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Verschärfung des TK-Gesetzes


Call Center-Branche fürchtet Massenentlassungen: Änderung des Telekommunikationsgesetzes hätte "Kostenexplosion" zur Folge
Unseriös arbeitende Call Center provozieren TK-Gesetzesänderung – Call Center zeigen mangelnde Fähigkeit zur Selbstkritik


(04.04.08) - Die von der Bundesregierung geplante Änderung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) versetzt die betroffenen Wirtschaftsbranchen in helle Aufregung. So müsse bei einem Wechsel des TK-Anbieters als auch bei einer Änderung der Betreibervorauswahl (Preselection) vom neuen Telekommunikationsanbieter in Textform nachgewiesen werden, dass der Kunde den alten Vertrag gekündigt habe.

Die Bundesregierung wolle mit dieser Maßnahme das unrechtmäßige Unterschieben von Verträgen ("Slamming") durch unseriös arbeitende Call Center unterbinden. "Wenn das Abschließen mündlicher Verträge generell zu einem Vabanque-Spiel für die Call Center-Branche wird, ist eine ähnliche Massenentlassungsrunde absehbar wie bei der Zementierung des staatlichen Sportwettenmonopols", befürchtet Bernhard Steimel, Sprecher der Voice Days.

Auch der Verband der Anbieter für Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) lehnt die schriftliche Bestätigung von telefonisch abgeschlossenen Verträgen und Kündigungen der bisherigen Vertragsverhältnissen ab: "Den Vorschlag der Bundesregierung bewerten wir äußerst kritisch: Die Möglichkeit, Verträge auch telefonisch abschließen zu können, ist aus weiten Bereichen des Alltags nicht mehr wegzudenken und in der Telekommunikationswirtschaft ein sehr wichtiges und bewährtes Marketinginstrument, das täglich von tausenden Kunden genutzt wird, die schnell und unkompliziert Bestellungen aufgeben wollen", erklärt VATM-Präsident Gerd Eickers. Wenn sich Bundeswirtschaftsminister Michael Glos mit seinen Vorschlägen durchsetze, wäre dies künftig nicht mehr möglich.

"Das Wirtschaftsministerium sollte eigentlich Hüter der Marktwirtschaft im Geiste Ludwig Erhards sein und kein Arbeitsplatzvernichter. Glos produziert derzeitig einen kurzsichtigen und höchst wirtschaftsfeindlichen Aktionismus auf Kosten der florierenden Call Center-Branche. Vielleicht sollte der bayerische Politiker einmal einen Blick in das Bürgerliche Gesetzbuch werfen, statt Gesetze auf den Weg zu bringen, die gegen die deutsche Rechtssystematik verstoßen", moniert Steimel.

Ein bürokratisches Schriftformerfordernis verteure nach Erkenntnissen von Eickers die Kundenakquise drastisch und würde zu einer extremen finanziellen Belastung der betroffenen Unternehmen führen. "Hinzu kommt, dass das Gesetzesvorhaben nur einen kleinen Teil der Problemfälle lösen würde und etwa die in der Öffentlichkeit und von den Verbraucherschutzzentralen häufig beklagten Werbeanrufe des Ex-Monopolisten unberücksichtigt blieben", warnt Eickers.

Der VATM schlägt als Alternative vor, statt des schriftlichen Vertrages eine Audio-Aufzeichnung (Voice Recording) des mündlich eingegangenen Vertrages als ausreichenden Beweis für die Wirksamkeit eines solchen Vertrages anzuerkennen.

"Aus meiner Sicht ist das eine ganz ausgezeichnete Idee, die von der Initiative Voice Business unterstützt wird. Moderne Verschlüsselungstechnologien schützen die Aufzeichnungen durch eine Signatur vor Manipulationen und machen sie so als Original verifizierbar und gerichtsfest. Wer ohnehin alle Gespräche aufzeichnen muss, um Abschlüsse machen zu können, dem eröffnen sich weitere Chancen durch die Sprachtechnologie. Man könne sie zu Analysezwecken und für Schulungen einsetzen. Zudem ist es möglich, systematisch die Qualität und Leistungsfähigkeit der Agenten zu steigern. Ist die Technologie einmal im Hause vorhanden, lassen sich weitere Anwendungslogiken mit vertretbarem Aufwand aufsetzen – wie die Anrufvorqualifizierung und ein nachgelagertes, automatisiertes Controlling per Sprachdialogsystem", sagt Steimel.

Mit dem Voice Recording-Instrument könnte man nach Meinung des VATM die Rechtssicherheit bei Verbrauchern und Unternehmen stärken. "Unzulässige Werbemethoden und das Unterschieben von Verträgen werden praktisch ausgeschlossen", so Eickers. Die unseriösen Call Center könne man mit dieser Maßnahme trockenlegen und den Verbraucherschutz stärken. (ne-na.de: ra)

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