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Erhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs


Entflechtung der Bio-Molkereien Andechser und Söbbeke
Die beiden Bio-Molkereien waren über die französische Großmolkerei Savencia SA miteinander verbunden

(09.11.15) - Aufgrund eines Prüfverfahrens des Bundeskartellamtes werden die beiden größten deutschen Bio-Molkereien – Andechser Molkerei Scheitz GmbH und Molkerei Söbbeke GmbH – künftig wieder als voneinander unabhängige Wettbewerber am Markt auftreten. Die beiden Bio-Molkereien waren über die französische Großmolkerei Savencia SA miteinander verbunden. Savencia, bis vor kurzem unter dem Namen Bongrain bekannt, vermarktet u.a. zahlreiche konventionell hergestellte Käsesorten wie Bresso, Chaumes, Fol Epi, Géramont, Le Tartare, Saint Albray und andere. Das Unternehmen beteiligte sich im Jahr 1999 an Andechser und übernahm in den Jahren 2011 bis 2013 zusätzlich Söbbeke. Die Freigabe für diese Fusion hat Savencia nur durch unrichtige Angaben im Rahmen des im Jahr 2011 durchgeführten Fusionskontrollverfahrens erlangt. Nachdem die Falschangaben aufgefallen waren, hat das Bundeskartellamt ein Entflechtungsverfahren eingeleitet und umfangreiche Ermittlungen bei den Beteiligten sowie allen deutschen Biomolkereien durchgeführt.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Unternehmen, die beim Bundeskartellamt eine Fusion zur Prüfung vorlegen, sind verpflichtet, umfassende und vor allem richtige Angaben zu machen. Die – nicht zuletzt im Sinne der Unternehmen – effiziente und schnelle Prüfung von Fusionsvorhaben, wie sie das Bundeskartellamt praktiziert, lebt davon, dass die Beteiligten eine vollständige und zutreffende Anmeldung einreichen. Wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass ein Unternehmen diesen Pflichten nicht genügt hat, stehen dem Amt schlagkräftige Instrumente zur Verfügung, um auch später noch einen rechtmäßigen Zustand herzustellen. Ein Entflechtungsverfahren kann auch dazu führen, dass wir die Rückabwicklung eines Zusammenschlusses anordnen."

Die Ermittlungen haben bestätigt, dass aus wettbewerblicher Sicht zwischen den Produktmärkten für konventionell hergestellte und für Bio-Milchprodukte unterschieden werden muss. Die beiden Molkereien erzielen bei verschiedenen Produkten der sog. "weißen Linie" – insbesondere Bio-Fruchtjoghurt und Naturjoghurt sowie Bio-Fruchtquark und Bio-Drinks – gemeinsame Marktanteile von deutlich über 50 Prozent. Nach den bisherigen Erkenntnissen der Beschlussabteilung führte der damalige Zusammenschluss auf mehreren Märkten zu einer erheblichen Beeinträchtigung wirksamen Wettbewerbs.

Die von Savencia im Jahr 2011 erstellte Anmeldung hatte diese Marktverhältnisse nicht im Ansatz zutreffend wiedergegeben und enthielt zudem unvollständige Angaben zu weiteren Einflussmöglichkeiten der Bongrain-Gruppe auf die Andechser Molkerei Scheitz GmbH. Auch auf Nachfragen im Rahmen des Vorprüfverfahrens hat die Anmelderin keine zutreffenden Absatzzahlen übermittelt.

Das Bundeskartellamt hat den Beteiligten seine vorläufigen Ermittlungsergebnisse mitgeteilt. Um die aus Sicht des Amts erforderliche Auflösung des Zusammenschlusses zwischen Savencia und Söbbeke zu vermeiden, hat Savencia angeboten, seine Beteiligung an Andechser aufzugeben und die Anteile zu veräußern. Diese Veräußerung ist nun vollzogen worden, so dass das Bundeskartellamt das Entflechtungsverfahren gegen Savencia/Bongrain und Söbbeke einstellen konnte.

Ein vorsätzlicher oder fahrlässiger Verstoß gegen das Gebot, einen Zusammenschluss richtig und vollständig anzumelden, stellt nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße geahndet werden kann. (Bundeskartellamt: ra)




Meldungen: Kartellrecht

Kartellrecht und Kartellvergehen

  • Wettbewerbsprozess auf dem Amazon-Marktplatz

    Das Bundeskartellamt hat seine vorläufige rechtliche Einschätzung zur Einflussnahme auf die Preise der Marktplatzhändler auf dem Amazon Marketplace sowie der Marketplace-Richtlinie zur angemessenen Preisgestaltung an die Amazon.com Inc., Seattle, USA, und die Amazon EU S.à r.l., Luxemburg (gemeinsam im Folgenden "Amazon"), übersandt. Händler, die ihre Angebote auf der Amazon-Handelsplattform anbieten, sollen bestimmte von Amazon vorgegebene Preisgrenzen nicht überschreiten. Darin könnte nach vorläufiger Auffassung des Bundeskartellamtes ein Missbrauch nach den besonderen Vorschriften für große Digitalunternehmen (§ 19a Abs. 2 GWB) sowie ein Verstoß gegen die allgemeinen Missbrauchsvorschriften des § 19 GWB und Artikel 102 AEUV liegen. Amazon hat jetzt Gelegenheit zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen.

  • Zahlreiche Aufträge zugeschoben

    Das Bundeskartellamt hat gegen sieben Straßenreparatur-Unternehmen Geldbußen in Höhe von insgesamt 10,5 Mio. Euro wegen Kunden- und Submissionsabsprachen verhängt. Beteiligt waren die Unternehmen AS Asphaltstraßensanierung GmbH (AS), Langwedel, bausion Strassenbau-Produkte GmbH (bausion), Landsberg, BITUNOVA GmbH (BITUNOVA), Krefeld, Gerhard Herbers GmbH (Herbers), Spelle, Liesen … alles für den Bau GmbH (Liesen), Lingen, Mainka GmbH Straßenunterhaltung, Rüdersdorf bei Berlin (Mainka) und MOT Müritzer Oberflächentechnik GmbH (MOT), Röbel/Müritz.

  • Fitness- und Wellbeing-Angebote

    Das Bundeskartellamt hat den Erwerb der Urban Sports GmbH (USC) durch Wellhub, Inc. (Wellhub) freigegeben. Wellhub und USC sind als sog. Fitness- und Wellbeing-Aggregatoren tätig. Sie bieten Rahmenverträge für Firmenkunden an, auf deren Basis die Mitarbeitenden verschiedene Fitness- und Wellbeing-Angebote nutzen können. USC hat daneben auch ein Angebot für private Nutzende.

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    Das Bundeskartellamt hat gegen die Sennheiser electronic SE & Co. KG mit Sitz in Wedemark, die Sonova Consumer Hearing Sales Germany GmbH mit Sitz in Wedemark sowie drei verantwortlich handelnde Mitarbeitende Geldbußen in Höhe von insgesamt knapp sechs Mio. Euro wegen vertikaler Preisbindung verhängt. Unter der Marke "Sennheiser" werden hochwertige Produkte im Bereich der Unterhaltungselektronik produziert und vertrieben.

  • Schwerpunkt im Rüstungsbereich

    Das Bundeskartellamt hat einen Anteilserwerb an der Renk Group AG, Augsburg, durch die KNDS N.V., Amsterdam (Niederlande), freigegeben. KNDS beabsichtigt, ihre Beteiligung an Renk auf 25 Prozent + 1 Stimme aufzustocken. Renk hat ihren Schwerpunkt im Rüstungsbereich und vertreibt insbesondere Getriebe und Federungssysteme für militärische Fahrzeuge und bietet entsprechende After-Sales-Produkte und -Dienstleistungen an.

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