Banken gegen mehr Rechte für BaFin


Finanzmarkt-Compliance: Mit dem Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz soll die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) neue Befugnisse erhalten, um künftig gezielt mögliche Gefahren für die Finanzmarktstabilität in Folge einer Immobilienblase abwehren zu können



Einschränkungen für Banken bei der Kreditvergabe zur Sicherung der Finanzstabilität im Immobilienbereich sind von Kreditinstituten und Immobilienbranche abgelehnt worden. In einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses stellte Stephan Rabe vom Zentralen Immobilienausschuss fest: "Wir haben keine Blase, wir wollen keine Blase, und wir wollen keine Blase herbeireden." Auch Professor Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft verwies auf den stabilen Immobilienmarkt in Deutschland. Es gebe kaum variabel verzinste Darlehen, die bei Zinssteigerungen zu Problemen für die Hauskäufer führen könnten. Außerdem gebe es hohe Tilgungsraten, so dass die Lage mit der in den USA nicht vergleichbar sei, wo es fast keine Tilgung gebe. Grundlage der Anhörung war der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Finanzdienstleistungsaufsichtsrechts im Bereich der Maßnahmen bei Gefahren für die Stabilität des Finanzsystems und zur Änderung der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie (18/10935).

Mit dem Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz soll die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) neue Befugnisse erhalten, um künftig gezielt mögliche Gefahren für die Finanzmarktstabilität in Folge einer Immobilienblase abwehren zu können. Dazu gehört unter anderem die Festlegung bestimmter Mindeststandards für die Vergabe von Neukrediten. Die Bundesregierung betont in der Begründung, dass die neuen BaFin-Instrumente "rein vorsorglich" geschaffen werden, "um für den Gefahrenfall das geeignete Instrumentarium für ein schnelles und zielgerichtetes Handeln der Aufsicht zur Verfügung zu stellen".

Trotz einer zum Teil deutlichen Preissteigerung liege gegenwärtig in Deutschland keine Überhitzung des Immobilienmarktes vor, stellte die deutsche Kreditwirtschaft, der Zusammenschluss der fünf Bankenverbände, fest. Der Gesetzgeber wolle dennoch die Kreditvergabe regulieren. Andere Möglichkeiten zur Bekämpfung einer Überhitzung, etwa steuerliche Maßnahmen oder die Bereitstellung von Bauland in Ballungsgebieten sowie eine Vereinfachung der Bauordnung, sehe der Entwurf dagegen nicht vor. Außerdem sei der deutsche Immobilienmarkt gut gegen systemische Risiken geschützt.

Mögliche Überbewertungen auf den Wohnimmobilienmärkten seien in Deutschland ein rein regionales Phänomen, erklärte der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen. Betroffen seien überwiegend einzelne Großstädte und Ballungsgebiete. Der ländliche Raum verliere dagegen Einwohner. "Ein flächendeckendes Problem, von dem wesentliche Systemrisiken ausgehen könnten, ist aus unserer Sicht derzeit nicht ersichtlich", stellte der Verband fest. Auch der Zentrale Immobilienausschuss erklärte, im privaten Immobilienfinanzierungsgeschäft bestehe keine Dringlichkeit, zusätzliche Instrumente einzuführen. Die Ausfallraten bei den Krediten seien minimal. Die große Stabilität des deutschen Wohnimmobilienfinanzierungsmarktes lasse es fraglich erscheinen, "ob makroprudenzielle Instrumente tatsächlich benötigt werden und ob deren gesellschaftliche Kosten den Nutzen für die Finanzstabilität nicht überschreiten", stellte das Institut der deutschen Wirtschaft in seiner Stellungnahme fest.

