Sie sind hier: Home » Recht » Kartellrecht

Kartellverfahren gegen Gasversorger


Bundeskartellamt schließt Preismissbrauchsverfahren gegen Gasversorger weitgehend ab
Gasversorger verzichten auf die Weitergabe gestiegener Gasbezugskosten


(02.12.08) - Das Bundeskartellamt hat die im März eingeleiteten Missbrauchsverfahren gegen Gasversorger weitgehend abgeschlossen. In den 33 anhängigen Verfahren haben bis heute insgesamt 29 Unternehmen monetäre Zusagen in Höhe von insgesamt 127 Mio. Euro zugunsten der Kunden abgegeben. Etwa die Hälfte davon entfällt auf Bonuszahlungen und Gutschriften in der nächsten Jahresabrechnung oder Schlussrechnung der Kunden. Der übrige Betrag wird durch Verschiebung von Preiserhöhungen oder Preissenkungen an die Kunden weitergeleitet. Die genannten Beträge verstehen sich netto, d. h. der Kunde wird zusätzlich entsprechend von Steuern und Abgaben entlastet.

Darüber hinaus haben die betreffenden Gasversorger in diesem Jahr auf die Weitergabe gestiegener Gasbezugskosten in beträchtlichem Umfang verzichtet. Die Verfahren richten sich gegen Gasversorger verschiedener Größe aus allen Regionen Deutschlands. Die Verfahren haben die Preissetzung in den Jahren 2007 und 2008 zum Gegenstand. Sie werden unter anderem auf Grundlage des neuen § 29 GWB geführt, der eine verschärfte Missbrauchsaufsicht für Energieunternehmen vorsieht. Auf der Basis des kartellrechtlichen Vergleichsmarktkonzeptes werden dabei für das Jahr 2007 die Erlöse der betroffenen Unternehmen mit denjenigen preisgünstigerer Gasanbieter verglichen.

Für 2008 stützt das Bundeskartellamt seine Betrachtung auf einen Vergleich der Tarife, die mehrheitlich von den Kunden von Ziel- und Vergleichsunternehmen genutzt werden. Das Bundeskartellamt hat für seine Prüfung die genehmigten Netzentgelte (ca. 16 Prozent vom Bruttopreis) sowie Steuern und Konzessionsabgaben (ca. 29 Prozent vom Bruttopreis) abgezogen. Der vom Bundeskartellamt untersuchte Erlös- bzw. Preisbestandteil macht demnach gut 55 Prozent desjenigen Gaspreises aus, den der Bürger auf seiner Rechnung sieht.

Die betroffenen Versorger haben in großem Umfang von der im Gesetz vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, gegen die festgestellten Abweichungen sachliche Rechtfertigungsgründe vorzutragen. Eine zentrale Rolle haben hierbei die eigenen Beschaffungskosten gespielt. Das Bundeskartellamt hat jedoch auch hier Vergleiche zum Beschaffungsverhalten anderer Versorger gezogen, um nicht ungeprüft die tatsächlichen Beschaffungskosten anzuerkennen.

Das Bundeskartellamt hat sich für die Zusagenlösung entschieden, denn die Höhe der erreichten Vorteile für den Verbraucher kommt dem Betrag bei einer möglichen förmlichen Entscheidung sehr nahe. Vor allem kommen die Vorteile dem Verbraucher unmittelbar zugute.

Zudem geht das Bundeskartellamt nach seinen Ermittlungen davon aus, dass die Rentabilität der betroffenen Unternehmen keine weiteren Zugeständnisse zulässt. Die Unternehmen und das Bundeskartellamt haben zwar weiter unterschiedliche Auffassungen in der Sache, der Verfahrensabschluss im Zusagenwege erfolgte aber zur Vermeidung langwieriger Rechtsstreitigkeiten. Den Kunden kommen die Preismaßnahmen so überwiegend in der entscheidenden Heizperiode im Winter zugute und auch die Mieter als so genannte "gefangene Kunden" werden erreicht.

Bestandteil der Vergleichslösungen ist zudem, dass keine Kompensation der finanziellen Zugeständnisse im Zuge zukünftiger Preismaßnahmen erfolgt. In vielen der nun abgeschlossenen Fälle waren die Kunden noch weitgehend auf die Belieferung durch die betroffenen Unternehmen angewiesen, weil alternative Gaslieferanten eine geringe Bedeutung hatten. Das Bundeskartellamt erhofft sich aber von der fortschreitenden Regulierung, dass auch im Gassektor der Wettbewerb in Gang kommt.

Präsident Heitzer wies deshalb auch auf die Belange der neuen Energieanbieter hin: "Zielsetzung der kartellrechtlichen Preismissbrauchsaufsicht ist es nur dort zu intervenieren, wo die Wettbewerbskräfte nicht selbst die Verhaltensspielräume der etablierten Akteure relativieren können. Wer aber bestehende Wechselmöglichkeiten künftig selbst prüft und nutzt, leistet einen elementaren Beitrag für die Entwicklung wettbewerblicher Strukturen in der Gaswirtschaft."

Von den ca. 770 Gasversorgern in Deutschland fallen nur etwa 30 originär in die Zuständigkeit des Bundeskartellamtes, die übrigen in die Zuständigkeit der Landeskartellbehörden. Etliche Landeskartellbehörden führen selbst Verfahren und haben bereits Verfahren abgeschlossen. Zudem haben die Landeskartellbehörden 14 Gasversorger aus ihrem Zuständigkeitsbereich an das Bundeskartellamt abgegeben. (Bundeskartellamt: ra)

Lesen auch:
Verdacht: Missbräuchlich überhöhte Gaspreise


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Kartellrecht

Kartellrecht und Kartellvergehen

  • Förderausnahme wird für die Zukunft gestrichen

    In dem Verfahren zur kartellrechtlichen Einschätzung der sog. 50+1-Regel hat die Deutsche Fußball Liga (DFL) Zusagen angeboten, um die kartellrechtlichen Bedenken des Bundeskartellamts auszuräumen. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Wir begrüßen das von der DFL vorgelegte Zusagenangebot, das einen wichtigen Schritt zur Beendigung des Verfahrens darstellen kann. Nach unserer vorläufigen Einschätzung können die Beibehaltung der 50+1-Grundregel und die Streichung der Möglichkeit der Gewährung von Förderausnahmen geeignet sein, unsere kartellrechtlichen Bedenken auszuräumen."

  • Krankenhausstandorte sichern

    Das Bundeskartellamt hat die beiden parallel angemeldeten Zusammenschlussvorhaben der Krankenhaussparte des Johanniter-Ordens zum Erwerb dreier Evangelischer Krankenhäuser in Hamm, Lippstadt und Gronau/Westfalen (Valeo-Kliniken) einerseits sowie eines katholischen Krankenhauses in Hamm (St. Marien-Hospital) andererseits freigegeben.

  • Verteilung der Ausschreibungen

    Das Bundeskartellamt hat Geldbußen in Höhe von insgesamt knapp einer Mio. Euro gegen die vier Dortmunder Bauunternehmen Höhler GmbH & Co. KG, Möckel Bauunternehmung GmbH & Co. KG, Möllmann Straßen- und Ingenieurbau GmbH + Co. KG und Stra-La Bau GmbH wegen Absprachen bei Ausschreibungen von Straßenbauarbeiten verhängt. Das Verfahren ging auf einen Kronzeugenantrag eines weiteren tatbeteiligten Unternehmens, der Gehrken Straßen- und Tiefbau GmbH & Co. KG, zurück, dem in Anwendung der gesetzlichen Regelung das Bußgeld erlassen wurde.

  • Abmahnung gegen Hilfsmittel-Verbände

    Das Bundeskartellamt hat der Arbeitsgemeinschaft von Hilfsmittelverbänden (ARGE) seine vorläufigen Ermittlungsergebnisse im Verfahren wegen gemeinsamer Preisaufschläge zu Lasten der Krankenkassen zur Stellungnahme übersandt. Die ARGE repräsentiert einen Großteil der relevanten Leistungserbringer (insb. Sanitätshäuser) für Hilfsmittel im Bereich Reha und Pflege (Rollatoren, Sitzhilfen u.v.m.).

  • Starke Marktstellung hätte sich verstärkt

    Die Neue Pressegesellschaft mbH & Co. KG hat die Anmeldung der Übernahme sämtlicher Anteile an der Druck- und Verlagshaus Hermann Daniel GmbH & Co. KG, Balingen, sowie an deren Komplementärgesellschaft Anfang Januar 2023 zurückgenommen. Das Verlagshaus Daniel verbreitet im Zollernalbkreis die regionale Abonnement-Tageszeitung "Zollern-Alb-Kurier" sowie ein Anzeigenblatt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen