Deutschland braucht Unternehmensstrafrecht


Auslandsbestechung: 20 große Exportländer verstoßen gegen internationale Verpflichtungen
Deutschland wird erneut aktive Strafverfolgung bescheinigt

(02.09.15) - Transparency International hat den Bericht "Exporting Corruption" zum Stand der Strafverfolgung der Auslandsbestechung von Amtsträgern im Geschäftsverkehr veröffentlicht. Der Bericht zeigt, dass 20 und damit nahezu die Hälfte der Unterzeichnerstaaten der OECD-Konvention, wenige oder keine Anstrengungen unternehmen, um Auslandsbestechung zu verfolgen. 16 Jahre nach Inkrafttreten der Konvention wird wie im vergangenen Jahr nur vier von 41 Vertragsstaaten eine aktive Verfolgung bescheinigt: Deutschland, Großbritannien, Schweiz und USA.

Es bedarf klarer rechtlicher Regelungen zur strafrechtlichen Verantwortung von Unternehmen, um die Verfolgung von Bestechung im Ausland zu stärken. Gegenwärtig werden Rechtsverletzungen von Unternehmen auf der Grundlage des Ordnungswidrigkeitenrechts verfolgt. Die Sanktionierung unterliegt somit dem Opportunitätsprinzip und nicht dem Legalitätsprinzip der Strafprozessordnung, das eine strafrechtliche Verfolgung zwingend vorschreibt. Hier besteht dringender gesetzgeberischer Handlungsbedarf. Der Koalitionsvertrag sieht vor, zumindest für multinationale Unternehmen die Einführung eines Unternehmensstrafrechts zu prüfen. Der Transparency-Bericht empfiehlt zudem, insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen das Bewusstsein für Compliance- und Antikorruptionsmaßnahmen zu erhöhen.

Fehlende Transparenz bei der Veröffentlichung von Korruptionsfällen und unzureichender Hinweisgeberschutz

Der Bericht "Exporting Corruption" empfiehlt für Deutschland, die Praxis der Anonymisierung von Falldarstellungen zu überprüfen, insbesondere in Bezug auf die Namen von Unternehmen und die ausländischen Staaten, deren Amtsträger bestochen wurden. Auf Bundesebene sollte ein Lagebericht zur Auslandsbestechung mit Fallschilderungen erstellt werden.

Auch der gesetzliche Hinweisgeberschutz bleibt unzureichend geregelt und Hinweisgeber im privaten Sektor nicht ausreichend geschützt.

Edda Müller, Vorsitzende von Transparency Deutschland: "Die Bundesregierung muss endlich ihrer Verpflichtung im Koalitionsvertrag, die Gesetzgebung zum Whistleblower-Schutz zu überprüfen, nachkommen. Bislang wurden alle Initiativen der Oppositionsfraktionen im Deutschen Bundestag von den Koalitionsfraktionen abgelehnt, diese sollten dringend einen eigenen Vorschlag zur Verbesserung des rechtlichen Schutz des Hinweisgebers vorlegen."

G20-Staaten verfehlen ihre Ziele

Sechs G20-Staaten wird eine geringe oder keine aktive Verfolgung von Auslandsbestechung bescheinigt. Damit verstoßen sie gegen ihre eigens gesetzten Ziele des G20-Aktionsplans zur Korruptionsbekämpfung für 2015 - 2016.

Immerhin haben vier Länder ihre Bemühungen verstärkt und sich verbessert. Norwegen wird mittlerweile eine moderate statt eine eingeschränkte Verfolgung bescheinigt. Auch Griechenland, die Niederlande und Südkorea haben sich im Vergleich zum Vorjahr leicht verbessert. Argentinien hat sich als einziges Land verschlechtert und kann nur eine sehr begrenzte Umsetzung der OECD-Konvention vorweisen.

Zum Hintergrund
Das Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr (OECD-Konvention) ist seit 1999 in Kraft. Es stellt einen wichtigen Meilenstein im Kampf gegen Korruption dar, denn davor war es vollkommen legal für deutsche Unternehmen, Amtsträger im Ausland zu bestechen. Bestechungsgelder konnten als "nützliche Aufwendungen" von der Steuer abgesetzt werden. Die Umsetzung der Konvention in deutsches Recht erfolgte mit dem Internationalen Bestechungs-Gesetz (IntBestG), das ebenfalls 1999 in Kraft trat. (Transparency: ra)



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Meldungen: Studien

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    IT-Verantwortliche bewerten das Risiko, dass ihr Unternehmen Opfer einer Cyberattacke wird, so hoch wie nie zuvor: Fast sieben von zehn Befragten (69 Prozent) befürchten laut einer aktuellen EY-Studie Hackerangriffe und bewerten die Gefahr dabei als "eher hoch" bis "sehr hoch". Besonders große Sorgen machen sich die Befragten in den Bereichen Technologie, Medien und Telekommunikation (82 Prozent), Energie und Metallverarbeitung (80 Prozent), Pharma und Gesundheit sowie Bau und Immobilien (jeweils 71 Prozent).

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    NTT Data stellte die Ergebnisse ihrer neuesten Studie vor. Die Daten zeigen, dass Fertigungsunternehmen beim Einsatz von GenAI zwar vor einigen Hürden stehen, die Technologie aber das Potenzial hat, ein ganz neues Niveau an Effizienz und Innovationskraft hervorzubringen. Neben den vielen Anwendungsbereichen von GenAI untersuchte die Studie "Von der Fertigungshalle ins KI-Zeitalter: Haben Sie einen Masterplan oder Nachholbedarf?" auch die Herausforderungen, denen sich das produzierende Gewerbe gegenübersieht.

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    Ob zur Qualitätskontrolle, Automatisierung, Energieeinsparung oder Steuerung von Robotern - die Anwendungsmöglichkeiten für Künstliche Intelligenz in der Produktion sind zahlreich. Mit Blick auf die deutsche Industrie zeigt sich aber: Nur einem Viertel der Unternehmen gelingt es nach eigener Einschätzung bereits gut, die Potenziale von KI zu nutzen (24 Prozent). Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Befragung im Auftrag des Digitalverbands Bitkom, die unter 552 Industrieunternehmen des verarbeitenden Gewerbes ab 100 Beschäftigten in Deutschland durchgeführt wurde. Die übrigen drei Viertel sehen sich noch nicht imstande, entsprechende Möglichkeiten auszuschöpfen (72 Prozent).

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    Frauen drohen bei Künstlicher Intelligenz (KI), die bis 2030 allein in Deutschland 3 Millionen Jobs verändern könnte, ins Hintertreffen zu geraten. So zeigen aktuelle Zahlen von Coursera, dass lediglich 27 Prozent der Lernenden in Generative-AI (GenAI)-Kursen in Deutschland (102.000 Einschreibungen) weiblich sind. Dies liegt noch unter dem weltweiten Durchschnitt von 32 Prozent und reicht im Ländervergleich gerade für einen Platz in den Top-Ten (Platz 9). Und das, obwohl sich allein auf Coursera im vergangenen Jahr weltweit alle 10 Sekunden jemand in einen GenAI-Kurs einschrieb.

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