Ökologische Besteuerung von Dienstwagen umstritten


Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen: Die steuerliche Behandlung bei privater Nutzung von Dienstwagen soll so geändert werden, dass sich die Besteuerung mit steigendem Kohlendioxid-Ausstoß erhöht
Bundessteuerberaterkammer weist auf drohende Mehrbelastungen der Firmen- und Dienstwagennutzer hin

(23.11.12) - Der Verkehrsclub in Deutschland (VCD) unterstützt die Bestrebungen der Linksfraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Besteuerung von privat genutzten Dienst- und Firmenwagen stärker an ökologischen Kriterien auszurichten. Dagegen lehnten Steuerexperten und Automobilbranche in einem öffentlichen Fachgespräch des Finanzausschusses dieses Ansinnen mit dem Hinweis ab, ökologische Komponenten würden nicht in das Ertragssteuerrecht gehören.

Grundlage des Fachgesprächs war ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/8462), in dem gefordert wird, den Anteil der steuerlich geltend zu machenden Abschreibungen von Firmenwagen mit steigendem Ausstoß von Kohlendioxid zu verringern. Die steuerliche Behandlung bei privater Nutzung von Dienstwagen soll so geändert werden, dass sich die Besteuerung mit steigendem Kohlendioxid-Ausstoß erhöht. Auch die Fraktion Die Linke fordert in einem Antrag (17/9149), steuerliche Vorschriften für die Nutzung von Firmen- und Dienstwagen in Zukunft an ökologischen Kriterien auszurichten. Anreize zum Kauf klimafreundlicherer Firmenwagen seien angesichts des größeren Anteils an den Neuzulassungen, der überdurchschnittlich hohen Kohlendioxid-Emissionen sowie der Bedeutung für den Gebrauchtwagenmarkt besonders dringlich.

Der VCD wies darauf hin, dass Fahrzeuge mit aufwändigen Spritspartechnologien und alternativen Antrieben teilweise erheblich teurer seien als vergleichbare herkömmliche Modelle. Wollten Dienstwagenfahrer heute entsprechende Fahrzeuge auswählen, müssten sie mit einer höheren Besteuerung des privaten Nutzungsanteils rechnen. "Dieser Nachteil würde durch eine ambitionierte Spreizung der Steuersätze in Abhängigkeit vom Kohlendioxid-Ausstoß nicht nur ausgeglichen, sondern würde auch einen Anreiz setzen, vermehrt diese Modelle zu wählen", argumentierte der VCD in seiner Stellungnahme.

Dagegen verwies die Bundessteuerberaterkammer auf drohende Mehrbelastungen der Firmen- und Dienstwagennutzer. Besteuert werde heute nicht nur der geldwerte Vorteil aus der Privatnutzung mit monatlich einem Prozent des Listenpreises. Auch die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte seien mit 0,03 Prozent des Listenpreises pro Monat und Entfernungskilometer zu besteuern. "Auch hier müssten gegebenenfalls die vorgesehenen Modifizierungen nach Kohlendioxid-Gehalt greifen und würden wohl zu erheblichen Mehrbelastungen führen", warnte die Organisation.

Der Neue Verband der Lohnsteuerhilfevereine wandte sich gegen den Begriff "Dienstwagenprivileg". Dienstwagen würden regelmäßig für Berufsgruppen mit Auswärtstätigkeit zur Verfügung gestellt, die das Fahrzeug für ihre Arbeit benötigen würden. Ein Privileg liege nicht vor: "Vielmehr ist dieser Lohnbestandteil gegenüber Barlohn sogar nur eingeschränkt nutzbar. Er steht nicht zur freien Verwendung zur Verfügung." Der Verband warnte vor einer Umstellung, wie von den Oppositionsfraktionen gefordert: "Im Ergebnis ist festzuhalten, dass für Arbeitnehmer eine erhebliche Mehrbelastung an Steuern und Sozialabgaben entsteht, wenn deren Arbeitgeber keine Fahrzeuge mit geringerem Verbrauch unter dem Referenzwert zur Verfügung stellen."

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) äußerte sogar "schwerwiegende steuer- und wirtschaftspolitische Bedenken" und warnte davor, Umweltanforderungen in das Ertragssteuerrecht aufzunehmen. Außerdem hätten sich die durchschnittlichen Kohlendioxid-Emissionen von Firmenwagen 2011 im Vergleich zum Vorjahr mit fünf Prozent wesentlich stärker als bei privaten Neuzulassungen (2,8 Prozent) reduziert.

Für Michael Thöne (Finanzwissenschaftliches Forschungsinstitut der Universität zu Köln) "steuern Steuern immer". Dies gelte gerade für den Umweltbereich. Er stellte in seiner Stellungnahme die geltende Ein-Prozent-Regelung einen Verstoß gegen die horizontale und vertikale Steuergerechtigkeit dar. Ökonomisch gleiches werde nicht gleich besteuert, und "Besserverdiener" würden Steuerprivilegien nutzen, die "Normalverdienern" viel seltener zugänglich seien. (Deutscher Bundestag: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Sorgfaltspflichten für Online-Dienste

    Bei einer öffentlichen Anhörung des Digitalausschusses ist das von der Bundesregierung geplante Digitale-Dienste-Gesetz (20/10031) zur Umsetzung des Digital Services Act (DSA) auf nationaler Ebene von den geladenen Sachverständigen überwiegend begrüßt worden. Moderate Kritik wurde an einzelnen Punkten des Entwurfs zur Umsetzung laut.

  • Einsatz von KI birgt auch Risiken

    Die Deutsche Bundesregierung erkennt in der Nutzung Künstlicher Intelligenz (KI) ein "vielfältiges und beträchtliches" Potenzial für Beschäftigte und den Arbeitsmarkt. KI könne die Produktivität von Beschäftigten steigern und diese bei ihren Tätigkeiten entlasten.

  • EU-Plastikabgabe weiter in Abstimmung

    Die Deutsche Bundesregierung befindet sich momentan noch in der Abstimmung hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der nationalen Umlegung der EU-Plastikabgabe. Verschiedene Optionen würden geprüft.

  • Bedeutung gemeinwohlorientierter Unternehmen

    Die Parlamentarische Staatssekretärin des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen), hat bei der Aussprache zur Unterrichtung des Bundestages zur Nationale Strategie für Soziale Innovationen und Gemeinwohlorientierte Unternehmen im Wirtschaftsausschuss die Bedeutung des Programms betont.

  • Mehr Recycling-Anreize

    In seiner derzeitigen Form hat Paragraf 21 des Verpackungsgesetzes aus Sicht der Bundesregierung für die Hersteller systembeteiligungspflichtiger Verpackungen bereits ein wichtiges Signal in Richtung des ökologischen Verpackungsdesigns gesetzt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen