Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Staatliche Beihilfen: Wettbewerbsverzerrungen


Staatliche Beihilfen: Europäische Kommission holt Stellungnahmen zur geplanten Überarbeitung der EU-Beihilfevorschriften für den Breitbandausbau ein
Die Breitbandleitlinien sollen den Ausbau und die Nutzung von Breitbandnetzen in Gebieten mit unzureichender Netzanbindung (z. B. abgelegenen oder dünn besiedelten Gebieten) in der EU erleichtern



Die Europäische Kommission hat eine gezielte öffentliche Konsultation eingeleitet und alle Interessenträger aufgefordert, zur geplanten Überarbeitung der Leitlinien für staatliche Beihilfen für Breitbandnetze (im Folgenden "Breitbandleitlinien") Stellung zu nehmen. Alle Interessenträger können bis zum 11. Februar 2022 an der öffentlichen Konsultation teilnehmen. Die für Wettbewerbspolitik zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin Margrethe Vestager erklärte dazu: "Alle Interessenträger sind nun eingeladen, zu den von uns vorgeschlagenen gezielten Änderungen der Breitbandleitlinien Stellung zu nehmen. Wir wollen es für die Mitgliedstaaten einfacher machen, den Ausbau von Breitbandnetzen, einschließlich Gigabit- und 5G-Netzen, zu fördern. Aber es geht auch darum, die Wettbewerbsverzerrungen zu begrenzen, wenn der Markt keine Ergebnisse liefert."

Die Breitbandleitlinien sollen den Ausbau und die Nutzung von Breitbandnetzen in Gebieten mit unzureichender Netzanbindung (z. B. abgelegenen oder dünn besiedelten Gebieten) in der EU erleichtern. Wenn für kommerzielle Betreiber keine Investitionsanreize bestehen, können die Mitgliedstaaten nach den Leitlinien unter bestimmten Voraussetzungen moderne Infrastrukturen fördern, die hochwertige und erschwingliche Konnektivitätsdienste für Endnutzer bereitstellen und die digitale Kluft verringern. Mit Blick auf den Schutz privater Investitionen sind öffentliche Eingriffe jedoch untersagt, wenn private Betreiber investieren. Der faire Wettbewerb zwischen den Betreibern soll durch wettbewerbliche Auswahlverfahren, Technologieneutralität und Anforderungen bezüglich des offenen Zugangs gefördert werden.

Die Kommission hat eine Evaluierung der derzeitigen Breitbandleitlinien vorgenommen. Dabei stellte sie fest, dass die geltenden Leitlinien gut funktionieren, im Großen und Ganzen ihren Zweck erfüllen und einen wichtigen Beitrag zum Ausbau von Breitbandnetzen geleistet haben. Gleichwohl sind einige gezielte Anpassungen erforderlich, um im Einklang mit den aktuellen EU-Prioritäten den neuesten Markt- und Technologieentwicklungen sowie dem rasch steigenden Konnektivitätsbedarf Rechnung zu tragen.

Vor diesem Hintergrund schlägt die Kommission nun eine Reihe gezielter Änderungen vor:

>> Einführung neuer Geschwindigkeitsschwellen für öffentlich geförderte Gigabit-Festnetze und Bereitstellung zusätzlicher Erläuterungen bezüglich der Förderung des Ausbaus mobiler Netze. So soll dem wachsenden Konnektivitätsbedarf der Endnutzer Rechnung getragen und den Mitgliedstaaten wie auch den Interessenträgern Klarheit über die Fördervoraussetzungen (insbesondere im Hinblick auf das Vorliegen eines Marktversagens und die Leistungsanforderungen an staatlich geförderte Netze) verschafft werden.

>> Einführung einer neuen Kategorie möglicher Beihilfen in Form von nachfrageseitigen Maßnahmen zur Unterstützung der Nutzung fester und mobiler Netze (Gutscheine). Um Rechtssicherheit zu gewährleisten, soll anhand der neueren Kommissionsbeschlüsse präzisiert werden, welche Kriterien die Kommission bei der Prüfung der Vereinbarkeit solcher Maßnahmen mit dem Binnenmarkt zugrunde legt.

>> Präzisierung bestimmter Begriffe, die für die beihilferechtliche Prüfung der Kommission von Bedeutung sind, wie z. B. Kartierung, vor der Beihilfegewährung durchzuführende öffentliche Konsultationen, wettbewerbliches Auswahlverfahren, Verpflichtungen bezüglich des Zugangs auf Vorleistungsebene und Ausbau der geförderten Netze mit privaten Mitteln.
Der Entwurf der überarbeiteten Breitbandleitlinien sowie nähere Angaben zur öffentlichen Konsultation sind online abrufbar.

Nächste Schritte
Der Entwurf der überarbeiteten Breitbandleitlinien, der Gegenstand der eingeleiteten Konsultation ist, wird gegen Ende des Konsultationszeitraums auch auf einem Treffen von Vertretern der Kommission und der Mitgliedstaaten erörtert. So wird sichergestellt, dass sowohl die Mitgliedstaaten als auch die Interessenträger ausreichend Gelegenheit erhalten, zu dem Entwurf des Kommissionsvorschlags Stellung zu nehmen.

Die neuen Breitbandleitlinien sollen Mitte 2022 angenommen werden.

Hintergrund
Nach den geltenden Leitlinien für staatliche Beihilfen für den Breitbandausbau von 2013 sind öffentliche Investitionen zulässig, wenn ein Marktversagen vorliegt und die Investitionen eine "wesentliche Verbesserung" bewirken. Zum Schutz des Wettbewerbs und zur Wahrung der Anreize für private Investitionen müssen aber auch bestimmte andere Kriterien berücksichtigt werden.

Die Breitbandleitlinien werden durch die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) ergänzt, die Ex-ante-Vereinbarkeitskriterien enthält, auf deren Grundlage die Mitgliedstaaten staatliche Beihilfemaßnahmen ohne vorherige Anmeldung bei der Kommission durchführen können.

Im Zeitraum 2014 bis 2019 haben die Mitgliedstaaten im Einklang mit den EU-Beihilfevorschriften öffentliche Mittel in Höhe von rund 30 Mrd. EUR bereitgestellt, um Investitionslücken beim Ausbau der Breitbandinfrastruktur zu schließen und die Ziele der Digitalen Agenda für Europa für das Jahr 2020 zu erreichen.

Gemäß dem Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft hatten Mitte 2020 bereits 87,2 Prozent der Haushalte in Europa Zugang zu schnellen Breitbandverbindungen mit einer Download-Geschwindigkeit von mindestens 30 Megabit pro Sekunde (Mbit/s), während 59,3 Prozent der Haushalte an Netze angeschlossen waren, die Gigabit-Geschwindigkeiten ermöglichen. Ende Juni 2020 waren fast alle Haushalte in der EU (99,6 Prozent) an 4G-LTE-Mobilfunknetze und 13,9 Prozent an 5G-Netze angeschlossen.

Die Kommission hat in ihrer Mitteilung über eine Gigabit-Gesellschaft ausgeführt, welcher Konnektivitätsbedarf bis zum Jahr 2025 gedeckt werden muss, um eine europäische Gigabit-Gesellschaft aufzubauen: i) Alle europäischen Privathaushalte sollen Zugang zu einer Internetanbindung mit Download-Geschwindigkeiten von mindestens 100 Mbit/s erhalten, die auf Gigabit-Geschwindigkeit aufgerüstet werden kann; ii) alle sozioökonomischen Schwerpunkte wie Schulen, Krankenhäuser und Behörden sowie stark digitalisierte Unternehmen sollen Zugang zu einer Gigabit-Anbindung mit Download- und Upload-Geschwindigkeiten von 1 Gbit/s haben; iii) alle Stadtgebiete und wichtigen Landverkehrsverbindungen sollen lückenlos von 5G-Netzen abgedeckt werden.

Im Februar 2020 veröffentlichte die Kommission im Rahmen der digitalen Prioritäten der EU die Mitteilung zur Gestaltung der digitalen Zukunft Europas, in der sie hervorhebt, dass die Konnektivität für die Erreichung der EU-Ziele bis 2025 der wichtigste Baustein des digitalen Wandels in Europa bleibt.

In der Mitteilung über den digitalen Kompass wird anvisiert, dass bis 2030 alle Haushalte in der Union über eine Gigabit-Anbindung verfügen und alle besiedelten Gebiete mit 5G versorgt werden sollen. Im Vorschlag für das Politikprogramm für die digitale Dekade wird hervorgehoben, dass der gesellschaftliche Bedarf an Download- und Upload-Bandbreiten ständig zunimmt. Bis 2030 sollten Netze mit Gigabit-Geschwindigkeiten für alle, die Zugang zu Netzen mit solchen Kapazitäten benötigen oder wünschen, zu erschwinglichen Bedingungen zur Verfügung stehen.
(Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 19.11.21
Newsletterlauf: 04.02.22


Meldungen: Europäische Kommission

  • Angleichung der Schweiz an das EU-Recht

    Die Europäische Kommission unternahm einen wichtigen Schritt, um die Beziehungen zwischen der EU und der Schweiz zu stärken und auszubauen. Sie unterbreitete dem Rat Vorschläge zur Genehmigung der Unterzeichnung und des Abschlusses eines umfassenden Pakets von Abkommen, das einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Ratifizierung eines modernisierten Rahmens für die Zusammenarbeit darstellt.

  • Achtes illustratives Nuklearprogramm

    Die Umsetzung der Pläne der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Kernenergie wird erhebliche Investitionen in Höhe von rund 241 Mrd. EUR bis 2050 erfordern, sowohl für die Verlängerung der Lebensdauer bestehender Reaktoren als auch für den Bau neuer Großreaktoren. Zusätzliche Investitionen sind für kleine modulare Reaktoren (SMR), fortgeschrittene modulare Reaktoren (AMR) und Mikroreaktoren erforderlich, und die Kommission hat in ihrem achten illustrativen Nuklearprogramm (PINC) die Fusion für die längerfristige Zukunft bewertet.

  • Änderungen bei den DAWI-Vorschriften

    Die EU-Kommission ersucht um Rückmeldungen zu einer Überarbeitung der Beihilfevorschriften für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI), die dem Mangel an erschwinglichem Wohnraum entgegenwirken soll. Zur Überbrückung der Investitionslücke für erschwinglichen Wohnraum bedarf es großer Investitionen. Staatliche Beihilfemaßnahmen können einen Anreiz für die erforderlichen Investitionen bieten.

  • Glaubwürdige Wettbewerber

    Die Europäische Kommission hat die geplante Übernahme von Intelsat Holdings S.à r.l. ("Intelsat") durch SES S.A. ("SES") ohne Auflagen nach der EU-Fusionskontrollverordnung genehmigt. Nach Prüfung des Vorhabens kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass der Zusammenschluss keinen Anlass zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gibt.

  • Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

    Die Europäische Kommission hat ihre Liste der Länder und Gebiete mit hohem Risiko aktualisiert, die strategische Mängel in ihren nationalen Systemen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung aufweisen. EU-Einrichtungen, die unter den AML-Rahmen fallen, müssen bei Transaktionen, an denen diese Länder beteiligt sind, verstärkte Wachsamkeit walten lassen. Dies ist wichtig, um das Finanzsystem der EU zu schützen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen