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Erosion der Netzneutralität


Pläne für EU-weite Mobilfunkdienste ohne Roaming-Aufschläge
Abschaffung von Aufschlägen für Auslandsgespräche innerhalb Europas

(08.10.13) - Die Europäische Kommission hat den im Vergleich zu den Reformen des Telekommunikationsmarkts der letzten 26 Jahre ehrgeizigsten Plan vorgelegt. Den Startschuss für das Gesetzespaket "Vernetzter Kontinent" gab Kommissionspräsident José Manuel Barroso in seiner diesjährigen Rede zur Lage der Union. Sobald es verabschiedet ist, sinken die Verbraucherpreise und der Verwaltungsaufwand für Unternehmen, außerdem erhalten sowohl die Nutzer als auch die Diensteanbieter neue Rechte, so dass Europa wieder eine weltweite Führungsrolle in der digitalen Wirtschaft erlangen kann.

Der Präsident der Europäischen Kommission, José Manuel Barroso, erklärte hierzu: "Weitere deutliche Fortschritte auf dem Weg zu einem europäischen Telekommunikationsbinnenmarkt sind dringend notwendig – für die strategischen Interessen Europas, den wirtschaftlichen Aufschwung, für den Telekommunikationssektor selbst und für die Bürgerinnen und Bürger, die über eingeschränkte und unfaire Internetzugänge wie Internet und Mobilfunkdienste frustriert sind."

Das für das Gesetzespaket und die Digitale Agenda zuständige Kommissionsmitglied, Vizepräsidentin Neelie Kroes, ergänzte: "Das (…) vorgeschlagene Gesetzespaket birgt großartige Neuigkeiten für die Zukunft des Mobilfunks und des Internets in Europa. Die Europäische Kommission sagt nein zu Roaming-Aufschlägen, ja zur Netzneutralität, ja zu Investitionen und ja zu neuen Arbeitsplätzen. Bei den Vorschriften für den Telekommunikationssektor geht es nicht mehr nur um diesen einen Sektor, sondern um die Untermauerung einer tragfähigen Entwicklung aller Branchen." Der Telekommunikationssektor macht zwar nur 9 Prozent digitalen Wirtschaft Europas aus, aber die weltweite Wettbewerbsfähigkeit aller Wirtschaftszweige und ihre Möglichkeiten, Dienstleistungen zu erbringen, hängen immer mehr von ihrer Netzanbindung ab.

Während mehrere Reformwellen in der EU dazu beigetragen haben, die Art und Weise zu verändern, wie Telekommunikationsdienste in der Europäischen Union bereitgestellt werden, orientiert sich der Sektor immer noch mehr oder weniger an 28 nationalen Märkten. Kein einziges Telekommunikationsunternehmen ist in der gesamten EU vertreten und sowohl die Betreiber als auch die Verbraucher stehen unterschiedlichen Preisen und Vorschriften gegenüber.

Diese Probleme sollen mit dem vorgelegten Gesetzespaket bewältigt werden. Hier die wichtigsten Elemente:

Vereinfachte EU-Regeln für Telekommunikationsbetreiber
Eine einzige Genehmigung (statt 28) für die Tätigkeit in allen 28 Mitgliedstaaten, ein anspruchsvoller Schwellenwert für die Regulierung von Telekommunikations-Teilmärkten (der zu einer Verringerung der Zahl der regulierten Märkte führen sollte) und eine weitere Harmonisierung der Art und Weise, wie Betreiber Zugänge zu Netzen anderer Unternehmen mieten können, um einen konkurrierenden Dienst anzubieten.

Verdrängung von Roaming-Aufschlägen vom Markt
Roaming-Aufschläge für auf Reisen innerhalb der EU angenommene Anrufe werden ab dem 1. Juli 2014 verboten. Unternehmen hätten die Wahl, entweder unionsweit geltende Telefontarife anzubieten ("Roaming zu Inlandspreisen"), deren Preise durch den inländischen Wettbewerb bestimmt werden, oder ihren Kunden zu erlauben, den Vertrag zu entkoppeln, d.h. sich für einen anderen Roaming-Anbieter zu entscheiden, der günstigere Tarife anbietet (ohne eine neue SIM-Karte kaufen zu müssen). Dieses Konzept stützt sich auf die Roaming-Aerordnung von 2012, die den Betreibern ab Juli 2014 Kürzungen ihrer Vorleistungspreise für Daten von 67 Prozent auferlegt.

Keine Auslandsaufschläge mehr für Anrufe innerhalb Europas
Heutzutage neigen Unternehmen dazu, sowohl Festnetz- als auch Mobilfunkanrufe vom Heimatland des Verbrauchers in ein anderes EU-Land mit einem Aufschlag zu belegen. Nach dem Vorschlag hätten die Unternehmen keine Möglichkeit mehr, für einen Festnetzanruf innerhalb der EU mehr zu verlangen als für ein Inlandsferngespräch. Mobilfunkanrufe innerhalb der EU dürften nicht mehr als 0,19 EUR pro Minute (zzgl. MwSt) kosten. Mit der Festsetzung der Preise können Unternehmen ihre objektiv gerechtfertigten Kosten decken, aber keine willkürlichen Gewinne mehr aus Anrufen innerhalb der EU erzielen.

Gesetzlicher Schutz für das offene Internet (Netzneutralität)
Das Blockieren und Drosseln von Internetinhalten soll verboten werden, so dass Nutzer Zugang zu einem uneingeschränkten und offenen Internet haben, unabhängig von ihren vertraglich vereinbarten Kosten oder Geschwindigkeiten. Unternehmen können weiterhin "Spezialdienste" mit zugesicherter Dienstqualität (z. B. IPTV, Video-on-Demand, Anwendungen wie die hochauflösende Bildgebung in der Medizin, virtuelle Operationssäle und betriebskritische und datenintensive Cloud-Anwendungen) anbieten, solange dadurch die den anderen Kunden zugesagten Internetgeschwindigkeiten nicht eingeschränkt werden. Verbraucher hätten das Recht zu überprüfen, ob sie auch die Internetgeschwindigkeiten erhalten, für die sie zahlen, und ihren Vertrag zu beenden, wenn solche Zusagen nicht eingehalten werden.

Neue europaweit harmonisierte Verbraucherrechte
Neu sind Rechte wie das Recht auf klar formulierte Verträge mit besser vergleichbaren Angaben, erweiterte Rechte in Bezug auf den Anbieter- oder Vertragswechsel, Anspruch auf einen 12-Monats-Vertrag, sofern keine längere Vertragslaufzeit gewünscht wird, ein Kündigungsrecht, falls die zugesagten Internetgeschwindigkeiten nicht eingehalten werden, sowie das Recht auf Weiterleitung der E-Mails an eine neue E-Mail-Adresse nach einem Anbieterwechsel.

Koordinierte Zuweisung von Frequenzen
Damit wird sichergestellt, dass die Europäer verstärkt Zugang zu Mobilfunknetzen der vierten Generation und Wi-Fi erhalten. Mobilfunkbetreiber könnten dank besserer Bedingungen für die Frequenzzuweisung – wie Koordinierung der Zeitpläne und Fristen – effizientere und grenzübergreifende Investitionspläne aufstellen. Die Mitgliedstaaten tragen nach wie vor die Verantwortung und erzielen weiterhin Einnahmen aus den entsprechenden Gebühren der Mobilfunkbetreiber, die allerdings innerhalb besser abgestimmter Rahmenbedingungen tätig sind. Ferner eröffnen diese Rahmenbedingungen neue Wachstumschancen auf dem Markt für hochmoderne Telekommunikationsausrüstungen und -geräte.

Größere Sicherheit für Investoren
Die Empfehlung über Nichtdiskriminierungsverpflichtungen und Kostenrechnungsmethoden ist das zweite Element dieses Gesetzespakets, das die vorgeschlagene Verordnung ergänzt und mit dieser ineinandergreift. Ziel ist es, die Rechtssicherheit für Investoren zu verbessern, ihnen Anreize für verstärkte Investitionen zu geben und Unterschiede in der Regulierung zu verringern. Dies beinhaltet erstens eine weitere Harmonisierung und Stabilisierung der Kosten, die etablierte Betreiber für den Zugang zu ihren herkömmlichen Kupferleitungsnetzen verlangen dürfen, und zweitens die Gewährleistung eines wirklich gleichwertigen Netzzugangs für alle Zugangsinteressenten. Wird der Wettbewerb auf diese Weise gesichert und die Einhaltung des Nichtdiskriminierungsgebots gewährleistet, so unterliegen die Preise für den Vorleistungszugang zu Breitbandnetzen der nächsten Generation dem Markt und nicht mehr der Regulierung, womit sich der Verwaltungsaufwand für Betreiber verringert. (Europäische Kommission: ra)


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Meldungen: Europäische Kommission

  • Forderungen nach mehr Flexibilität

    Die Europäische Kommission hat offiziell eine Verordnung angenommen, mit der europäischen Landwirtinnen und Landwirten eine teilweise Ausnahme von der Konditionalitätsregelung für brachliegende Flächen gewährt wird. Dem vorangegangen waren der Vorschlag der Kommission vom 31. Januar sowie Gespräche mit den Mitgliedstaaten in Ausschusssitzungen.

  • Verwaltungsaufwand für Landwirte begrenzen

    Die Europäische Kommission hat dem belgischen Ratsvorsitz ein Papier übermittelt, in dem erste mögliche Maßnahmen zur Verringerung des Verwaltungsaufwands für die Schultern der Landwirte dargelegt werden. Das Dokument enthält eine Reihe kurz- und mittelfristiger Maßnahmen, die zur Vereinfachung ergriffen werden können

  • Wegweisendes Regelwerk der EU

    Das Gesetz über digitale Dienste ist das wegweisende Regelwerk der EU, mit dem das Online-Umfeld sicherer, gerechter und transparenter gemacht werden soll, und wird auf alle Online-Vermittler in der EU angewandt. Es schützt die Nutzer in der EU besser vor illegalen Waren und Inhalten und sorgt für die Wahrung ihrer Rechte auf Online-Plattformen, auf denen sie mit anderen Nutzern in Kontakt treten, Informationen austauschen oder Produkte kaufen.

  • Untersuchung betrifft mutmaßliche Mängel

    Die Europäische Kommission hat ein förmliches Verfahren eingeleitet, um zu prüfen, ob TikTok in den Bereichen Jugendschutz, Transparenz der Werbung, Datenzugang für Forschende sowie Risikomanagement in Bezug auf suchterzeugendes Design und schädliche Inhalte möglicherweise gegen das Gesetz über digitale Dienste verstoßen hat.

  • Influencer-Posts in sozialen Medien

    Die Europäische Kommission und die nationalen Verbraucherschutzbehörden von 22 Mitgliedstaaten sowie Norwegen und Island haben die Ergebnisse einer Überprüfung ("Sweep") von Influencer-Posts in den sozialen Medien veröffentlicht. Demnach veröffentlichen fast alle Influencerinnen und Influencer (97 Prozent) kommerzielle Inhalte, aber nur jeder fünfte gibt systematisch an, dass es sich bei diesem Content um Werbung handelt.

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