Berufsausbildung als steuerliche Werbungskosten?


Massive Bedenken gegen Werbungskostenabzug von Studienkosten
Die Bundesteuerberaterkammer erwartet Enttäuschung bei den Steuerpflichtigen, falls der Gesetzgeber die Absetzbarkeit der Ausbildungskosten nicht wenigstens rückwirkend verbessert


(03.11.11) - Ein Abzug der Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung als steuerliche Werbungskosten ist bei Steuerexperten auf massive Bedenken gestoßen. In einem nichtöffentlichen Fachgespräch des Finanzausschusses bezeichneten Vertreter der Rechtswissenschaft die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH), der den Abzug von Berufsausbildungskosten als Werbungskosten für zulässig hält, als falsch. Der Wille des Gesetzgebers sei überinterpretiert worden. Schon vom Wortlaut des Gesetzes her sei der Werbungskostenabzug nicht möglich. Verwiesen wurde auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die Kosten des Studiums dem Privatbereich zugeordnet habe. Das sei auch heute noch richtig.

Ein Vertreter der Deutschen Steuer-Gewerkschaft warnte nachdrücklich vor einer Anerkennung der Ausbildungskosten als Werbungskosten. Da Hunderttausende in den Finanzämtern Auskünfte erbeten würden, "würde das die Finanzämter lahmlegen". Die Mitarbeiter müssten neu geschult werden, da nicht jeder wissen könne, welche Studiengänge berufsvorbereitend seien und welche nicht. Die Steuer-Gewerkschaft erwartet, dass sehr stark versucht werden würde, Kosten der doppelten Haushaltsführung und Kosten für Computer geltend zu machen.

Der Vertreter des Deutschen Studentenwerks sah Aufteilungsschwierigkeiten bei Anschaffungen, wie etwa Regalen, die nicht nur für das Abstellen von Büchern genutzt werden könnten. Da Studenten von privaten Hochschulen wegen der dort zu entrichtenden Gebühren die höchsten Kosten hätten und diese bei Umsetzung des Urteils als Werbungskosten abziehen könnten, laufe dies auf eine "indirekte institutionelle Förderung" von Studienplätzen jenseits der staatlichen Universitäten hinaus.

Die Bundesteuerberaterkammer erwartet Enttäuschung bei den Steuerpflichtigen, falls der Gesetzgeber die Absetzbarkeit der Ausbildungskosten nicht wenigstens rückwirkend verbessert. Andererseits hätten viele Studenten keine Belege mehr und somit Schwierigkeiten, Kosten geltend zu machen.

Auf Bedenken in dem Fachgespräch stieß auch die Idee, die bestehende Sonderausgabenabzugsmöglichkeit für Ausbildungskosten von 4.000 auf 6.000 Euro zu erhöhen. Die Bestimmung laufe heute bereits meist ins Leere, weil Studenten kein entsprechend hohes Einkommen hätten.

Die Bundesregierung hatte in einer Antwort (17/7259) auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion (17/6978) mitgeteilt, dass bei einer Absetzbarkeit von Berufsausbildungskosten als Werbungskosten mit Steuerausfällen von 1,1 Milliarden Euro zu rechnen sei. 360.000 Steuerpflichtige könnten von der Absetzbarkeit profitieren. Eine Reaktion des Gesetzgebers auf das Urteil soll offenbar in die Änderungen zum Gesetzentwurf zur Änderung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (17/6263) aufgenommen werden. (Deutscher Bundestag: ra)

Lesen Sie auch:
Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • AfD will Gebäudeenergiegesetz abschaffen

    Die AfD-Fraktion will das Gebäudeenergiegesetz (GEG) abschaffen und verlangt in einem Antrag (21/227) außerdem, auf die CO2-Bepreisung von Heizöl und Gas zu verzichten. Die entsprechenden Vorschriften sollen "schnellstmöglich, vollständig und ersatzlos" gestrichen werden. Zudem soll die Umsetzung aller entsprechenden EU Verordnungen und Richtlinien (etwa der sogenannte Green Deal der EU) sowie damit verbundene Regulierungen wie der CO2-Grenzausgleich sofort beendet werden.

  • Änderung der Verordnung (EU) 2017/625

    Die Bundestagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen drängt auf eine verpflichtende Produktkennzeichnung für Lebensmittel, die genomisch verändert wurden. Anlass ist ein Vorschlag der Europäischen Kommission, die im Juli 2023 einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über mit genomischen Techniken gewonnene Pflanzen und die aus ihnen gewonnenen Lebens- und Futtermittel vorgelegt hat.

  • Steuerhinterziehung & Cum-Cum

    Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verlangt in einem Antrag (21/226), organisierte Steuerhinterziehung wie die sogenannten Cum-Cum-Deals aufzuklären und die Steuermilliarden konsequent zurückzufordern. Dazu sollen die Aufbewahrungsfristen für Belege bei Finanzinstitutionen verlängert werden. Der Antrag steht am Donnerstag auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages.

  • Ausschuss gegen Cum-Cum-Antrag der Grünen

    Der Finanzausschuss hat mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU und SPD einen Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel "Organisierte Steuerhinterziehung wie Cum-Cum-Deals aufklären, Steuermilliarden konsequent zurückfordern und Aufbewahrungsfristen für Belege bei Finanzinstitutionen verlängern" (21/226) abgelehnt. Für den Antrag stimmten neben der Antragstellerin die Fraktionen der AfD und Die Linke.

  • Versorgungslage signifikant verbessert

    Die Inbetriebnahme des vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) entwickelten Frühwarnsystems bei Arzneimittel-Lieferengpässen in einer funktionsfähigen Basisversion ist nach Angaben der Bundesregierung für das vierte Quartal 2025 vorgesehen. Der Aufbau des Frühwarnsystems habe insbesondere bei der Beobachtung und Bewertung der Versorgung mit antibiotikahaltigen Arzneimitteln für Kinder unterstützende Daten geliefert, heißt es in der Antwort (21/338) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (21/171) der AfD-Fraktion.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen