Verbesserung von Sozialstandards komplex


Handel: Korruption behindert Fortschritte bei Sozialstandards
60 Prozent der Befragten sehen in der weiter um sich greifenden Korruption eine wichtige Ursache

(26.02.15) - Die Verbesserung von Sozialstandards in den Lieferländern scheitert überwiegend an Korruption und der mangelnden Durchsetzung bestehender Gesetze. Dies ist das Ergebnis einer Unternehmensumfrage der Außenhandelsvereinigung des Deutschen Einzelhandels e.V. (AVE). In der AVE haben sich führende deutsche Marken-, Versand- und Einzelhandelsunternehmen zusammengeschlossen, darunter Kaufhof, Puma, Otto, Tchibo, Lidl oder C&A.

"In den letzten Jahren sind in den Lieferländern zunehmend bessere Gesetze zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen erlassen worden", sagte AVE-Hauptgeschäftsführer Jens Nagel. "Allerdings werden diese Gesetze meist umgangen oder nicht durchgesetzt."

Für die Erhebung wurden über 100 Geschäftsführer, Einkäufer und CSR-Verantwortliche in Deutschland befragt. Alle befragten Unternehmen sind Mitglieder der Business Social Compliance Initiative (BSCI), die sich aktiv für die Verbesserung der Sozialstandards in der Lieferkette einsetzt. Laut 73 Prozent der Befragten ist die mangelnde Durchsetzung von Gesetzen verantwortlich dafür, dass Sozialstandards nicht eingehalten werden. 60 Prozent der Befragten sehen in der weiter um sich greifenden Korruption eine wichtige Ursache. Den zunehmenden Preisdruck im Einzelhandel benennen 56 Prozent der Befragten als einen weiteren Grund für die langsamen Fortschritte.

Auf die Frage, ob höhere Preise ein geeignetes Instrument zur Verbesserung der Sozialstandards sind, antworteten 80 Prozent der Befragten mit Nein. 79 Prozent dieser Gruppe begründet dies damit, es sei nicht sichergestellt, dass das Geld auch tatsächlich zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen eingesetzt wird. 71 Prozent gaben an, ihre Kunden würden keine Preiserhöhungen akzeptieren. Rund 40 Prozent halten höhere Preise für Massenprodukte für unrealistisch. Sie ließen sich nur für Nischenprodukte durchsetzen.

Insgesamt sieht die Branche jedoch auch positive Entwicklungen. So gaben 93 Prozent an, dass sich das Bewusstsein der Lieferanten in Sachen Sozialstandards in den letzten Jahren verbessert habe. Die Frage allerdings, ob sie gute Sozialstandards in der Lieferkette hundertprozentig garantieren können, beantworteten eine große Mehrheit der Befragten (87 Prozent) mit Nein.

"Die Umfrage macht deutlich, dass die Verbesserung von Sozialstandards ein komplexes Projekt ist, bei dem viele Akteure gefordert sind – der Handel, die Verbraucher und die Verantwortlichen vor Ort", so Nagel. Die Handels-Initiative BSCI setzt sich seit Jahren für die Verbesserung der Sozialstandards in den Lieferländern ein. Dazu hat sie eine Vielzahl von Maßnahmen und Projekten gestartet, darunter Sozialaudits und Schulungen in Unternehmen, aber auch Runde Tische mit Regierungsvertretern, Gewerkschaften und NGOs vor Ort. "Wirklich nachhaltige Fortschritte werden wir aber nur erzielen, wenn vor Ort ein Bewusstseinswandel stattfindet und die beschlossenen Gesetze auch tatsächlich durchgesetzt werden", unterstrich der AVE-Hauptgeschäftsführer. "Dazu sind die Regierungen in den Lieferländern in der Pflicht."

Der 2003 gegründeten BSCI gehören derzeit rund 1.500 Handelsunternehmen vor allem aus Europa an, darunter fast 600 Unternehmen aus Deutschland. Die Mitglieder verpflichten sich, nur mit Lieferanten zusammenzuarbeiten, die den BSCI Code of Conduct und die Standards der International Labour Organisation (ILO) befolgen. Die Einhaltung dieser Standards wird in unangekündigten Audits kontrolliert. Darüber hinaus fördert die BSCI mit erheblichen Mitteln das "Capacity building" in den Produktionsländern. In Seminaren und Workshops werden Unternehmen und Unternehmen zu Themen wie Brandschutz, Arbeitssicherheit, Arbeitszeiten etc. geschult. Den dritten Schwerpunkt bildet die Zusammenarbeit mit lokalen Stakeholdern wie Regierungsvertretern, Verbänden, Gewerkschaften und NGOs. (AVE: ra)

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