HRE-Warnmeldung sei damals "überraschend" gekommen


HRE-Untersuchungsausschuss: Hätte der Beinahe-Kollaps der HRE durch ein frühzeitiges Eingreifen von BaFin, Bundesbank und BMF vermieden werden können?
Die BaFin habe auf Defizite beim Risikomanagement der HRE hingewiesen - Das BMF-Bankenreferat sei "keine Superaufsichtsbehörde


(19.06.09) - Nach den von der Bankenaufsicht BaFin an das Bundesfinanzministerium (BMF) übermittelten Informationen habe es bis zur Pleite von Lehman Brothers Mitte September 2008 keine Anhaltspunkte für eine "unbeherrschbare Situation" bei der Hypo Real Estate (HRE) gegeben: Dies erklärte am Donnerstag Jens Conert vor dem Untersuchungsausschuss, der die Vorgänge um das zwischenzeitlich mit fast 90 Milliarden Euro an staatlichen Garantien gestützte Münchner Kriseninstitut aufklären soll. Der Leiter des Bankenreferats im BMF sagte, aufgrund der damals vorliegenden Erkenntnisse hätten vor dem Aus von Lehman "die Alarmglocken nicht klingeln müssen", und das sehe er heute nicht anders.

Der Ausschuss recherchiert, ob der wesentlich durch die Verluste der irischen Tochter Depfa verursachte Beinahe-Kollaps der HRE allein durch die Lehman-Pleite samt dem Austrocknen des Interbankenmarkts ausgelöst wurde oder durch ein frühzeitiges Eingreifen von BaFin, Bundesbank und BMF hätte vermieden werden können. Das Gremium untersucht auch, auf welchem Wege die Resultate einer von der Bundesbank im Auftrag der BaFin vorgenommenen Sonderprüfung von HRE und Depfa im Frühjahr 2008 an welche Stellen im BMF gelangt sind und welche Schlussfolgerungen dort aus diesen Ergebnissen gezogen wurden.

Conert führte aus, erst im August 2008 sei das BMF-Bankenreferat von der BaFin über das Resultat der Prüfaktion bei Depfa und HRE informiert worden. Dabei habe die BaFin auch auf Defizite beim Risikomanagement der Bank hingewiesen. Zudem sei mitgeteilt worden, dass die HRE-Spitze zusagen musste, diese Probleme zu beseitigen. Laut dem Zeugen wusste das BMF-Bankenreferat auch von wachsenden Liquiditätsrisiken bei der HRE und von deren seit März 2008 täglich an die BaFin zu übermittelnden Berichten über die Liquiditätslage.

Die BaFin habe gegenüber dem BMF jedoch erklärt, die Situation bei der HRE sei "handhabbar". Die HRE-Warnmeldung vom Januar 2008 über einen Abschreibungsbedarf von fast 400 Millionen Euro, aufgrund derer von der BaFin die Sonderprüfung angeordnet wurde, sei damals "überraschend" gekommen.

Auf mehrfache Nachfragen aus dem Kreis der Abgeordneten betonte Conert, das Bankenreferat habe gegenüber der Leitungsebene im BMF keine Informationen zur Lage der HRE vor Mitte September 2008 zurückgehalten. In den Beschluss über die staatliche HRE-Rettungsaktion sei er nicht eingebunden gewesen, das habe ein "kleiner Kreis" um den Minister entschieden, wobei der Zeuge keine Namen nennen wollte. Conert bestätigte, dass das BMF zwischen Januar und August 2008 insgesamt acht Mal zum Thema HRE unterrichtet worden sei. Ein Schreiben vom 20. März zur Lage der Pfandbriefbanken, in dem es nur kurz um die HRE gegangen sei, an die Adresse des Abteilungsleiters sei wegen dessen Abwesenheit dann im Bankenreferat abgelegt und ihm später nicht wieder vorgelegt worden.

Der Zeuge sagte, das BMF-Bankenreferat sei "keine Superaufsichtsbehörde", die operative Praxis der Bankenaufsicht liege allein in der Kompetenz der BaFin. Man verifiziere auch nicht die Sachaussagen in den von der BaFin übermittelten Berichten. Auf die Frage, ob das BMF angesichts der bereits seit 2007 auf dem Kreditmarkt zu beobachtenden Probleme nicht schon lange vor der Lehman-Pleite gegenüber der BaFin auf gründlichere Berichte etwa über Liquiditätsrisiken bei Banken hätte dringen müssen, sagte Conert, Änderungen seien dann im Oktober 2008 veranlasst worden. Seither liefere die BaFin wöchentlich zwei Berichte ab. (Deutscher Bundestag: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Sorgfaltspflichten für Online-Dienste

    Bei einer öffentlichen Anhörung des Digitalausschusses ist das von der Bundesregierung geplante Digitale-Dienste-Gesetz (20/10031) zur Umsetzung des Digital Services Act (DSA) auf nationaler Ebene von den geladenen Sachverständigen überwiegend begrüßt worden. Moderate Kritik wurde an einzelnen Punkten des Entwurfs zur Umsetzung laut.

  • Einsatz von KI birgt auch Risiken

    Die Deutsche Bundesregierung erkennt in der Nutzung Künstlicher Intelligenz (KI) ein "vielfältiges und beträchtliches" Potenzial für Beschäftigte und den Arbeitsmarkt. KI könne die Produktivität von Beschäftigten steigern und diese bei ihren Tätigkeiten entlasten.

  • EU-Plastikabgabe weiter in Abstimmung

    Die Deutsche Bundesregierung befindet sich momentan noch in der Abstimmung hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der nationalen Umlegung der EU-Plastikabgabe. Verschiedene Optionen würden geprüft.

  • Bedeutung gemeinwohlorientierter Unternehmen

    Die Parlamentarische Staatssekretärin des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen), hat bei der Aussprache zur Unterrichtung des Bundestages zur Nationale Strategie für Soziale Innovationen und Gemeinwohlorientierte Unternehmen im Wirtschaftsausschuss die Bedeutung des Programms betont.

  • Mehr Recycling-Anreize

    In seiner derzeitigen Form hat Paragraf 21 des Verpackungsgesetzes aus Sicht der Bundesregierung für die Hersteller systembeteiligungspflichtiger Verpackungen bereits ein wichtiges Signal in Richtung des ökologischen Verpackungsdesigns gesetzt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen