Eingriff in das Internet mit "Spezialgesetz"


Anhörung: Sperrung von Kinderpornografieseiten im Internet nur flankierende Maßnahme
Hintergrund der Anhörung ist der Plan des Bundesfamilienministeriums, den Zugriff auf Kinderpornografieseiten im Internet künftig zu verhindern oder zu erschweren


(16.02.09) - Unter Sachverständigen besteht Einigkeit darüber, dass die Sperrung von Kinderpornografieseiten im Internet nur eine flankierende Maßnahme sein kann. Das wurde in einem öffentlichen Expertengespräch im Unterausschuss Neue Medien über die rechtlichen und technischen Möglichkeiten und Grenzen von Sperrungsverfügungen für derartige Seiten am Donnerstagnachmittag deutlich.

Oliver Süme vom eco-Verband der deutschen Internetwirtschaft sagte, es gehe bei der Diskussion lediglich um eine Zugangserschwerung, im Grunde sei jede Sperre umgehbar. Er machte weiter deutlich, dass die in seinem Verband vertretenen Provider davon überzeugt seien, dass es einer neuen gesetzlichen Grundlage, eines "Spezialgesetzes" bedürfe, um diesen Eingriff in das Internet zu ermöglichen.

"Niemand gibt sich der Illusion hin, dass durch die Sperrung oder die Erschwerung das Problem in Gänze gelöst werden kann", sagte Jürgen Maurer, Direktor des Bundeskriminalamtes. Dennoch sei es wichtig, diese Schritte als präventive Schritte einzuleiten. "Es geht nicht bloß um Bilder, es geht um den Missbrauch von Kindern, der dahinter steckt", so Maurer.

Dem stimmte der Rechtsanwalt Dieter Frey zu: "Der Schritt der Sperrung ist wichtig wegen des Opferschutzes." Auch er forderte, eine "saubere gesetzliche Grundlage" für die Sperrung zu schaffen. Eine strafrechtliche Verfolgung der Täter, also derjenigen die Kinderpornografie besitzen, verbreiten oder konsumieren, müsse genauso geschehen.

Über die beste Methode zur Zugangserschwerung waren sich die Sachverständigen nicht einig. Hannes Federrath, Professor für Management der Informationssicherheit an der Universität Regensburg, sprach sich für die sogenannte Hashwert-Methode aus, die zielgerichtet sei und durch die nicht zufällig gleichzeitig legale Seiten gesperrt werden.

Dagegen sprach sich Jürgen Maurer für die DNS-Sperre aus, die Federrath zuvor als am wenigsten wirksam bezeichnet hatte.

Friedemann Schindler von Jugendschutz.net kritisierte die Diskussion um die größere Wirksamkeit. "Warum wird nicht einfach schon mal das getan, was möglich ist", so Schindler. 80 Prozent der Nutzer seien durchschnittliche Nutzer, die sich durch eine Zugangserschwerung vielleicht davon abhalten lassen würden, sich den Zugang anderweitig zu verschaffen.

Hintergrund der Anhörung ist der Plan des Bundesfamilienministeriums, den Zugriff auf Kinderpornografieseiten im Internet künftig zu verhindern oder zu erschweren. Dazu sollen bis Ende Februar verbindliche Vereinbarungen mit den Ministerien für Inneres und Wirtschaft und den sieben größten Internetprovidern in Deutschland getroffen werden. Die Provider sollen die technische Umsetzung leisten. Das Bundeskriminalamt soll eine Liste mit denjenigen Seiten führen, die geblockt werden sollen. (Deutscher Bundestag: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Rechtsposition von Hinweisgebern

    Bereits zum zweiten Mal in dieser Legislaturperiode hat im Rechtsausschuss eine Anhörung zum Schutz von sogenannten Whistleblowern, die auf Rechts- und Regelverstöße in Unternehmen und Behörden hinweisen, stattgefunden. Dabei ging es diesmal nicht nur um den Inhalt der Neuregelung, sondern auch um das dafür geplante Gesetzgebungsverfahren.

  • Union fordert mehr Einsatz beim Data Act

    Auf einen stärkeren und abgestimmteren Einsatz bei den Verhandlungen zum Data Act dringt die CDU/CSU-Fraktion (20/6181) in einem Antrag. Im Antrag fordert die Union, die Bundesregierung solle sich stärker dafür einsetzen, dass mit dem Data Act "eine weltweit wettbewerbsfähige europäische und deutsche Datenwirtschaft" ermöglicht werde.

  • Hub für neue KI-Entwicklungen

    Der Digitalausschuss des Bundestags hat in einer öffentlichen Sitzung über den Stand der Verhandlungen zur gesetzlichen Regulierung von generativer Künstlicher Intelligenz (KI) auf EU-Ebene debattiert. Die Verhandlungen für einen europäischen Rechtsrahmen für KI sollen in diesem Jahr in die entscheidende Phase treten. Dass unter der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft eher ein formales Trilogverfahren starte und die Triloge in der Substanz erst in die spanische Ratspräsidentschaft fallen könnten, berichtete Klaus Meyer-Cabri vom Bundesjustizministerium dem Ausschuss.

  • Skandal: Wegfallen der Bußgeldregelung

    Der Großteil der befragten Sachverständigen begrüßt die im Gesetzentwurf (20/5664) der Bundesregierung geplante Einführung einer "vierten Stufe" bei der Ausgleichsabgabe. Das Wegfallen der Bußgeldregelung für "Null-Beschäftiger" wiederum kritisierten einige Experten. Dies ging aus einer Anhörung zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts hervor, die im Ausschuss für Arbeit und Soziales stattfand.

  • Rechtsbriefing "Libra" der juris GmbH

    Die Deutsche Bundesregierung plant aktuell nicht, den Bundesanteil an der juris GmbH zu verkaufen. Dies werde nach Abschluss eines laufenden "Entflechtungsprozesses" erneut zu prüfen sein, heißt es in einer Antwort der Bundesregierung (20/6057) auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion (29/5453).

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen