KfW, Datenschutz und Deutsche Telekom AG


Mögliche datenschutzrechtliche Verfehlungen der Deutschen Telekom AG waren kein Thema bei Gesprächen mit führenden Vertretern der Telekommunikationsbranche
FDP hakte nach: Verantwortung der Bundesregierung und der KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau bei datenschutzrechtlichen Verfehlungen der Deutschen Telekom AG


(16.07.08) - Die möglichen datenschutzrechtlichen Verfehlungen der Deutschen Telekom AG, die Gegenstand eines laufenden staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens sind, waren nicht Thema des Gesprächs, das die Bundesregierung am 2. Juni 2008 mit führenden Vertretern der Telekommunikationsbranche geführt hat. Dies erklärt die Bundesregierung in ihrer Antwort (16/9726) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (16/9508).

Gegenstand des Gesprächs sei das gesamtstaatliche Interesse an einem vertrauenswürdigen und sicheren Umgang mit Telekommunikationsdaten gewesen. Interne Vorgänge des Aufsichtsrates würden bei börsennotierten Aktiengesellschaften grundsätzlich zum Kern des einer strikten Vertraulichkeit unterliegenden Unternehmensbereichs zählen. Nach Aktienrecht könne und dürfe die Bundesregierung insoweit keine Auskunft erteilen.

Über die Höhe des jährlichen volkswirtschaftlichen Gesamtschadens aus Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen in der Bundesrepublik Deutschland würden der Bundesregierung keine belastbaren Erkenntnisse vorliegen, heißt es weiter.

Vorbemerkung der Fragesteller:
Die Deutsche Telekom AG (DT AG) steht im Verdacht, zumindest unverhältnismäßige – wenn nicht rechtswidrige – Maßnahmen zur Identifikation von Quellen des Verrats von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen unternommen zu haben. Nach Presseberichten war der Aufsichtsrat der DT AG bei der Thematisierung respektive Beschlussfassung dieser Handlungen mit eingebunden (FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND, 30. Mai 2008, Seite 1). Die DT AG ist gegenwärtig wesentlich im direkten (Anteil Bund: 15 Prozent) beziehungsweise indirekten Besitz (Anteil KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau: 17 Prozent) der Bundesrepublik Deutschland. Daher stellen Bundesregierung und KfW Aufsichtsratmitglieder des Unternehmens.

1. Sind nach Kenntnis der Bundesregierung Untersuchungen gegenüber der DT AG, derzeitigen oder ehemaligen Mitgliedern des Vorstandes beziehungsweise des Aufsichtsrats des Unternehmens auf Basis datenschutz- oder fernmelderechtlicher Verstöße anhängig?
Wenn ja, welche Behörden sind damit beschäftigt, und wann wurden die Untersuchungen eingeleitet?

Die Deutsche Telekom AG hat am 24. Mai 2008 bekannt gegeben, dass sie wegen im Jahre 2005 und möglicherweise auch im Jahre 2006 aufgetretenen Fällen von missbräuchlicher Nutzung von Verbindungsdaten am 14. Mai 2008 Anzeige bei der zuständigen Staatsanwaltschaft gestellt hat. Ferner hat sie mitgeteilt, dass eine Kölner Anwaltskanzlei auf Wunsch des Vorstands und des Aufsichtsrats mit einer unabhängigen und rückhaltlosen Untersuchung der Vorfälle beauftragt worden sei.

Nach Kenntnis der Bundesregierung sind auf Grund der jüngsten Vorwürfe datenschutz- und fernmelderechtlicher Verstöße bei der Deutschen Telekom AG drei parallele Untersuchungsverfahren mit jeweils unterschiedlichem Fokus anhängig. Neben der Staatsanwaltschaft Bonn werden die Vorwürfe auch von der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen sowie dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit als Aufsichtsbehörde untersucht.

Die Staatsanwaltschaft Bonn untersucht die Vorfälle Pressemitteilungen zufolge seit der Anzeige der Deutschen Telekom AG am 14. Mai 2008. Spätestens mit der Durchsuchungsaktion in den Geschäftsräumen der Deutschen Telekom AG am 29. Mai 2008 hat sie ein förmliches Ermittlungsverfahren unter anderem wegen des Verdachts auf Verletzung des Fernmeldegeheimnisses nach § 206 Strafgesetzbuch eröffnet. Damit ist sie zugleich auch für die Verfolgung eventueller Verstöße gegen die datenschutzrechtlichen Bestimmungen der §§ 95 f. Telekommunikationsgesetz (TKG; Verwendung von Bestands- bzw. Verkehrsdaten) zuständig, für die im Rahmen eines reinen Ordnungswidrigkeitenverfahrens nach § 149 Abs. 1 Nrn. 16 und 17 TKG ansonsten die Bundesnetzagentur zuständig wäre.

Die Bundesnetzagentur untersucht die Vorfälle seit ihrem Bekanntwerden aus den Medien am 26. Mai 2008 darüber hinaus nach § 115 Abs. 1 TKG als Aufsichtsbehörde für die Umsetzung telekommunikationsrechtlicher Verpflichtungen. Dabei geht es in Ergänzung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen vor allem um die Sicherstellung der zukünftigen Gewährleistung des Fernmeldegeheimnisses und des Datenschutzes, für die die Telekommunikationsanbieter nach § 109 TKG angemessene Vorkehrungen zu treffen haben. Die Bundesnetzagentur überprüft hierzu im Lichte der aktuellen Vorkommnisse sowohl die bislang technisch, personell und organisatorisch getroffenen Maßnahmen zum Schutz des Fernmeldegeheimnisses und des Datenschutzes als auch eventuell bereits unternehmensseitig in Angriff genommene zusätzliche Schutzmaßnahmen.

Ein sich aus den Ermittlungen ergebender Anpassungsbedarf kann notfalls im Sicherheitskonzept des Unternehmens nach § 109 Abs. 3 TKG verankert und mit Anordnungen und anderen Maßnahmen der Bundesnetzagentur als Aufsichtsbehörde gemäß § 115 TKG durchgesetzt werden. Parallel dazu untersucht der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit die Angelegenheit nach § 115 Abs. 4 Satz 1 TKG als unabhängige Kontrollinstanz für die Verarbeitung personenbezogener Daten bei den Telekommunikationsdiensteanbietern. Auf Grund seiner Beanstandungen können - falls erforderlich - zusätzliche Schutzmaßnahmen durch die Bundesnetzagentur als Aufsichtsbehörde durchgesetzt werden.

2. Welche Erkenntnisse zu den Vorgängen hat das Bundesministerium des Innern (BMI) aus dem Gespräch mit der Deutschen Telekom am 2. Juni 2008 gewonnen?

Die aktuellen Vorgänge bei der Deutschen Telekom AG, die Gegenstand eines laufenden staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens sind, waren nicht Thema des Gesprächs, das die Bundesregierung am 2. Juni 2008 mit führenden Vertretern der Telekommunikationsbranche geführt hat. Gegenstand des Gesprächs war das gesamtstaatliche Interesse an einem vertrauenswürdigen und sicheren Umgang mit Telekommunikationsdaten.

3. Welche Mitglieder der Bundesregierung, der KfW oder anderer staatlicher Institutionen hatten Aufsichtsratsmandate bei der DTAG in den Jahren 1999 bis 2008 inne, und wann wurden diese ernannt, wann abgerufen?

Folgende Angehörige des Bundesministeriums der Finanzen, der KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau oder anderer staatlicher Institutionen haben oder hatten Aufsichtsratsmandate bei der Deutschen Telekom AG im Zeitraum 1999 bis 2008 inne (Auflistung chronologisch und alphabetisch):

4. Welche Funktion hatten die Aufsichtsratsmitglieder in der Bundesregierung, in der KfW oder in anderen staatlichen Institutionen zur gleichen Zeit inne?
Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen.

Lesen Sie weiter im Originaldokument:
Verantwortung der Bundesregierung und der KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau bei datenschutzrechtlichen Verfehlungen der Deutschen Telekom AG




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