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Richtlinien zum EU-Arbeitsrecht


Arbeitsrecht: EU-Kommission schlägt Verbesserung der Arbeitnehmerrechte für Seeleute vor
Arbeitnehmer auf See sollten die gleichen Rechte haben wie Arbeitnehmer auf dem Festland, insbesondere wenn es um so grundlegende Rechte wie Unterrichtung und Anhörung geht

(13.12.13) - Die Europäische Kommission hat einen Vorschlag unterbreitet, nach dem Seeleute in den Geltungsbereich von fünf Richtlinien zum EU-Arbeitsrecht aufgenommen werden sollen. Der Vorschlag würde ihnen im Falle von Massenentlassungen und Unternehmensübergängen in allen 28 EU-Mitgliedstaaten die gleichen Rechte auf Unterrichtung und Anhörung einräumen wie Arbeitnehmern auf dem Festland. Sie hätten auch das Recht, sich an den Europäischen Betriebsräten zu beteiligen. Der Vorschlag wird nun dem EU-Ministerrat und dem Europäischen Parlament zur Genehmigung vorgelegt.

"Arbeitnehmer auf See sollten die gleichen Rechte haben wie Arbeitnehmer auf dem Festland, insbesondere wenn es um so grundlegende Rechte wie Unterrichtung und Anhörung geht. Dieser Vorschlag würde die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Seeleute verbessern und so dazu beitragen, dass sich mehr junge Menschen für eine Arbeit auf See interessieren", so László Andor, EU-Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Integration. "Außerdem würden dadurch gleiche Wettbewerbsbedingungen im europäischen maritimen Sektor geschaffen, da alle Schifffahrts- und Fischereiunternehmen in der EU die gleichen Verpflichtungen hätten."

Obgleich das EU-Arbeitsrecht grundsätzlich für alle Arbeitnehmer und alle Sektoren gilt, wurde den Mitgliedstaaten in einigen arbeitsrechtlichen Richtlinien bisher die Möglichkeit eingeräumt, Seeleute vom Recht auf Unterrichtung und Anhörung auszuschließen. Dies hat in mehreren EU-Mitgliedstaaten zu einer Ungleichbehandlung der Seeleute geführt.

Der neue Vorschlag zielt auf die Änderung von fünf Richtlinien ab (betreffend die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers, den Europäischen Betriebsrat, die Unterrichtung und Anhörung, Massenentlassungen bzw. den Übergang von Unternehmen), damit Seeleuten die gleichen Rechte zuteilwerden wie ihren Kollegen auf dem Festland. Dies würde zu einer Verbesserung ihrer Lebens- und Arbeitsbedingungen beitragen. Gleichzeitig würde es die Attraktivität der Beschäftigung auf See für junge Menschen erhöhen, was angesichts der seit Jahren rückläufigen Zahl von Seeleuten in der EU und des bedrohlichen Arbeitskräftemangels im Sektor von besonderer Bedeutung ist. Ein dritter wichtiger Aspekt des Vorschlags ist, dass er für einen gerechteren Wettbewerb in der Fischerei- und Seeverkehrsbranche innerhalb der EU sorgen würde, da die Betreiber in allen EU-Mitgliedstaaten die gleichen Verpflichtungen hätten.

Hintergrund
Die internationale Seeverkehrsbranche stellt den Gütertransport für rund 90 Prozent des internationalen Handels sicher. Ohne den Seeverkehr wären die Ein- und Ausfuhr von Waren in dem in der heutigen Welt erforderlichen Umfang nicht möglich. Weltweit gibt es über 50 000 Handelsschiffe, die im internationalen Handel Güter aller Art transportieren. Rund 30 Prozent dieser Handelsschiffe sind in einem EU-Mitgliedstaat registriert. Etwa 345.455 Seeleute aus der EU sind auf Schiffen in der ganzen Welt beschäftigt und circa 157.561 Fischer aus der EU arbeiten im Fischereisektor.

Derzeit ist in fünf arbeitsrechtlichen EU-Richtlinien die Möglichkeit vorgesehen, dass Mitgliedstaaten Seeleute vom Geltungsbereich der betreffenden Richtlinie ausschließen (Richtlinie über Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers, Richtlinie über den Europäischen Betriebsrat, Richtlinie über Unterrichtung und Anhörung, Richtlinie über Massenentlassungen, Richtlinie über den Übergang von Unternehmen). Nicht alle Mitgliedstaaten machen im gleichen Umfang von dieser Möglichkeit Gebrauch.

Als Teil der Kommissionsstrategie für eine bessere Rechtsetzung wurde das EU-Recht im Bereich der Arbeitnehmerbeteiligung, genauer gesagt die Richtlinien über die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer auf nationaler Ebene, einem "Eignungstest" unterzogen. In dem Bericht über den Eignungstest wurde darauf hingewiesen, dass durch den Ausschluss von u. a. Seeleuten vom Geltungsbereich der Richtlinien eine Lücke entsteht, die es zu schließen gilt. Der vorliegende Vorschlag soll diese Problematik lösen.

Der Vorschlag sieht eine Änderung folgender Richtlinien vor: Richtlinie über Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers, Richtlinie über den Europäischen Betriebsrat, Richtlinie über Unterrichtung und Anhörung, Richtlinie über Massenentlassungen, Richtlinie über den Übergang von Unternehmen. Seeleuten würde in allen EU-Mitgliedstaaten das Recht auf Unterrichtung und Anhörung unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Schifffahrtssektors gewährt. Fanganteilmäßig entlohnte Fischer, die früher vom Geltungsbereich der einschlägigen Vorschriften ausgeschlossen waren, wären nun im Falle der Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers geschützt. Kann ein insolventer Arbeitgeber ihre Löhne nicht ausbezahlen, könnten sie sich an den nationalen Insolvenz-Entgelt-Fonds wenden. Seeleute der Handelsmarine hätten in allen EU-Mitgliedstaaten das Recht, sich an den Europäischen Betriebsräten zu beteiligen. Seeleute würden in den Genuss der gleichen Rechte auf Unterrichtung und Anhörung kommen wie Arbeitnehmer auf dem Festland – auch im Falle von Massenentlassungen und Unternehmensübergängen.

Da der Kauf und Verkauf eines oder mehrerer Schiffe im maritimen Sektor sehr häufig vorkommt, würden zudem einige Maßnahmen vorgesehen, die sicherstellen sollen, dass den in der EU ansässigen Reedereien auf diesem sehr wettbewerbsorientierten Markt kein Nachteil entsteht. Beispielsweise könnten Mitgliedstaaten unter bestimmten Bedingungen entscheiden, dass die Wartezeit, die nach der Inkenntnissetzung der zuständigen Behörden von geplanten Massenentlassungen vorgesehen ist, beim Kauf oder Verkauf eines Schiffes nicht zum Tragen kommt.

Da der Schifffahrtssektor in den 28 Mitgliedstaaten jeweils unterschiedlich organisiert ist und diese in unterschiedlichem Maße von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, Seeleute von den betreffenden Bestimmungen auszuschließen, räumt der Vorschlag den Mitgliedstaaten eine Übergangsfrist von fünf Jahren ein. So soll ihnen ausreichend Zeit für die Umsetzung des Vorschlags in die nationalen Rechtsvorschriften und die nationale Praxis gegeben werden. (Europäische Kommission: ra)


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