Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Zugang zu Beweismitteln wird erleichtert


Kartellrecht: Europäische Kommission begrüßt Parlamentsvotum zur Unterstützung von Schadensersatzansprüchen von Opfern von Kartellrechtsverstößen
Private Schadensersatzklagen und öffentliche Durchsetzung des Kartellrechts durch die Wettbewerbsbehörden (ob durch die Kommission oder durch nationale Behörden) ergänzen einander

(05.05.14) - Das Europäische Parlament (EP) hat einen Vorschlag für eine Richtlinie gebilligt, die es Bürgern und Unternehmen erleichtern wird, Schadensersatzansprüche geltend zu machen für Schäden, die sie durch EU-Kartellrechtsverstöße erleiden, wie durch Kartelle oder Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. Die Richtlinie beruht auf einem von der Kommission im Juni 2013 vorgelegten Vorschlag, und soll eine Reihe praktischer Hindernisse beseitigen, die Geschädigten bei ihrem Versuch für den von ihnen erlittenen Schaden Ersatz zu erlangen häufig im Wege stehen. Insbesondere wird der Zugang zu Beweismitteln erleichtert, die die Opfer zum Nachweis ihres Schadens benötigen, und mehr Zeit für die Geltendmachung der Ansprüche eingeräumt. Gleichzeitig wird sichergestellt, dass die Instrumente, die Wettbewerbsbehörden zur Durchsetzung des Kartellrechts zur Verfügung stehen, insbesondere Kronzeugenprogramme und Vergleichsverfahren, ihre Wirksamkeit behalten. Der Vorschlag wird nun zur endgültigen Annahme an den EU-Ministerrat weitergeleitet.

Der für Wettbewerbspolitik zuständige Vizepräsident der Kommission Joaquín Almunia erklärte: "Das Votum des Europäischen Parlaments ist eine gute Nachricht für die europäischen Bürger und Unternehmen, die durch Kartellrechtverstöße Schaden erleiden. Die Richtlinie wird das Recht auf vollständigen Schadensersatz in der EU verwirklichen, indem sie praktische Hindernisse beseitigt, die Opfern heute im Weg stehen. Sobald die Richtlinie erlassen und umgesetzt ist, wird es für sie leichter sein eine Entschädigung zu bekommen, vor allem wenn eine Wettbewerbsbehörde einen Verstoß festgestellt und geahndet hat."

Der Gerichtshof der EU hat anerkannt, dass Opfer von Kartellrechtsverstößen ein Recht darauf haben, für den erlittenen Schaden Ersatz zu erhalten. Aufgrund verfahrensrechtlicher Hindernisse auf nationaler Ebene und Rechtsunsicherheit gelingt es jedoch nur wenigen dieser Opfer, tatsächlich Schadensersatz zu erlangen. Zudem sind die einzelstaatlichen Vorschriften in Europa sehr unterschiedlich, so dass die Chancen auf Schadensersatz stark davon abhängen, in welchem Mitgliedstaat die Opfer ihren Wohnsitz unterhalten. Diese Hindernisse sollen durch die Richtlinie beseitigt werden.

Die wichtigsten Verbesserungen sind:
>> Wenn Opfer Schadensersatz verlangen, können die einzelstaatlichen Gerichte die Offenlegung von Beweismitteln durch Unternehmen anordnen. Dabei werden sie die Verhältnismäßigkeit dieser Offenlegungsanordnungen sicherstellen und für einen gebührenden Schutz vertraulicher Angaben sorgen.

>> Die endgültige Feststellung einer Zuwiderhandlung durch eine nationale Wettbewerbsbehörde stellt vor den Gerichten des betreffenden Mitgliedstaats einen Beweis für das Vorliegen der Zuwiderhandlung dar.

>> Sobald die entsprechende Entscheidung der Wettbewerbsbehörde rechtskräftig ist, haben die Opfer mindestens ein Jahr lang Zeit, um ihre Schadensersatzforderung geltend zu machen.

>> Hat ein Verstoß eine Preiserhöhung nach sich gezogen und wurde diese in der Vertriebskette "weitergegeben", steht der Schadensersatz dem Letztgeschädigten in der Kette zu.

>> Ein einvernehmlicher Vergleich zwischen Opfer und zuwiderhandelndem Unternehmen wird erleichtert, indem das Zusammenspiel einer solchen Regulierung mit Gerichtsverfahren klargestellt wird. Dies wird eine raschere und kostengünstigere Beilegung von Streitigkeiten ermöglichen.

Private Schadensersatzklagen und öffentliche Durchsetzung des Kartellrechts durch die Wettbewerbsbehörden (ob durch die Kommission oder durch nationale Behörden) ergänzen einander. Durch die Richtlinie werden sie sich gegenseitig stärken: Zum einen wird vollständiger Schadenersatz für die Opfer erreicht (einschließlich entgangener Gewinne und Zinsen), und zum anderen die zentrale Rolle der Wettbewerbsbehörden bei der Untersuchung und Ahndung von Verstößen gestärkt, und so eine abschreckende Wirkung erzielt. Insbesondere die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Wettbewerbsbehörden im Rahmen so genannter Kronzeugenprogramme ist für die Aufdeckung und Ahndung von Verstößen gegen die Wettbewerbsvorschriften von größter Bedeutung. Viele Verstöße würden ohne eine solche Zusammenarbeit niemals aufgedeckt, und oft ist es erst die erfolgreiche Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften, die es den Opfern ermöglicht, in der Folge Schadensersatz geltend zu machen und auch zu erlangen. Aus diesem Grund umfasst die Richtlinie eine Reihe von Vorkehrungen, die gewährleisten sollen, dass die Erleichterung von Schadensersatzklagen nicht den Anreiz für Unternehmen verringert, mit den Wettbewerbsbehörden zusammenzuarbeiten.

Nächste Schritte
Die heutige Plenarabstimmung in erster Lesung war die letzte Stufe des Verfahrens im EP. Die förmliche Annahme durch den Rat wird das Legislativverfahren beenden. Wenn die Richtlinie offiziell erlassen ist, haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, um die Bestimmungen in innerstaatliches Recht umzusetzen.

Der vollständige Wortlaut der Richtlinie ist abrufbar unter:
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2013:0404:FIN:DE:PDF

Hintergrund
Im Juni 2013 legte die Kommission dem EP und dem Rat ihren Vorschlag vor. Nachdem die beiden anderen gesetzgebenden Organe den Vorschlag erörtert und Änderungen vorgeschlagen hatten, fanden ab Februar informelle Treffen zwischen den drei Organen statt (der so genannte Trilog), um zu einer Kompromissfassung zu gelangen. Auf die endgültige Kompromissfassung einigten sich Regierungsvertreter der Mitgliedstaaten dann Ende März. (Europäische Kommission: ra)


Meldungen: Europäische Kommission

  • Angleichung der Schweiz an das EU-Recht

    Die Europäische Kommission unternahm einen wichtigen Schritt, um die Beziehungen zwischen der EU und der Schweiz zu stärken und auszubauen. Sie unterbreitete dem Rat Vorschläge zur Genehmigung der Unterzeichnung und des Abschlusses eines umfassenden Pakets von Abkommen, das einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Ratifizierung eines modernisierten Rahmens für die Zusammenarbeit darstellt.

  • Achtes illustratives Nuklearprogramm

    Die Umsetzung der Pläne der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Kernenergie wird erhebliche Investitionen in Höhe von rund 241 Mrd. EUR bis 2050 erfordern, sowohl für die Verlängerung der Lebensdauer bestehender Reaktoren als auch für den Bau neuer Großreaktoren. Zusätzliche Investitionen sind für kleine modulare Reaktoren (SMR), fortgeschrittene modulare Reaktoren (AMR) und Mikroreaktoren erforderlich, und die Kommission hat in ihrem achten illustrativen Nuklearprogramm (PINC) die Fusion für die längerfristige Zukunft bewertet.

  • Änderungen bei den DAWI-Vorschriften

    Die EU-Kommission ersucht um Rückmeldungen zu einer Überarbeitung der Beihilfevorschriften für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI), die dem Mangel an erschwinglichem Wohnraum entgegenwirken soll. Zur Überbrückung der Investitionslücke für erschwinglichen Wohnraum bedarf es großer Investitionen. Staatliche Beihilfemaßnahmen können einen Anreiz für die erforderlichen Investitionen bieten.

  • Glaubwürdige Wettbewerber

    Die Europäische Kommission hat die geplante Übernahme von Intelsat Holdings S.à r.l. ("Intelsat") durch SES S.A. ("SES") ohne Auflagen nach der EU-Fusionskontrollverordnung genehmigt. Nach Prüfung des Vorhabens kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass der Zusammenschluss keinen Anlass zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gibt.

  • Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

    Die Europäische Kommission hat ihre Liste der Länder und Gebiete mit hohem Risiko aktualisiert, die strategische Mängel in ihren nationalen Systemen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung aufweisen. EU-Einrichtungen, die unter den AML-Rahmen fallen, müssen bei Transaktionen, an denen diese Länder beteiligt sind, verstärkte Wachsamkeit walten lassen. Dies ist wichtig, um das Finanzsystem der EU zu schützen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen