Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Online-Suche und Suchmaschinenwerbung in der EU


Kartellrecht: Kommission bittet um Stellungnahme zu den Verpflichtungszusagen von Google zur Ausräumung wettbewerbsrechtlicher Bedenken
Geschäftspraktiken von Google haben möglicherweise gegen EU-Kartellrecht verstoßen

(05.06.13) - Die Europäische Kommission fordert interessierte Dritte auf, zu den Verpflichtungszusagen von Google in den Bereichen Online-Suche und Suchmaschinenwerbung Stellung zu nehmen. Die Kommission hat Bedenken, dass Google ihre beherrschende Stellung auf den Märkten für Online-Suche, Suchmaschinenwerbung und Vermittlung von Suchmaschinenwerbung im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) missbraucht haben könnte. Google hat angeboten, Verpflichtungen einzugehen, um die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission in vier Bereichen auszuräumen. Interessierte Dritte können innerhalb eines Monats zu den Verpflichtungszusagen Stellung nehmen.

Die Kommission wird diese Stellungnahmen bei der Würdigung der Verpflichtungszusagen von Google berücksichtigen. Sollte die Kommission zu dem Schluss gelangen, dass die Verpflichtungszusagen geeignet sind, ihre wettbewerbsrechtlichen Bedenken in den vier betroffenen Bereichen auszuräumen, kann sie die angebotenen Verpflichtungszusagen für Google für rechtlich bindend erklären.

Die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission
Im März 2013 teilte die Kommission Google mit, dass nach ihrer vorläufigen Beurteilung die folgenden vier Geschäftspraktiken von Google möglicherweise gegen EU-Kartellrecht verstoßen, welches die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung verbietet (Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV).

Dabei handelt es sich um:

i) die Bevorzugung von Links zu Googles eigenen spezialisierten Suchdiensten (d. h. Suchdiensten, die es den Nutzern ermöglichen, nach bestimmten Arten von Informationen wie Restaurants, Hotels oder Produkten zu suchen) in den Online-Suchergebnissen von Google gegenüber Links zu konkurrierenden spezialisierten Suchdiensten;

ii) die unautorisierte Verwendung von Originalinhalten von Webseiten Dritter in den spezialisierten Suchdiensten von Google;

iii) Vereinbarungen, die Betreiber von Webseiten ("Verleger") dazu zwingen, den gesamten oder den Großteil ihres Bedarfs an Suchmaschinenwerbung über Google zu decken; und

iv) vertragliche Beschränkungen im Hinblick auf die Übertragbarkeit von Suchmaschinen-Werbekampagnen auf konkurrierende Plattformen für Suchmaschinenwerbung und das plattformübergreifende Management von Suchmaschinen-Werbekampagnen.

Die Kommission ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Auffassung, dass diese Praktiken den Verbrauchern schaden könnten, da sie in den Bereichen spezialisierte Suchdienste und Suchmaschinenwerbung die Wahlmöglichkeiten einschränken und die Innovation behindern.

Verpflichtungszusagen von Google
Um diese Bedenken auszuräumen, hat Google für einen Zeitraum von fünf Jahren zugesagt:

i) – die Links zu seinen eigenen spezialisierten Suchdiensten zu kennzeichnen, damit die Nutzer sie von natürlichen Online-Suchergebnissen unterscheiden können;

– diese Links durch bestimmte grafische Elemente (z. B. mit einem Rahmen) deutlich von den anderen Online-Suchergebnissen abzusetzen;

– Links zu drei konkurrierenden spezialisierten Suchdiensten an einer für den Nutzer gut sichtbaren Stelle in der Nähe der Links zu den Google-eigenen Diensten zu platzieren;

ii) – allen Betreibern von Webseiten eine Opt-out Möglichkeit anzubieten, über die diese die Verwendung ihrer Inhalte in den spezialisierten Suchdiensten von Google ausschließen können, wobei Google sicherstellen wird, dass sich dieses Opt-out nicht nachteilig auf das Ranking der betroffenen Webseiten in den allgemeinen Google-Suchergebnissen auswirken wird;

– allen spezialisierten Suchdiensten, die sich auf die Produktsuche oder lokale Suche konzentrieren, die Möglichkeit zu bieten, bestimmte Kategorien von Informationen zu kennzeichnen, so dass sie nicht von Google indexiert oder verwendet werden;

– Zeitungsverlegern einen Mechanismus zur Verfügung zu stellen, mit dem sie Webseite für Webseite die Anzeige ihrer Inhalte in Google News kontrollieren können;

iii) – in seinen Vereinbarungen mit Verlegern diesen keine schriftlichen oder mündlichen Verpflichtungen mehr aufzuerlegen, die diese dazu zwingen würden, ihren Bedarf an Suchmaschinenwerbung ausschließlich über Google zu decken;

iv) – Werbetreibenden keine Verpflichtungen mehr aufzuerlegen, die diese vom plattformübergreifenden Management von Suchmaschinen-Werbekampagnen abhalten würden.

Diese Verpflichtungszusagen würden im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) Anwendung finden.

In den Verpflichtungszusagen von Google ist ebenfalls vorgesehen, dass die Kommission von einem unabhängigen Treuhänder bei der Überwachung der ordnungsgemäßen Umsetzung dieser Verpflichtungszusagen beraten wird.

Eine Zusammenfassung des Falls wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Der vollständige Wortlaut der Verpflichtungszusagen kann auf der Webseite der GD Wettbewerb eingesehen werden:
http://ec.europa.eu/competition/elojade/isef/case_details.cfm?proc_code=1_39740

Hintergrund zum Thema Online-Suche und Suchmaschinenwerbung
Im Bereich der allgemeinen Online-Suche (die sogenannte "horizontale" Suche) verfügt Google im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) über einen Marktanteil von über 90 Prozent.

Daneben bietet Google auch spezialisierte Suchdienste (sogenannte "vertikale" Suchdienste) an, die mit entsprechenden Diensten anderer Anbieter konkurrieren. Dabei handelt es sich um Suchmaschinen, die sich auf bestimmte Themenbereiche, Produkte oder Dienstleistungen konzentrieren. Beispiele hierfür sind Google Shopping, das auf die Produktsuche spezialisiert ist, Google Places, das sich auf die Suche nach lokalen Unternehmen konzentriert, Google News, das sich der Nachrichtensuche widmet, und Google Flights, das der Suche nach Flugverbindungen dient.

Des Weiteren verfügt Google über eine sehr starke Stellung auf dem Markt für Suchmaschinenwerbung. Betreiber von Webseiten können auf ihren eigenen Webseiten Werbeanzeigen platzieren, die von Google (AdSense for Search) oder konkurrierenden Suchmaschinen bereitgestellt werden. Immer dann, wenn ein Nutzer auf diese Werbeanzeigen klickt, verdienen die Suchmaschinen Geld. Aufgrund ihrer Rentabilität stellt die Suchmaschinenwerbung einen wichtigen Teil der Geschäftstätigkeit jedes Suchmaschinenbetreibers dar.

Suchmaschinen-Werbekampagnen sind äußerst komplex, da viele verschiedene Parameter zu berücksichtigen sind. Werbetreibende, welche die Suchmaschinenwerbung von Google in Anspruch nehmen möchten, verwenden dazu die AdWords-Plattform von Google. Es sind bereits zahlreiche Tools entwickelt worden, die den Verwendern von AdWords ermöglichen, ihre Suchmaschinen-Werbekampagnen auf andere Werbeplattformen zu übertragen und die Kampagnen auf einfache Weise plattformübergreifend zu managen.

Verfahrenshintergrund
Nach Artikel 102 AEUV ist die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen verboten, soweit dies zu einer Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten führen kann. In Artikel 54 des EWR-Abkommens ist dasselbe Verbot für das Gebiet der EWR-Vertragsparteien (EU-Mitgliedstaaten, Island, Liechtenstein und Norwegen) festgeschrieben.

Ergibt der Markttest, dass die Verpflichtungszusagen von Google die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission zufriedenstellend ausräumen, kann die Kommission eine Entscheidung nach Artikel 9 der EU-Kartellverordnung 1/2003 erlassen und die Zusagen damit für Google für rechtlich bindend erklären. Mit einer solchen Entscheidung nach Artikel 9 wird nicht festgestellt, dass ein Verstoß gegen die EU-Kartellvorschriften vorliegt, sondern Google wird damit rechtlich dazu verpflichtet, den eingegangenen Verpflichtungen nachzukommen. Bei Nichterfüllung dieser Verpflichtungen kann die Kommission gegen das Unternehmen eine Geldbuße von bis zu 10 Prozent seines weltweiten Jahresumsatzes verhängen, ohne einen Verstoß gegen die Kartellvorschriften feststellen zu müssen.

Die Kommission hat das Prüfverfahren im November 2010 eröffnet. Im Rahmen dieses Verfahrens geht die Kommission 17 förmlichen Beschwerden gegen Geschäftspraktiken von Google nach. (Europäische Kommission: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Forderungen nach mehr Flexibilität

    Die Europäische Kommission hat offiziell eine Verordnung angenommen, mit der europäischen Landwirtinnen und Landwirten eine teilweise Ausnahme von der Konditionalitätsregelung für brachliegende Flächen gewährt wird. Dem vorangegangen waren der Vorschlag der Kommission vom 31. Januar sowie Gespräche mit den Mitgliedstaaten in Ausschusssitzungen.

  • Verwaltungsaufwand für Landwirte begrenzen

    Die Europäische Kommission hat dem belgischen Ratsvorsitz ein Papier übermittelt, in dem erste mögliche Maßnahmen zur Verringerung des Verwaltungsaufwands für die Schultern der Landwirte dargelegt werden. Das Dokument enthält eine Reihe kurz- und mittelfristiger Maßnahmen, die zur Vereinfachung ergriffen werden können

  • Wegweisendes Regelwerk der EU

    Das Gesetz über digitale Dienste ist das wegweisende Regelwerk der EU, mit dem das Online-Umfeld sicherer, gerechter und transparenter gemacht werden soll, und wird auf alle Online-Vermittler in der EU angewandt. Es schützt die Nutzer in der EU besser vor illegalen Waren und Inhalten und sorgt für die Wahrung ihrer Rechte auf Online-Plattformen, auf denen sie mit anderen Nutzern in Kontakt treten, Informationen austauschen oder Produkte kaufen.

  • Untersuchung betrifft mutmaßliche Mängel

    Die Europäische Kommission hat ein förmliches Verfahren eingeleitet, um zu prüfen, ob TikTok in den Bereichen Jugendschutz, Transparenz der Werbung, Datenzugang für Forschende sowie Risikomanagement in Bezug auf suchterzeugendes Design und schädliche Inhalte möglicherweise gegen das Gesetz über digitale Dienste verstoßen hat.

  • Influencer-Posts in sozialen Medien

    Die Europäische Kommission und die nationalen Verbraucherschutzbehörden von 22 Mitgliedstaaten sowie Norwegen und Island haben die Ergebnisse einer Überprüfung ("Sweep") von Influencer-Posts in den sozialen Medien veröffentlicht. Demnach veröffentlichen fast alle Influencerinnen und Influencer (97 Prozent) kommerzielle Inhalte, aber nur jeder fünfte gibt systematisch an, dass es sich bei diesem Content um Werbung handelt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen