Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Lizenzvereinbarungen auf dem Prüfstand


Kartellrecht: Europäische Kommission führt Konsultation zu Vorschlag für geänderte Wettbewerbsregeln in Bezug auf Technologietransfer-Vereinbarungen durch
Auf der Grundlage der Ergebnisse einer ersten öffentlichen Konsultation vom Dezember 2011 schlägt die Kommission nun Änderungen an den derzeit geltenden Vorschriften vor

(12.03.13) - Die Europäische Kommission bittet um Stellungnahmen zu einem Vorschlag für neue Wettbewerbsvorschriften für die Bewertung von Technologietransfer-Vereinbarungen, mit denen ein Lizenzgeber einem Lizenznehmer erlaubt, Patente, Know-how oder Software für die Herstellung von Gütern und Dienstleistungen zu nutzen. Der Vorschlag zielt darauf ab, die derzeit geltenden Vorschriften zu aktualisieren, um Anreize für Forschung und Innovation zu erhöhen, die Verbreitung geistigen Eigentums zu erleichtern und den Wettbewerb zu beleben. Die Kommission wird die eingehenden Stellungnahmen analysieren und bis April 2014 neue Vorschriften annehmen.

Lizenzvereinbarungen sind für die wirtschaftliche Entwicklung und das Wohl der Verbraucher sehr wichtig, denn sie tragen zur Verbreitung von Innovationen bei und versetzen Unternehmen in die Lage, ergänzende Technologien zu übernehmen und zu verwenden. Sie können den Wettbewerb jedoch auch beeinträchtigen. So könnten zwei Wettbewerber eine Lizenzvereinbarung zum Beispiel nutzen, um Märkte unter sich aufzuteilen, oder ein einflussreicher Lizenzgeber könnte durch bestimmte Bedingungen in seinen Lizenzvereinbarungen konkurrierende Technologien vom Markt ausschließen. Vereinbarungen, die den Wettbewerb beeinträchtigen, sind nach Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verboten. Die Art und Weise, wie Inhaber von Rechten des geistigen Eigentums ihre Rechte an andere Marktteilnehmer lizenzieren, ist für die Förderung von Innovation und die Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt von wesentlicher Bedeutung.

Die aktuellen Vorschriften umfassen zwei Instrumente. Erstens eine Technologietransfer-Gruppenfreistellungsverordnung (TT-GVO), die einen geschützten Bereich (sogenannter "Safe Harbour") schafft, innerhalb dessen bestimmte wettbewerbsrechtlich unbedenkliche Vereinbarungen, die für mit den EU-Vorschriften vereinbar betrachtet werden, automatisch von einer wettbewerbsrechtlichen Prüfung freigestellt sind. Zweitens Leitlinien der Kommission, die eine Orientierungshilfe für die Bewertung von Technologietransfer-Vereinbarungen nach den EU-Wettbewerbsvorschriften bieten. Auf der Grundlage dieser Leitlinien können Unternehmen einschätzen, ob die von ihnen geschlossenen Vereinbarungen den Wettbewerb beeinträchtigen könnten und möglicherweise gegen Artikel 101 AEUV verstoßen.

Auf der Grundlage der Ergebnisse einer ersten öffentlichen Konsultation vom Dezember 2011 schlägt die Kommission nun Änderungen an den derzeit geltenden Vorschriften vor. Bestimmte Arten von Vereinbarungen oder Bestimmungen (z. B. die Möglichkeit, eine Vereinbarung zu kündigen, wenn der Lizenznehmer die Gültigkeit eines Rechts des geistigen Eigentums anficht) sowie alle Arten exklusiver Rücklizenzen, die den Lizenznehmer verpflichten, für eigene Verbesserungen der lizenzierten Technologie dem Lizenzgeber eine Lizenz zu erteilen, wären danach nicht mehr automatisch von der wettbewerbsrechtlichen Prüfung ausgenommen, sondern müssten im Einzelfall geprüft werden, da sie Wettbewerb oder Innovation beeinträchtigen könnten. Die Kommission schlägt ferner vor, die Leitlinien zu aktualisieren und insbesondere neue Vorschriften über "Patentpools", das heißt multilaterale Patentlizenzvereinbarungen, aufzunehmen.

Stellungnahmen zu den Änderungsvorschlägen können bis zum 17. Mai 2013 übermittelt werden. Die Konsultationsdokumente sind abrufbar unter:
http://ec.europa.eu/competition/consultations/2013_technology_transfer/index_en.html.

Hintergrund
Am 6. Dezember 2011 leitete die Kommission eine erste öffentliche Konsultation über die aktuellen Technologietransfer-Vorschriften ein (vgl. MEX/11/1206), die am 3. Februar 2012 endete. Es gingen 38 Stellungnahmen ein, hauptsächlich von Anwaltskanzleien, Rechtsverbänden und Industrieverbänden, aber auch von Unternehmen und Bürgern. Die Antworten können hier eingesehen werden.

Die Mehrheit der Interessenträger bezeichneten das derzeitige System als weitgehend zufriedenstellend und betrachten sowohl die TT-GVO als auch die Leitlinien als sinnvolle und wesentliche Instrumente für die Branche. Zahlreiche Stellungnahmen enthielten ferner Vorschläge zur weiteren Verbesserung der TT-GVO und der Leitlinien. (Europäische Kommission: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Mutmaßliche Beihilfemaßnahmen

    Die Europäische Kommission hat eine eingehende Untersuchung eingeleitet, um zu prüfen, ob bestimmte Fördermaßnahmen zugunsten des deutschen öffentlichen Nahverkehrsunternehmens WestVerkehr GmbH (im Folgenden "WestVerkehr") mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang stehen.

  • Bilanzposition und Liquidität der Lufthansa

    Die Europäische Kommission hat eine eingehende Untersuchung eingeleitet, um zu prüfen, ob eine deutsche Rekapitalisierungsmaßnahme von 6 Mrd. EUR für die Deutsche Lufthansa AG (im Folgenden "Lufthansa ") mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang steht. Die Maßnahme war ursprünglich am 25. Juni 2020 von der Kommission auf der Grundlage des Befristeten Rahmens für staatliche Beihilfen im Zusammenhang mit COVID-19 genehmigt worden, doch dieser Genehmigungsbeschluss wurde am 10. Mai 2023 vom Gericht für nichtig erklärt.

  • Wettbewerb auf bestimmten Kurzstrecken

    Die Europäische Kommission hat den geplanten Erwerb der gemeinsamen Kontrolle über ITA Airways ("ITA") durch die Deutsche Lufthansa AG ("Lufthansa") und das italienische Wirtschafts- und Finanzministerium ("MEF") nach der EU-Fusionskontrollverordnung genehmigt. Die Genehmigung ist an die Auflage gebunden, dass Lufthansa und das MEF die von ihnen angebotenen Abhilfemaßnahmen vollständig umsetzen.

  • Preisabsprachen zwischen Reifenherstellern

    Die EU-Kommission hat Bedenken, dass das Unternehmen gegen die EU-Kartellvorschriften verstoßen haben könnte, denen zufolge Kartelle und wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen verboten sind (Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union). Die Nachprüfungen fanden im Rahmen einer Untersuchung statt, für die die Kommission bereits Anfang 2024 Nachprüfungen durchgeführt hatte.

  • Steuerregelungen für Spielbankunternehmen

    Die Europäische Kommission hat festgestellt, dass die in Deutschland geltenden besonderen Steuerregelungen für Spielbankunternehmen nicht mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang stehen. Deutschland muss diese Beihilfen einschließlich Zinsen zurückfordern und die Steuerregelungen abschaffen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen