsetzung des europäischen Data Acts, des Data Governance Acts aber auch der KI-Verordnung.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen