Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Ungesunder Steuerwettbewerb


Faire Besteuerung: Kommission schlägt rasche Umsetzung der internationalen Vereinbarung über Mindestbesteuerung multinationaler Unternehmen vor
Die vorgeschlagenen Vorschriften sollen für große inländische und internationale Konzerne gelten, die mit ihrer Muttergesellschaft oder einer Tochtergesellschaft in einem EU-Mitgliedstaat ansässig sind




Die Europäische Kommission hat eine Richtlinie vorgeschlagen, mit der die effektive Mindestbesteuerung der weltweiten Tätigkeiten multinationaler Konzerne sichergestellt werden soll. Damit löst sie die Zusage der EU ein, unverzüglich und als eine der ersten die kürzlich erzielte historische Vereinbarung über eine globale Steuerreform umzusetzen, deren Ziel ein fairer, transparenter und stabiler Rahmen für die internationale Unternehmensbesteuerung ist. Der Vorschlag, mit dem der Grundsatz eines effektiven Steuersatzes von 15 Prozent, auf den sich 137 Länder und Gebiete geeinigt haben, in der EU in die Praxis umgesetzt wird, ist eng an die internationale Vereinbarung angelehnt. Er umfasst eine Reihe von Vorschriften zur Berechnung des effektiven Steuersatzes, damit dieser ordnungsgemäß und einheitlich in der gesamten EU angewandt wird.

Exekutiv-Vizepräsident Valdis Dombrovskis‚ zuständig für das Ressort "Eine Wirtschaft im Dienste der Menschen", sagte: "Indem wir der weitreichenden OECD-Vereinbarung rasch nachkommen, leistet Europa ihren Teil bei der Schaffung eines gerechteren globalen Systems für die Unternehmensbesteuerung. Dies ist besonders wichtig in einer Zeit, in der wir die öffentlichen Mittel für faires und nachhaltiges Wachstum und ebensolche Investitionen erhöhen und auch den öffentlichen Finanzierungsbedarf decken müssen – sowohl für die Bewältigung der Folgen der Pandemie als auch für die Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels. Die Umsetzung der OECD-Vereinbarung über die effektive Mindestbesteuerung in das EU-Recht wird ganz entscheidend für die Bekämpfung von Steuervermeidung und -hinterziehung ihr, während gleichzeitig einer Konkurrenz um die niedrigsten Steuersätze mit einem ungesunden Steuerwettbewerb zwischen den Ländern vorgebeugt wird. Es ist ein wichtiger Schritt nach vorn, um unsere Agenda für eine faire Besteuerung zu erfüllen."

Der für Wirtschaft zuständige Kommissar Paolo Gentiloni fügte hinzu: "Im Oktober dieses Jahres haben 137 Länder eine historische multilaterale Vereinbarung zur Umgestaltung der globalen Unternehmensbesteuerung unterstützt, damit seit langem bestehende Ungerechtigkeiten ausgeräumt werden und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit gewahrt wird. Gerade einmal zwei Monate später unternehmen wir den ersten Schritt, um den Wettbewerb um die niedrigsten Steuersätze zu beenden, der der Europäischen Union und ihren Volkswirtschaften schadet. Mit der von uns vorgeschlagenen Richtlinie wird sichergestellt, dass der neue effektive Mindeststeuersatz von 15 Prozent für Großunternehmen in einer Weise angewandt wird, die voll und ganz mit dem EU-Recht vereinbar ist. Als weiteren Schritt werden wir im kommenden Sommer eine zweite Richtlinie zur Umsetzung der anderen Säule der Vereinbarung – die Neuzuweisung von Besteuerungsrechten – vorlegen, sobald das entsprechende multilaterale Übereinkommen unterzeichnet wurde. Die Europäische Kommission hat sich mit aller Kraft dafür eingesetzt, den Abschluss dieses Abkommens voranzubringen, und ich bin stolz, dass wir bei ihrer globalen Umsetzung an der Spitze stehen."

Die vorgeschlagenen Vorschriften sollen für große inländische und internationale Konzerne gelten, die mit ihrer Muttergesellschaft oder einer Tochtergesellschaft in einem EU-Mitgliedstaat ansässig sind. Für den Fall, dass der effektive Mindeststeuersatz nicht von dem Land angewandt, in dem ein niedrig besteuertes Unternehmen ansässig ist, kann der Mitgliedstaat der Muttergesellschaft gemäß den neuen Bestimmungen eine "Top-up-Steuer" erheben. Der Vorschlag gewährleistet auch die effektive Besteuerung in Fällen, in denen die Muttergesellschaft ihren Sitz außerhalb der EU in einem Niedrigsteuerland hat, das keine gleichwertigen Vorschriften anwendet.

Entsprechend der globalen Vereinbarung sieht der Vorschlag auch bestimmte Ausnahmen vor. Um die Auswirkungen auf Konzerne mit echter wirtschaftlicher Tätigkeit zu reduzieren, können Unternehmen Einkünfte in Höhe von 5 Prozent des Wertes der materiellen Vermögenswerte und 5 Prozent der Lohnsumme von der Regelung ausnehmen. Außerdem ist eine Ausnahme für geringe Gewinne vorgesehen, um die Befolgungskosten in Situationen, die ein geringes Risiko bergen, zu reduzieren. Wenn die durchschnittlichen Gewinne und Erträge eines multinationalen Konzerns in einem Gebiet einen bestimmten Mindestschwellenwert nicht überschreiten, werden diese Einkünfte bei der Berechnung des Steuersatzes somit nicht berücksichtigt.

Hintergrund
Die Mindestbesteuerung von Unternehmen ist einer der beiden Arbeitsbereiche der globalen Vereinbarung. Der andere ist die teilweise Neuzuweisung von Besteuerungsrechten (sogenannte Säule 1). Im Rahmen der Säule 1 soll auf internationaler Ebene geregelt werden, wie die Besteuerungsrechte an den Gewinnen der größten und rentabelsten multinationalen Unternehmen zwischen den Ländern verteilt werden, damit den sich wandelnden Geschäftsmodellen – beispielsweise der Tatsache, dass Unternehmen an einem Ort tätig ihr können, ohne dort auch physisch präsent zu ihr – Rechnung getragen wird. Die Kommission wird 2022 einen entsprechenden Vorschlag zur Neuzuweisung von Besteuerungsrechten vorlegen, sobald die technischen Aspekte des multilateralen Übereinkommens geklärt wurden.

Nächste Schritte
Die Steueragenda der Kommission ist komplementär zu den Aspekten der OECD-Vereinbarung, aber noch umfassender angelegt. Bis Ende 2023 wird die Kommission auch einen neuen Rahmen für die Unternehmensbesteuerung in der EU veröffentlichen, um den Verwaltungsaufwand für Unternehmen, die in mehreren Mitgliedstaaten tätig sind, zu reduzieren, steuerliche Hindernisse zu beseitigen und ein unternehmensfreundlicheres Umfeld im Binnenmarkt zu schaffen. (Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 06.01.22
Newsletterlauf: 11.03.22


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Mutmaßliche Beihilfemaßnahmen

    Die Europäische Kommission hat eine eingehende Untersuchung eingeleitet, um zu prüfen, ob bestimmte Fördermaßnahmen zugunsten des deutschen öffentlichen Nahverkehrsunternehmens WestVerkehr GmbH (im Folgenden "WestVerkehr") mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang stehen.

  • Bilanzposition und Liquidität der Lufthansa

    Die Europäische Kommission hat eine eingehende Untersuchung eingeleitet, um zu prüfen, ob eine deutsche Rekapitalisierungsmaßnahme von 6 Mrd. EUR für die Deutsche Lufthansa AG (im Folgenden "Lufthansa ") mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang steht. Die Maßnahme war ursprünglich am 25. Juni 2020 von der Kommission auf der Grundlage des Befristeten Rahmens für staatliche Beihilfen im Zusammenhang mit COVID-19 genehmigt worden, doch dieser Genehmigungsbeschluss wurde am 10. Mai 2023 vom Gericht für nichtig erklärt.

  • Wettbewerb auf bestimmten Kurzstrecken

    Die Europäische Kommission hat den geplanten Erwerb der gemeinsamen Kontrolle über ITA Airways ("ITA") durch die Deutsche Lufthansa AG ("Lufthansa") und das italienische Wirtschafts- und Finanzministerium ("MEF") nach der EU-Fusionskontrollverordnung genehmigt. Die Genehmigung ist an die Auflage gebunden, dass Lufthansa und das MEF die von ihnen angebotenen Abhilfemaßnahmen vollständig umsetzen.

  • Preisabsprachen zwischen Reifenherstellern

    Die EU-Kommission hat Bedenken, dass das Unternehmen gegen die EU-Kartellvorschriften verstoßen haben könnte, denen zufolge Kartelle und wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen verboten sind (Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union). Die Nachprüfungen fanden im Rahmen einer Untersuchung statt, für die die Kommission bereits Anfang 2024 Nachprüfungen durchgeführt hatte.

  • Steuerregelungen für Spielbankunternehmen

    Die Europäische Kommission hat festgestellt, dass die in Deutschland geltenden besonderen Steuerregelungen für Spielbankunternehmen nicht mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang stehen. Deutschland muss diese Beihilfen einschließlich Zinsen zurückfordern und die Steuerregelungen abschaffen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen