Sie sind hier: Home » Markt » Hintergrund

Eidgenössischer Datenschutz


14. Tätigkeitsbericht der Datenschützer in der Schweiz: Die Bereiche Polizei und Staatsschutz haben den EDÖB erneut beschäftigt
Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) verlangt, dass staatliche Datenbearbeitungen und insbesondere Überwachungsmaßnahmen jeglicher Art immer gesetzlich abgestützt werden


(05.07.07) – In der Schweiz stehen die Datenschützer offensichtlich vor dem gleichen Problem wie in Deutschland: Sowohl im privaten Sektor wie auch in der Bundesverwaltung werden weiterhin unzählige Daten bearbeitet. Somit hat auch im vergangenen Jahr der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte wiederholt einschreiten müssen, damit das Recht der Bürgerinnen und Bürger auf Privatsphäre nicht unrechtmäßig verletzt wird. In seinem 14. Tätigkeitsbericht reichen die behandelten Themen von militärischen Informationsmitteln wie Aufklärungsdrohnen über die geplante Einführung der Versichertenkarte bis hin zur Videoüberwachung in Verkaufsgeschäften und zu biometrischen Zugangskontrollen in Sport- und Freizeitanlagen. Zudem hat der Beauftragte seine Arbeit als Schlichtungsstelle im Bereich Öffentlichkeitsprinzip aufgenommen.

Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) verlangt, dass staatliche Datenbearbeitungen und insbesondere Überwachungsmaßnahmen jeglicher Art immer gesetzlich abgestützt werden. Schwerwiegende Eingriffe in die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger benötigen eine demokratische Legitimation und sind daher in einem Gesetz im formellen Sinne zu regeln.

So hat der Beauftragte im vergangenen Jahr in Zusammenhang mit dem Einsatz von Aufklärungsdrohnen der Armee zugunsten des Grenzwachtkorps wiederholt darauf hingewiesen, dass eine formelle Gesetzesgrundlage fehlt. Nach langem Hin und Her hat sich der Bundesrat schließlich dazu bereit erklärt, die Gesetzeslücke zu schließen und somit auch den Einsatz von Aufklärungsmitteln für zivile Zwecke zu regeln. Der Beauftragte weist darauf hin, dass die gesetzliche Regelung der militärischen Informationsmittel sehr konkret abgefasst werden muss. Neben den Überwachungsgeräten sind auch die Art und der Zweck der Überwachung festzuhalten.

Im Zusammenhang mit der Revision der Zollverordnung und namentlich bei der Frage, welche biometrische Daten zu welchem Zweck bearbeitet werden dürfen, legte der Beauftragte Wert auf eine transparente und verhältnismäßige Regelung. So spricht er sich etwa klar gegen das Sammeln auf Vorrat des Irismusters durch die Zollbehörden aus, da ein solches Vorgehen nicht zweckmäßig wäre.

Auch die Bereiche Polizei und Staatsschutz haben den EDÖB erneut beschäftigt. Er hat seine Praxis in Bezug auf das indirekte Auskunftsrecht – d.h. Auskunftserteilung nicht direkt vom Staatschutz, sondern über den EDÖB – auf Geheiß der Eidgenössischen Datenschutzkommission etwas gelockert: Personen, die ein Gesuch stellen, können jetzt unter bestimmten Bedingungen anstelle eines stets gleich lautenden Standardbriefs angemessene Informationen darüber erhalten, ob Daten über sie beim Bundesamt für Polizei (fedpol) bearbeitet werden. Auch im Zusammenhang mit dem Gesetzesentwurf über die polizeilichen Informationssysteme und bei der nachträglichen Information von Personen, die von Datenbearbeitungen durch das fedpol betroffen sind, hat der Beauftragte auf eine Stärkung der Rechte der betroffenen Personen hingewirkt.

Ein weiterer Bereich, in dem der EDÖB aktiv war, ist das Gesundheitswesen. Die künftige Anwendung von diagnosebezogenen Fallkostenpauschalen auf der Basis von so genannten Diagnosis Related Groups (DRG) als Grundlage für die Leistungsabrechnung stellt eine systematische Weitergabe sehr detaillierter medizinischer Personendaten durch Leistungserbringer an Versicherer dar. Der Beauftragte stellt fest, dass die dazu erforderliche gesetzliche Grundlage zurzeit fehlt. Vor der eigentlichen Anwendung der DRG ist diese Gesetzeslücke zu schließen.

Bei der Einführung der Versichertenkarte müssen die grundsätzlichen Anforderungen des Datenschutzes strikt eingehalten werden. Zurzeit ist indessen fraglich, ob dies zutrifft, insbesondere was die (freiwillige) Speicherung medizinischer Daten auf der Karte betrifft. Solange über den Zweck dieser Daten Unklarheit besteht, lässt sich kaum klären, ob sie wirklich geeignet sind und ihre Speicherung somit verhältnismäßig ist. Vor allem ist aber nicht gewährleistet, dass sich die Patienten über die Konsequenzen ihrer Einwilligung oder Nichteinwilligung zu dieser Speicherung im Klaren sind. Daher hat der Beauftragte vom Bundesamt für Gesundheit gefordert, auf die Speicherung medizinischer Daten auf der Versichertenkarte einstweilen zu verzichten.

Im Jahr 2006 kontrollierte der EDÖB bei der Firma ALDI Suisse AG im Rahmen einer Sachverhaltsabklärung die Videoüberwachungsanlagen und hielt einige wesentliche Punkte fest, die auch von anderen Firmen in dieser Branche zu beachten sind. Demnach muss die Überwachungsanlage so eingerichtet werden, dass die Privatsphäre namentlich der Angestellten optimal geschützt ist. Generell hat sich der Beauftragte für den Einsatz datenschutzfreundlicher Überwachungstechnologien ausgesprochen. Aldi akzeptierte die Empfehlungen des Beauftragten und verpflichtete sich, diese umzusetzen.

Auch die Kontrolle bei den KSS Sport- und Freizeitanlagen Schaffhausen gab Anlass zu einigen Verbesserungen. Hier ging es um die Datenschutzkonformität des biometrischen Zugangskontrollsystems. Der EDÖB hat darauf hingewirkt, dass die biometrischen Daten – in diesem Fall digitalisierte Fingerabdrücke – nicht zentral, sondern nur auf den jeweiligen Mitgliederkarten gespeichert werden. Zudem werden die KSS auf Empfehlung des Beauftragten hin Kundinnen und Kunden, die sich der Erfassung ihrer biometrischen Daten widersetzen, eine Ersatzlösung zum gleichen Preis anbieten.

Am 1. Juli 2006 trat das Öffentlichkeitsgesetz (BGÖ) in Kraft. Seither fungiert der EDÖB als Beratungs- und Schlichtungsstelle fürs Öffentlichkeitsprinzip in der Bundesverwaltung und hat in dieser Funktion bereits mehrere Empfehlungen ausgesprochen. Es zeichnet sich ab, dass die Wahrnehmung des Öffentlichkeitsprinzips ständig zunimmt. Der Beauftragte kann die stets wachsende Zahl an Schlichtungsgesuchen mit den knappen Ressourcen, die er zu deren Behandlung zur Verfügung hat, bereits heute nicht mehr fristgerecht behandeln.

Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter

(EDÖB: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Markt / Hintergrund

  • Effektiver Hinweisgeberschutz ist überfällig

    Bayern hat am 10. Februar 2023 im Bundesrat dem von der Ampel beschlossenen neuen Hinweisgeberschutzgesetz nicht zugestimmt. Unter anderem verpflichtet das Gesetz Unternehmen ab 50 Beschäftigten dazu, interne Meldestellen für Meldungen über im Gesetz genannte Verstöße einzurichten.

  • § 10 Absatz 1 Einlagensicherungsgesetz (EinSiG)

    Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat am 25. Januar 2023 für die North Channel Bank GmbH & Co. KG den Entschädigungsfall gemäß § 10 Absatz 1 Einlagensicherungsgesetz (EinSiG) festgestellt, da das Institut wegen finanzieller Schwierigkeiten nicht in der Lage ist, die bei ihm unterhaltenen Einlagen zurückzuzahlen.

  • ESG: Wo Dienstleister unterstützen

    Das Thema ESG (Environmental, Social, Governance) duldet keinen Aufschub mehr. Unternehmen begreifen ESG-Pflichten auch als Chance, das eigene Geschäftsmodell und eingespielte Wertschöpfungsprozesse zu hinterfragen. Wer sich frühzeitig mit der Materie beschäftigt, ist klar im Vorteil, denn der Markt belohnt Nachhaltigkeitsbemühungen. Die Marktanalysten von Lünendonk & Hossenfelder widmen die aktuelle Ausgabe des Lünendonk-Magazins dem Trendthema ESG. Mit den Kapiteln Regulatorik, Erfolgsfaktoren der Unternehmensführung, Digitalisierung, Lieferkette, Immobilienwirtschaft und nachhaltiger Erfolg fokussiert es auf die Herausforderungen bei der Umsetzung verpflichtender wie auch freiwilliger Maßnahmen. Als Autoren wurden neben eigenen Analysten erfahrene Führungskräfte von Serviceunternehmen gewonnen, die Lösungsansätze für die vielfältigen ESG-Anforderungen aufzeigen.

  • Recht vor neuen Herausforderungen

    Legal Tech und der Einsatz moderner Informationstechnologien im Rechts- und Wirtschaftsleben verändern die Berufswelt der Juristen. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich: "Die fortschreitende Digitalisierung stellt das Recht vor neue Herausforderungen. Legal Tech schafft neue Möglichkeiten sowohl zur Automatisierung von Abläufen als auch zur Sachbearbeitung und Rechtsberatung. Deshalb setzt die bayerische Justiz ab Juli dieses Jahres IT-Recht und Legal Tech auf den Lehrplan. Mit der Vermittlung wertvoller Zusatzkompetenzen leisten wir auch einen Beitrag für die Wettbewerbsfähigkeit des Rechtsstandorts Deutschland."

  • Wo steuert die Versicherungsbranche hin?

    Auch 2023 steht die Versicherungsbranche vor großen Herausforderungen. Der Modernisierungs- und Digitalisierungsdruck nimmt weiter zu. Fadata sieht fünf Entwicklungen, die die Versicherungslandschaft prägen werden. Die Versicherungswirtschaft steht unter einem hohen Wettbewerbsdruck und vor steigenden Markt- und Kundenanforderungen. Neue Player und Geschäftsmodelle gefährden das etablierte Stammgeschäft. Um ihre Marktposition zu sichern und zu stärken, müssen Versicherer Innovationen konsequent vorantreiben.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen