Exporting Corruption Report 2022


Studie zur Verfolgung von Auslandsbestechung legt offen: Entwicklung weltweit und in Deutschland rückläufig
Kritik: Verfolgung der Auslandsbestechung wird in Deutschland vor allem durch ein fehlendes Unternehmenssanktionsrecht untergraben




Die Antikorruptionsorganisation Transparency International hat den neuen "Exporting Corruption" Bericht veröffentlicht. Die Studie untersucht und bewertet die Verfolgung von Auslandsbestechung durch Unternehmen und Individuen in 47 Ländern. Seit der ersten Veröffentlichung der Ergebnisse im Jahr 2009 war die Verfolgung nie auf einem niedrigeren Niveau. Der globale Negativtrend kann zwar zum Teil auf die Auswirkungen der zwei Corona-bedingten Pandemie Jahre zurückgeführt werden, insgesamt bleibt die Verfolgung von Auslandsbestechung jedoch weltweit ernüchternd. Deutschland wird für den Zeitraum 2018-2021 erneut als "moderat" eingestuft, die Punktzahl sinkt jedoch von 273 auf 206. Die Ursache dafür liegt vor allem in der unzureichenden Regelung der Unternehmensverantwortung.

Dr. Angela Reitmaier, Expertin von Transparency Deutschland, kritisiert: "Die Verfolgung der Auslandsbestechung wird in Deutschland vor allem durch ein fehlendes Unternehmenssanktionsrecht untergraben. Es liegt weiterhin im Ermessen der jeweiligen Staatsanwaltschaft, ob überhaupt Ermittlungen eingeleitet werden. Bei Individuen hatte die OECD Deutschland 2018 eine strikte Durchsetzung der OECD-Konvention gegen Auslandsbestechung bescheinigt und ein ebenso entschiedenes Vorgehen gegenüber Unternehmen gefordert. Obwohl die meisten Auslandsbestechungstaten von Individuen zugunsten der dahinterstehenden Unternehmen begangen werden, sind seit Inkrafttreten der OECD-Konvention nur in einem Viertel der Fälle auch Unternehmen sanktioniert worden. Trotz der Kritik der OECD hat sich dieses Verhältnis nicht verbessert. Hinzu kommt, dass die Höhe der Sanktionen mit maximal 10 Millionen Euro bei Vorsatz und 5 Millionen Euro bei Fahrlässigkeit nach dem geltenden Ordnungswidrigkeitengesetz bei großen Unternehmen und schwerwiegenden Verfehlungen völlig unzureichend ist. Die Ampel kann nun zeigen, dass sie es ernster meint und zügig ein Unternehmenssanktionsgesetz auf den Weg bringen."

Darüber hinaus fehlt es für eine effektive Verfolgung von Auslandsbestechung an personellen Ressourcen, aber auch an Weiterbildungsmaßnahmen. Ebenso wichtig ist auch die Transparenz von Entscheidungen.

Dazu Dr. Angela Reitmaier:
"Wir fordern seit langem eine Veröffentlichung von allen Entscheidungen in Fällen von Auslandsbestechung. Dies ist jetzt auch Bestandteil einer im November 2021 verabschiedeten Empfehlung der OECD geworden. Und nach dem Koalitionsvertrag sollen allgemein Gerichtsentscheidungen in anonymisierter Form öffentlich verfügbar sein. Wir erwarten von der Bundesregierung, auf die Länder einzuwirken, damit sie diese Entscheidungen auch tatsächlich veröffentlichen."

Ein weiteres Problem bei der Verfolgung von Auslandsbestechung in Deutschland stellt der fehlende Hinweisgeberschutz dar. Die Frist zur Umsetzung der EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern wurde bereits überschritten. Der nun im Sommer vorgelegte Regierungsentwurf geht jedoch an einigen Stellen nicht weit genug. Das eigentliche Ziel, einen effektiven Schutz für Hinweisgebende gesetzlich zu verankern, wurde damit verpasst. Nun liegt es am Parlament, an den richtigen Stellen nachzuschärfen.

Hintergrund
Auslandsbestechung richtet in Ländern auf der ganzen Welt verheerende Schäden an, indem öffentliche Gelder illegal in private Gewinne umgewandelt werden und große multinationale Unternehmen unzulässigen Einfluss auf die Entscheidungsfindung der Regierung erlangen. Transparency International untersucht daher seit 2005 regelmäßig die Umsetzung der OECD-Konvention gegen die Bestechung ausländischer Amtsträgerinnen und Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr.

Grundlage des "Exporting Corruption" Berichts ist die 1997 abgeschlossene OECD-Konvention gegen Auslandsbestechung. Der Bericht bewertet 43 der 44 OECD-Konventions-Länder sowie vier weitere wichtige Exportländer, die gemeinsam fast 85% der weltweiten Exporte ausmachen. Für den Zeitraum 2018-2021 gibt es nur zwei Länder, die die Bewertung "aktiv" erhalten: die USA und die Schweiz. Zwei ehemals aktive Durchsetzer – darunter das Vereinigte Königreich mit 3,4 Prozent der weltweiten Exporte und Israel – sind in diesem Jahr auf eine moderate Durchsetzung zurückgefallen. Darüber hinaus haben sieben weitere Länder ihr Durchsetzungsniveau gesenkt.

Methodik
Transparency International ordnet im Exporting Corruption Report die Länder der OECD-Konvention in eine von vier Kategorien ein, um den Grad der Durchsetzung der Konvention im Zeitraum 2016-2019 darzustellen.

Transparency International berücksichtigt bei der Kategorisierung zwei Faktoren: Unterschiedliche Durchsetzungsaktivitäten und Punktesystemgewichtung sowie den Anteil an den weltweiten Exporten.
Jedes Land wird auf der Grundlage seiner Durchsetzungsaktivitäten in Bezug auf Aufwand und Engagement bei der Durchsetzung sowie auf die abschreckende Wirkung durch Ermittlungen, die Erhebung von Anklagen zur Einleitung von Verfahren und den Abschluss von Verfahren mit Sanktionen bewertet. Fälle, die ohne Sanktionen abgeschlossen wurden, werden nicht gezählt.
(Transparency: ra)

eingetragen: 13.11.22
Newsletterlauf: 19.01.23

Transparency International: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Meldungen: Markt / Unternehmen

  • Datenschutz als Innovations-Bremse

    Mehr als zwei Drittel der Unternehmen in Deutschland fühlen sich vom Datenschutz ausgebremst. 70 Prozent haben bereits mindestens einmal Pläne für Innovationen aufgrund von Datenschutz-Vorgaben oder Unsicherheiten bei der Anwendung des geltenden Rechts gestoppt. Vor einem Jahr lag der Anteil noch bei 61 Prozent. Aktuell sagen wie im Vorjahr 17 Prozent, dass sie einmal auf Innovationspläne verzichtet haben. Bei 35 Prozent war das dagegen bereits mehrfach der Fall (2024: 27 Prozent) und bei 18 Prozent sogar häufig (2024: 17 Prozent). Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von 605 Unternehmen ab 20 Beschäftigten in Deutschland im Auftrag des Digitalverbands Bitkom.

  • Gefahr von Cyberattacken

    IT-Verantwortliche bewerten das Risiko, dass ihr Unternehmen Opfer einer Cyberattacke wird, so hoch wie nie zuvor: Fast sieben von zehn Befragten (69 Prozent) befürchten laut einer aktuellen EY-Studie Hackerangriffe und bewerten die Gefahr dabei als "eher hoch" bis "sehr hoch". Besonders große Sorgen machen sich die Befragten in den Bereichen Technologie, Medien und Telekommunikation (82 Prozent), Energie und Metallverarbeitung (80 Prozent), Pharma und Gesundheit sowie Bau und Immobilien (jeweils 71 Prozent).

  • Revolution in der Fertigung

    NTT Data stellte die Ergebnisse ihrer neuesten Studie vor. Die Daten zeigen, dass Fertigungsunternehmen beim Einsatz von GenAI zwar vor einigen Hürden stehen, die Technologie aber das Potenzial hat, ein ganz neues Niveau an Effizienz und Innovationskraft hervorzubringen. Neben den vielen Anwendungsbereichen von GenAI untersuchte die Studie "Von der Fertigungshalle ins KI-Zeitalter: Haben Sie einen Masterplan oder Nachholbedarf?" auch die Herausforderungen, denen sich das produzierende Gewerbe gegenübersieht.

  • Drei Viertel lassen KI-Chancen liegen

    Ob zur Qualitätskontrolle, Automatisierung, Energieeinsparung oder Steuerung von Robotern - die Anwendungsmöglichkeiten für Künstliche Intelligenz in der Produktion sind zahlreich. Mit Blick auf die deutsche Industrie zeigt sich aber: Nur einem Viertel der Unternehmen gelingt es nach eigener Einschätzung bereits gut, die Potenziale von KI zu nutzen (24 Prozent). Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Befragung im Auftrag des Digitalverbands Bitkom, die unter 552 Industrieunternehmen des verarbeitenden Gewerbes ab 100 Beschäftigten in Deutschland durchgeführt wurde. Die übrigen drei Viertel sehen sich noch nicht imstande, entsprechende Möglichkeiten auszuschöpfen (72 Prozent).

  • Lösungsansätze gegen den GenAI-Gender Gap

    Frauen drohen bei Künstlicher Intelligenz (KI), die bis 2030 allein in Deutschland 3 Millionen Jobs verändern könnte, ins Hintertreffen zu geraten. So zeigen aktuelle Zahlen von Coursera, dass lediglich 27 Prozent der Lernenden in Generative-AI (GenAI)-Kursen in Deutschland (102.000 Einschreibungen) weiblich sind. Dies liegt noch unter dem weltweiten Durchschnitt von 32 Prozent und reicht im Ländervergleich gerade für einen Platz in den Top-Ten (Platz 9). Und das, obwohl sich allein auf Coursera im vergangenen Jahr weltweit alle 10 Sekunden jemand in einen GenAI-Kurs einschrieb.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen