Software-Nutzung bei Quellen-TKÜ


Rechtsgrundlagen und Einsatz der Quellen-Telekommunikationsüberwachung
FDP-Fraktion: Erhebliche praktische und verfassungsrechtliche Unsicherheiten im Zusammenhang mit den geltenden Regelungen zur Quellen-TKÜ



Die Nutzung von Software bei Online-Durchsuchungen und Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) ist ein Thema der Antwort der Deutschen Bundesregierung (19/1505) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/1020). Wie die Bundesregierung darin ausführt, nutzen gesetzlich befugte Sicherheitsbehörden zur Durchführung von Maßnahmen der Quellen-TKÜ und Online-Durchsuchung verschiedene Softwareprodukte, um die operativen Bedarfslagen abzudecken. Vor ihrem Einsatz werden Produkte zur Durchführung von Maßnahmen der informationstechnischen Überwachung den Angaben zufolge auf Konformität mit der aktuellen Rechtslage geprüft. Erst nach positivem Abschluss dieser Prüfungen werden die Produkte für den Einsatz freigegeben, wie aus der Vorlage weiter hervorgeht.

Vorbemerkung der Fragesteller (Auszug)
Personen, die einer Straftat verdächtig sind, nutzen zunehmend standardmäßig verschlüsselte Kommunikationsmittel wie beispielsweise Skype, WhatsApp oder Telegram. Vor diesem Hintergrund hat der Deutsche Bundestag in der 18. Wahlperiode mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD den Einsatz der Onlinedurchsuchung und der Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) durch die Strafverfolgungsbehörden ermöglicht. Ihre Rechtsgrundlage findet die Quellen-TKÜ zu repressiven Zwecken in § 100a Absatz 1 Satz 2 und 3 der Strafprozessordnung (StPO). Dabei soll § 100a Absatz 1 Satz 3 StPO eine spezifische Ermächtigungsgrundlage für verschlüsselte Kommunikationsmittel enthalten, während § 100a Absatz 1 Satz 2 StPO die Ermächtigungsgrundlage für unverschlüsselte Kommunikationsmittel enthalten soll (vgl. Formulierungshilfe der Bundesregierung für einen Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 18/11272, Ausschussdrucksache 18(6)334).

Medienberichten zufolge hat das Bundeskriminalamt (BKA) nun damit begonnen, dieses Instrument zu nutzen, um so auch verschlüsselte Botschaften lesen zu. Neben der eigens konzeptionierten Remote Communication Interception Software (RCIS) stehe dem BKA hierfür die von der FinFisher GmbH entwickelte Software FinSpy zur Verfügung. Unbekannt ist, wie oft und mit welchem Erfolg die Programme bereits zur Strafverfolgung eingesetzt wurden.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) legte im Jahr 2008 für die Überwachung informationstechnischer Systeme zu präventiven Zwecken einen differenzierten Prüfungsmaßstab fest. Wenn und solange sich eine Überwachung ausschließlich auf Daten aus einem laufenden Telekommunikationsvorgang beschränkt, ist ihre Rechtsgrundlage nur an Artikel 10 des Grundgesetzes (GG) (Fernmeldegeheimnis) zu messen. Sind daneben weitere personenbezogene Daten umfasst, die einen Einblick in wesentliche Teile der Lebensgestaltung des Betroffenen oder gar ein aussagekräftiges Bild seiner Persönlichkeit geben, betrifft die Maßnahme zugleich das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme aus Artikel 2 Absatz 1 i. V. m. Artikel 1 Absatz 1 GG. Dieser spezifische Grundrechtsschutz erstrecke sich auch "auf solche Mobiltelefone oder elektronische Terminkalender, die über einen großen Funktionsumfang verfügen und personenbezogene Daten vielfältiger Art erfassen und speichern können" (vgl. BVerfG, Urteil vom 27. Februar 2008 – 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07, Rn. 203).

In Bezug auf die Eingriffsermächtigung forderte das BVerfG, dass diese "tatsächliche Anhaltspunkte einer konkreten Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut" voraussetzen müsse, und stellte fest: "Zum Schutz sonstiger Rechtsgüter Einzelner oder der Allgemeinheit in Situationen, in denen eine existenzielle Bedrohungslage nicht besteht, ist eine staatliche Maßnahme grundsätzlich nicht angemessen" (vgl. BVerfG, Urteil vom 27. Februar 2008 – 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07, Rn. 247 bis 248). Ferner seien – neben der Erforderlichkeit einer richterlichen Anordnung –Vorkehrungen für den Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung zu treffen.

In einer jüngeren Entscheidung zur präventiven Quellen-TKÜ nach § 20l Absatz 2 des Bundeskriminalamtgesetzes (BKAG) hob das BVerfG hervor, dass maßgeblich sei, dass "das Gesetz keinen Zweifel lasse, dass eine Quellen-TKÜ nur bei einer technisch sichergestellten Begrenzung der Überwachung auf die laufende Kommunikation erlaubt ist". Anderenfalls käme nur ein Vorgehen in Form einer Online-Durchsuchung unter den Voraussetzungen von § 20k Absatz 1 BKAG in Betracht (vgl. BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 – 1 BvR 966/09, 1 BvR 1140/09, Rn. 234).

Das BKA ist der Auffassung, dass die eingesetzte Quellen-TKÜ ausschließlich Inhalte der laufenden Kommunikation zugänglich mache. Demzufolge wären die vom BVerfG im Urteil vom 27. Februar 2008 geforderten Voraussetzungen zum Eingriff in das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme nicht einschlägig (vgl. auch Bundestagsdrucksache 18/12785, S. 50).
(Deutsche Bundesregierung: ra)

eingetragen: 19.04.18
Newsletterlauf: 01.06.18



Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • AfD will Gebäudeenergiegesetz abschaffen

    Die AfD-Fraktion will das Gebäudeenergiegesetz (GEG) abschaffen und verlangt in einem Antrag (21/227) außerdem, auf die CO2-Bepreisung von Heizöl und Gas zu verzichten. Die entsprechenden Vorschriften sollen "schnellstmöglich, vollständig und ersatzlos" gestrichen werden. Zudem soll die Umsetzung aller entsprechenden EU Verordnungen und Richtlinien (etwa der sogenannte Green Deal der EU) sowie damit verbundene Regulierungen wie der CO2-Grenzausgleich sofort beendet werden.

  • Änderung der Verordnung (EU) 2017/625

    Die Bundestagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen drängt auf eine verpflichtende Produktkennzeichnung für Lebensmittel, die genomisch verändert wurden. Anlass ist ein Vorschlag der Europäischen Kommission, die im Juli 2023 einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über mit genomischen Techniken gewonnene Pflanzen und die aus ihnen gewonnenen Lebens- und Futtermittel vorgelegt hat.

  • Steuerhinterziehung & Cum-Cum

    Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verlangt in einem Antrag (21/226), organisierte Steuerhinterziehung wie die sogenannten Cum-Cum-Deals aufzuklären und die Steuermilliarden konsequent zurückzufordern. Dazu sollen die Aufbewahrungsfristen für Belege bei Finanzinstitutionen verlängert werden. Der Antrag steht am Donnerstag auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages.

  • Ausschuss gegen Cum-Cum-Antrag der Grünen

    Der Finanzausschuss hat mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU und SPD einen Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel "Organisierte Steuerhinterziehung wie Cum-Cum-Deals aufklären, Steuermilliarden konsequent zurückfordern und Aufbewahrungsfristen für Belege bei Finanzinstitutionen verlängern" (21/226) abgelehnt. Für den Antrag stimmten neben der Antragstellerin die Fraktionen der AfD und Die Linke.

  • Versorgungslage signifikant verbessert

    Die Inbetriebnahme des vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) entwickelten Frühwarnsystems bei Arzneimittel-Lieferengpässen in einer funktionsfähigen Basisversion ist nach Angaben der Bundesregierung für das vierte Quartal 2025 vorgesehen. Der Aufbau des Frühwarnsystems habe insbesondere bei der Beobachtung und Bewertung der Versorgung mit antibiotikahaltigen Arzneimitteln für Kinder unterstützende Daten geliefert, heißt es in der Antwort (21/338) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (21/171) der AfD-Fraktion.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen