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Holzvermarktung und kartellrechtkonforme Modelle


Das Land Baden-Württemberg zieht Zusagen im Rundholzverfahren zurück
Begründet wird die Zurücknahme der Zusagen im Wesentlichen damit, dass der im Dezember 2014 übersandte Entscheidungsentwurf des Bundeskartellamtes rechtliche Aussagen zur Abgrenzung hoheitlicher und wirtschaftlicher Tätigkeiten im Rahmen der Waldbewirtschaftung enthalte, die das Land nicht akzeptieren könne

(10.02.15) - Im Verfahren gegen das Land Baden-Württemberg wegen der dort praktizierten gebündelten Rundholzvermarktung hat das Land seine Zusagen zurückgezogen. Die Zusagen waren darauf gerichtet, die Rundholzvermarktung des Landes künftig auf eine kartellrechtskonforme Basis zu stellen. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Wir bedauern die Entscheidung des Landes Baden-Württemberg. Die vom Land angebotenen Zusagen waren geeignet, die kartellrechtlichen Probleme der gemeinsamen Holzvermarktung durch Forst BW zu beseitigen. Unser Anhörungsschreiben vom Dezember des vergangenen Jahres enthielt insofern keine neuen Forderungen oder überraschenden rechtlichen Bewertungen. Wir werden unser Verfahren jetzt zügig fortsetzen."

Begründet wird die Zurücknahme der Zusagen im Wesentlichen damit, dass der im Dezember 2014 übersandte Entscheidungsentwurf des Bundeskartellamtes rechtliche Aussagen zur Abgrenzung hoheitlicher und wirtschaftlicher Tätigkeiten im Rahmen der Waldbewirtschaftung enthalte, die das Land nicht akzeptieren könne. Darüber hinaus habe das Bundeskartellamt die vereinbarte Ausstiegsklausel für den Fall einer Änderung des Bundeswaldgesetzes faktisch für wirkungslos erklärt.

Die abweichenden Rechtsauffassungen zu diesen beiden Punkten betreffen jedoch nicht den eigentlich Gegenstand der kartellrechtsrelevanten Zusagen, die das Land Baden-Württemberg angeboten hatte.

Diese Zusagen hätten durch die Schaffung eines Staatsforstbetriebs und die Verlagerung der forsttechnischen Betriebsleitung sowie der Wirtschaftsverwaltung von der unteren Forstbehörde des Landes auf die Landkreise zu der notwendigen Trennung der Holzvermarktung für den Staatswald von der Holzvermarktung für den Körperschafts- und Privatwald geführt. Dadurch hätten die Landkreise das Holzauszeichnen auch weiterhin für die Körperschaftswaldbesitzer durchführen können, wenn letztere die Tätigkeiten nicht selbst übernehmen wollten.

Allerdings hat das Land in den Zusagen dezidiert dargelegt, dass aus seiner Sicht sowohl die Forsteinrichtung als auch die forsttechnische Betriebsleitung sowie der Revierdienst inklusive Holzauszeichnen im Körperschaftswald hoheitliche Tätigkeiten darstellten. Das Bundeskartellamt musste damit zu diesen kartellrechtlichen Ausführungen im Rahmen des Entscheidungsentwurfs Stellung nehmen.

Im Gegensatz zum Land geht das Bundeskartellamt davon aus, dass die Durchführung dieser Tätigkeiten der Waldbewirtschaftung ihrem Grunde nach wirtschaftliche Tätigkeiten sind. Dies hat auch keine Auswirkungen auf Gemeinwohl-, Naturschutz- oder Nachhaltigkeitsaspekte, denen das Land im Rahmen gesetzlicher Vorgaben in seinem Landeswaldgesetz ohnehin Rechnung trägt und deren Einhaltung wie beim Privatwald auch einer entsprechenden staatlichen Aufsicht und Kontrolle unterworfen ist. Letztlich hätten diese Ausführungen im Entscheidungstext aber keine materiellen Auswirkungen auf die Verbindlicherklärung der angebotenen Zusagen gehabt, da Forsteinrichtung und einzelne Tätigkeiten innerhalb der forsttechnischen Betriebsleitung keine unmittelbare Vermarktungsnähe aufweisen.

Im Hinblick auf die Ausstiegsklausel im Falle einer Änderung des Bundeswaldgesetzes ist festzuhalten, dass es sich hier lediglich um den Vorbehalt des Landes gehandelt hat, auf eine mögliche Änderung der Rechtslage durch eine Gesetzesänderung reagieren zu können. Zudem wurde in der Zusage gleichzeitig auf die Einschränkung durch das EU-Kartellrecht hingewiesen. Insoweit haben die Ausführungen des Amtes in seinem Entscheidungsentwurf letztlich nur die Grenzen des Vorbehalts für alle Beteiligten transparent gemacht.

Hintergrund:
Das Bundeskartellamt hat im Jahre 2012 ein Verfahren gegen das Land Baden-Württemberg und die dort praktizierte gebündelte Holzvermarktung eröffnet. Auslöser waren entsprechende Beschwerden aus der Säge- und Holzindustrie.

Über den Landesbetrieb Forst BW vertreibt Baden-Württemberg nicht nur Holz aus dem eigenen Staatswald, sondern auch das Holz von Kommunal- und Privatwäldern (rund 60 Prozent des gesamten Rundholzaufkommens in Baden-Württemberg). Dabei verhandelt Forst BW für alle Waldbesitzer die Preise und bestimmt Kunden und Verkaufskonditionen. Eine solche Kooperation unter Wettbewerbern ist nach der bisherigen Einschätzung des Bundeskartellamtes verboten.

Beispiele aus anderen Bundesländern zeigen, dass für die Holzvermarktung auch kartellrechtkonforme Modelle möglich sind.

Das Bundeskartellamt hat dem Land Baden-Württemberg bereits im Dezember 2013 seine Bedenken mitgeteilt. Daraufhin hat Baden-Württemberg in enger Abstimmung mit dem Bundeskartellamt Zusagen erarbeitet, um die kartellrechtlichen Bedenken auszuräumen. Diese Zusagen wurden heute zurückgenommen. (Bundeskartellamt: ra)


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