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Schutz der EU-Finanzinteressen


Das Hauptziel der Europäischen Staatsanwaltschaft besteht darin, die Steuergelder der EU-Steuerzahler zu schützen
Das Angebot zur Einrichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft zählt zu den Prioritäten der litauischen EU-Ratspräsidentschaft im Bereich Strafrecht

(02.09.13) - Jedes Jahr gehen dem Haushalt der Europäischen Union (EU) ca. 280 Mio. EUR wegen Betrugsstraftaten verloren, die den Finanzinteressen der EU schaden. Wenn dem Angebot, eine Europäische Staatsanwaltschaft einzurichten, zugestimmt wird, wird diese neue Institution eine wirksame Vorbeugung gegen illegalen Gebrauch von EU-Haushalts-Geldern sowie sonstige Betrugsfälle leisten können.

Zurzeit sind die EU-Mitgliedstaaten als einzige für strafrechtliche Verfolgung wegen Betrugsstraftaten, die den EU-Finanzinteressen schaden, zuständig. Leider gibt es bis jetzt keine einzige EU-Institution, die über ausreichend Kompetenzen in diesem Bereich verfügen würde.

"Der Schaden, den die EU durch solche Straftaten erleidet, beläuft sich jedes Jahr auf hunderte von Millionen von Euro. Wegen begrenzten Ressourcen der nationalen Justizbehörden werden solche Verbrechen nicht immer untersucht. Die Betrüger bleiben manchmal für ihre zulasten des EU-Haushaltes begangenen Verbrechen unbestraft, vor allem wenn die Straftaten in mehreren Ländern begangen wurden. Aus diesem Grund müssen die Steuergelder der EU-Steuerzahler möglichst effektiv geschützt werden" sagt der Justizminister Juozas Bernatonis.

Die vorhandenen EU-Institutionen – Olaf (Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung), Eurojust (Einheit für justizielle Zusammenarbeit der Europäischen Union) und Europol (Europäisches Polizeiamt) – haben keine Kompetenzen Betrugsstraftaten zu ermitteln oder strafrechtliche Verfolgung vorzunehmen. Olaf ist lediglich dazu befugt, sich an die zuständigen nationalen Einrichtungen zu wenden und die Ergebnisse der eigenständig durchgeführten verwaltungsrechtlichen Ermittlungen vorlegen. Es sind jedoch die nationalen Einrichtungen, die darüber entscheiden, ob aufgrund der vorliegenden Ergebnisse ein Strafverfahren einzuleiten ist oder nicht.

Außerdem waren die Ermittlungen solcher Verbrechen bislang kompliziert, da in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten "Betrug in der EU" immer noch unterschiedlich definiert wird.

Das Angebot, eine Europäische Staatsanwaltschaft einzurichten legte die Europäische Kommission am 17. Juli vor. Die neu eingerichtete Europäische Staatsanwaltschaft wäre für die Ermittlung von Straftaten zulasten des EU-Haushaltes, strafrechtliche Verfolgung der Straftäter und Helfer sowie Anklageunterstützung vor nationalen Gerichten zuständig.

Die Europäische Staatsanwaltschaft wäre berechtigt eine Ermittlungsaufnahme zu beantragen oder bei Bedarf anzuordnen, die in der künftigen Verordnung klar definiert wäre: im Hinblick auf Zeugenvernehmung, Experteneinteilung, wenn Sonderkenntnisse gefragt sind, sowie Anwendung von Zwangsmaßnahmen (Pfändung, Durchsuchung von Räumlichkeiten und Computersystemen, Abhören von Telefongesprächen, Einfrieren von Finanztransaktionen).

Die künftige Verordnung zur Europäischen Staatsanwaltschaft sieht vor, dass alle Ermittlungsmaßnahmen von einem Gericht oder einer sonstigen zuständigen nationalen Behörde genehmigt werden müssen, wie in nationalen Rechtsakten vorgesehen oder wenn die Verordnung der Europäischen Staatsanwaltschaft dies vorschreibt.

Damit die Ermittlungen der Europäischen Staatsanwaltschaft effektiv sind, sollen die Beweise, die in einem Land auf einem legalen Wege gesammelt wurden, in den Gerichten aller EU-Länder als gültig anerkannt werden.

Das Angebot der EU-Kommission sieht eine dezentralisierte Struktur der Europäischen Staatsanwaltschaft wie folgt vor: der Europäische Staatsanwalt, 4 stellvertretende Europäische Staatsanwälte sowie von Europa delegierte Staatsanwälte in jedem EU-Mitgliedstaat. Die Europäische Staatsanwaltschaft soll in nationale Gerichtssysteme integriert werden.

"Von Europa delegierte Staatsanwälte könnten zusammen mit nationalen Experten und in Anlehnung an nationales Recht in den entsprechenden Mitgliedstaaten Ermittlungen durchführen sowie strafrechtliche Verfolgung vornehmen. Sie könnten auch ihre Funktion als nationale Staatsanwälte weiterhin erfüllen, sie würden allerdings vollkommen unabhängig von den nationalen Einrichtungen für strafrechtliche Verfolgung agieren, sobald sie von der Europäischen Staatsanwalt zu bestimmten Ermittlungen befugt werden" sagt der Justizminister.

Die EU-Kommission würde eine Kandidatenliste für das Amt des Europäischen Staatsanwaltes vorlegen und der EU-Rat wurde mit der Zustimmung des EU-Parlamentes einen Kandidaten ernennen. Auch die 4 stellvertretenden Europäischen Staatsanwälte würde der EU-Rat mit der Zustimmung des EU-Parlamentes ernennen. Die von Europa delegierten Staatsanwälte würde der Europäische Staatsanwalt ernennen und den passenden Kandidaten aus einer Liste mit den Namen von mindestens drei nationalen Staatsanwälten, die jedes Mitgliedstaat vorzulegen hat, aussuchen.

Das Angebot zur Einrichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft zählt zu den Prioritäten der litauischen EU-Ratspräsidentschaft im Bereich Strafrecht. Dem Justizminister zufolge sind neue und effektive Methoden für die Bekämpfung von Verbrechen, die den Finanzinteressen der EU schaden, absolut notwendig. Die EU-Länder müssen solche Angebote allerdings gut bedenken und sich dafür ausreichend Zeit lassen.

"Litauen hat nun die EU-Ratspräsidentschaft inne, und wird sich dafür einsetzen, dass bei Verhandlungen über dieses äußerst relevante Thema das Angebot ausführlich analysiert wird, damit möglichst breite Zustimmung unter den EU-Ländern erzielt wird" sagt J. Bernatonis.

Das Angebot, eine Europäische Staatsanwaltschaft einzurichten, ist eng mit der künftigen Richtlinie zum Schutz der EU-Finanzinteressen anhand von strafrechtlichen Maßnahmen verbunden. Gemäß der Richtlinie wären die Mitgliedstaaten verpflichtet sowohl natürliche als auch juristische Personen für Straftaten, die den EU-Finanzinteressen schaden (Betrugsfälle und ähnliche Vergehen), für Mittäterschaft oder den Versuch, solche Straftaten zu begehen, zu bestrafen.

Die Richtlinie sieht darüber hinaus lebenslänglich als maximale Strafe für Verbrechen dieser Art vor, für schwere Verbrechen wäre maximale Strafe mindesten vier Jahre Freiheitsentzug. Die Mitgliedstaaten wären darüber hinaus berechtigt auf strafrechtliche Verfolgung zu verzichten, wenn der Gewinn der Straftäter 10.000 Euro nicht übersteigt. (Litauische Ratspräsidentschaft, PantherMedia/Scanpix: ra)


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