Arno Gottschalk (Verbraucherzentrale Bremen) schrieb in seiner Stellungnahme, mit ihrem Entwurf wolle die Regierung die Verantwortung für eine kreditnehmergerechte Immobilienfinanzierung sehr viel stärker zu den Kreditinstituten verlagern. Dies sei zu begrüßen, "da der normale Verbraucher in der komplexen und für ihn zumeist singulären Frage der Finanzierung einer Wohnimmobilie tendenziell überfordert ist". Wenn jetzt die "Profi-Seite" des Marktes in eine stärkere Haftungsverantwortung gestellt werde, sei das angemessen. Gottschalk regte allerdings eine regionale Begrenzung der Maßnahmen an, "denn mögliche Überhitzungen des Marktes dürften eher lokal und regional sowie insbesondere in den Großstädten auftreten". Einen ähnlichen Vorschlag machte auch Thomas Theobald von der Hans-Böckler-Stiftung, während andere Sachverständige dies zum Teil strikt ablehnten.

Rudolf Hickel (Universität Bremen) nannte eine Regulierung gegen Immobilienspekulationen, die zu einer sich verstärkenden Blase führen würden, "dringend erforderlich". Der Gesetzentwurf setze nicht an der Nachfrage nach Immobilien an, sondern konzentriere sich auf die staatliche Regulierung der Anforderungen an die Kreditvergabe. So könne die BaFin Obergrenzen für das Verhältnis von Darlehenshöhe und Immobilienwert festsetzen sowie einen Zeitraum vorgeben, in dem ein bestimmter Anteil des Darlehens zu tilgen sei. Hickel regte noch weitergehende Maßnahmen an, etwa die Hereinnahme von Gewerbeimmobilien in den Entwurf. Die Verbraucherzentrale - Bundesverband warnte in ihrer Stellungnahme allerdings davor, den Verbraucherschutz zu verschlechtern.

Isabel Schnabel, Professorin für Finanzmarktökonomie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, wies in ihrer Stellungnahme Kritik an dem Entwurf zurück. Ein Markteingriff lasse sich rechtfertigen, wenn die Vergabe von Immobilienkrediten mit geringer Besicherung oder an stark verschuldete Kreditnehmer Auswirkungen auf die Finanzstabilität und damit auf die Volkswirtschaft als Ganzes habe. Schnabel rechnete jedoch nicht damit, dass die Instrumente bald genutzt werden müssten, denn die Immobilienpreise seien zwar gestiegen, aber ein rasantes Kreditwachstum lasse sich bisher nicht beobachten. Sie bezeichnete es als Versäumnis, dass Gewerbeimmobilien nicht in die Regelung einbezogen seien, wo es laut Europäischer Zentralbank Zeichen für eine Überhitzung gebe.

Sinnvolle Nachbesserungen in Bezug auf die bereits 2016 in Kraft getretene Wohnimmobilienkreditrichtlinie sah Professor Sven Bienert (MRICS REV - Universität Regensburg). Einzelne Elemente würden jedoch der Diskussion bedürfen. So könne eine Störung schon bereits eingetreten sein, wenn es zum Einsatz der Instrumente komme. Korrekturen nur anhand des Neugeschäfts könnten bei grundsätzlichen makroökonomischen Problemen eine generelle Marktkorrektur kaum verhindern. Den Banken im Krisenfall Kennzahlen vorzuschreiben, könne auch prozyklische Wirkungen entfalten und Krisen verstärken.

Von den im Entwurf vorgesehenen Regelungen zur Kreditaufnahme für Wohnzwecke für junge Familien und Senioren hieß es von Professor Peter Mühlberg (Universität Mainz), die Formulierungen seien geeignet, die auf die Wohnimmobilienkreditrichtlinie zurückgehenden Probleme etwas zu klären und zu bereinigen. Professor Sebastian Omlor (Philipps Universität Marburg) nannte die europäischen Vorgaben für den Gesetzgeber sehr einengend. Durch den Gesetzentwurf komme es zu Erleichterungen an verschiedenen Stellen. Der Entwurf sei ein Schritt in die richtige Richtung, werde aber gehemmt durch die Wohnimmobilienkreditrichtlinie, "die wir nicht ändern können". Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband berichtete von einem Rückgang des Kredit-Neugeschäfts aufgrund der Wohnimmobilienkreditrichtlinie in einem Umfang von fünf bis 15 Prozent, was die Deutsche Bundesbank allerdings nicht bestätigen konnte. (Deutscher Bundestag: ra)

eingetragen: 12.04.17
Home & Newsletterlauf: 21.04.17


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