Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Prüfverfahren nach EU-Beihilferecht


Staatliche Beihilfen: Kommission weitet Prüfverfahren zur Deutschen Post aus
Pensionslasten: Kam es zu einer Überkompensation der Deutschen Post, durch die die Wettbewerber benachteiligt worden sein könnten?


(19.05.11) - Die Europäische Kommission hat ein förmliches Prüfverfahren nach EU-Beihilferecht zu den Ausgleichszahlungen, die die Bundesregierung für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen an die Deutsche Post AG (DPAG) gezahlt hat, auf die Zahlungen des Bundes zur Finanzierung der Ruhestandsgehälter der früheren und derzeitigen Angestellten mit Beamtenstatus ausgeweitet. Deutschland zufolge stehen diese Zahlungen, die dem Ausgleich des Defizits der Postunterstützungskasse zur Finanzierung der Ruhestandsgehälter (Pensionssubvention) dienten, mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang, da es sich um "Altlasten" aus der Zeit handelt, als die Deutsche Post noch eine Postverwaltung war.

Gleichzeitig hatte die deutsche Postregulierungsbehörde einer Erhöhung der regulierten Briefentgelte zugestimmt, die eigens dazu bestimmt war, die Pensionslasten der DPAG zu decken. Jetzt prüft die Kommission, ob es im Zusammenhang mit diesen Pensionslasten zu einer Überkompensation der Deutschen Post gekommen ist, durch die die Wettbewerber benachteiligt worden sein könnten. Der Beschluss zur Ausweitung des Prüfverfahrens greift in keiner Weise dem endgültigen Ergebnis der Untersuchung vor. Die Bundesregierung und Dritte haben im Rahmen dieses Verfahrens die Möglichkeit, Stellung zu nehmen. Das Verfahren ist Teil eines seit langem anhängigen, in 2007 eröffneten, Beihilfefalles, der unter anderem auf eine Beschwerden des Wettbewerbers UPS hin eingeleitet wurde, und betrifft mehrere anhängige Verfahren bei den europäischen Gerichten. Darüber hinaus lagen der Kommission in dieser Sache nicht immer alle Informationen vor, die sie benötigt hätte, um zu einem fundierten abschließenden Beschluss zu gelangen.

"Die Liberalisierung des Postsektors brachte viele Vorteile in der Form von mehr Geschäftsmöglichkeiten sowie mehr und besseren Postdiensten für die Gesamtwirtschaft. Beinahe 20 Jahre nach dem Beginn der Liberalisierung sind wir immer noch mit Klagen konfrontiert, dass ehemalige Monopolisten Überkompensation erhalten haben. Sollten sich diese als begründet erweisen, wäre es eine Verzerrung des freien Wettbewerbs. Ich hoffe, dass wir nunmehr das Verfahren rasch beenden und die Fragen der Kompensation für "Pensionsaltlasten" klären werden können, da dies nicht unser einziger Fall in dieser Sache ist" so Kommissionsvizepräsident und EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia.

Die Kommission hat die 2007 eingeleitete eingehende Prüfung der staatlichen Unterstützung für die Deutsche Post ausgeweitet, um sich eingehender mit den mit der früheren Postverwaltung in Verbindung stehenden Ausgleichszahlungen für Pensionen zu befassen.

Nachdem sich Wettbewerber darüber beschwert hatten, dass die DPAG von 1990 bis 2007 in unverhältnismäßig hohem Maße in den Genuss staatlicher Ausgleichszahlungen gekommen sei, leitete die Kommission im September 2007 eine eingehende Untersuchung ein. Im Mittelpunkt dieser Untersuchung stand die Frage, ob die DPAG für die Erfüllung ihrer Universaldienstverpflichtung überkompensiert worden war. Im Rahmen der Untersuchung machte Deutschland geltend, dass die Pensionssubventionen als Ausgleich von Altlasten zu betrachten seien, die aufgrund der Übernahme von Beamten anderer Postverwaltungen entstanden waren, und deshalb getrennt zu betrachten seien. Deutschland zufolge sind die Pensionssubventionen mit den EU-Beihilfevorschriften vereinbar, da der DPAG für ihre Beamten höhere Pensionskosten entstünden als ihre Wettbewerber für ihre Angestellten zahlten.

Die Kommission äußert in ihrem Beschluss zur Ausweitung des förmlichen Prüfverfahrens Bedenken, dass die Deutsche Post für die "Pensionsaltlasten" überkompensiert wurde, denn sie hat nicht nur durch die Pensionssubvention, sondern auch über die Erhöhung der regulierten Briefentgelte, die eigens dazu diente, Pensionskosten zu decken, einen Ausgleich erhalten.

Ein Gutachten, in dem beide Finanzierungsquellen – Pensionssubvention und erhöhte Entgelte für die regulierten Briefdienste – berücksichtigt wurden, kommt zu dem Ergebnis, dass die von der Deutschen Post entrichteten Sozialabgaben letztendlich um 10 Prozent bis 15 Prozent unter den Sozialbeitragssätzen ihrer Wettbewerber lagen.

Bevor die Kommission in dieser Beihilfesache einen abschließenden Beschluss zur Frage des Ausgleichs der Kosten für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen und der "Altlasten" erlässt, wird sie zwecks Stellungnahme eine um vertrauliche Angaben bereinigte Fassung des an die Bundesregierung gerichteten Schreibens betreffend die Verfahrensausweitung im Amtsblatt der Europäischen Union und auf ihrer Website veröffentlichen.

Nach den EU-Beihilfevorschriften kann ein Mitgliedstaat einem Unternehmen, das mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Aufgaben betraut wurde, einen Ausgleich für die mit der Erbringung dieser Dienstleistungen verbundenen Mehrkosten (z. B. die Erhaltung einer Mindestanzahl an Postfilialen im Land und die Anzahl der Auslieferungstage pro Woche) zuzüglich eines angemessenen Gewinns zahlen.

Die Kommission räumt ein, dass es durchaus gerechtfertigt sein könnte, dass das etablierte Postunternehmen staatliche Ausgleichszahlungen für "Pensionsaltlasten" erhält, die sich auf den Beamtenstatus von Mitarbeitern bezieht, die während des Postmonopols eingestellt wurden. Im Endeffekt sollte das etablierte Postunternehmen allerdings dieselben Sozialbeitragssätze entrichten wie seine Wettbewerber.

2007 genehmigte die Kommission die Rentenreform des französischen Postunternehmens La Poste in Bezug auf die laufenden und künftigen Ruhegehälter der La-Poste-Mitarbeiter mit Beamtenstatus nach den EU-Beihilferegeln. Die Genehmigung wurde jedoch so ausgestaltet, dass gewährleistet ist, dass die tatsächlich von La Poste zu entrichtenden Sozialbeitragssätze mit jenen der Wettbewerber vergleichbar sind.

Sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, wird eine Zusammenfassung des Beschlusses über das Beihilfenregister auf der Website der GD Wettbewerb unter der Nummer C36/2007 zugänglich gemacht. Über neu im Internet und im Amtsblatt veröffentlichte Beihilfebeschlüsse informiert der elektronische Newsletter State Aid Weekly e-News. (Europäische Kommission: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Forderungen nach mehr Flexibilität

    Die Europäische Kommission hat offiziell eine Verordnung angenommen, mit der europäischen Landwirtinnen und Landwirten eine teilweise Ausnahme von der Konditionalitätsregelung für brachliegende Flächen gewährt wird. Dem vorangegangen waren der Vorschlag der Kommission vom 31. Januar sowie Gespräche mit den Mitgliedstaaten in Ausschusssitzungen.

  • Verwaltungsaufwand für Landwirte begrenzen

    Die Europäische Kommission hat dem belgischen Ratsvorsitz ein Papier übermittelt, in dem erste mögliche Maßnahmen zur Verringerung des Verwaltungsaufwands für die Schultern der Landwirte dargelegt werden. Das Dokument enthält eine Reihe kurz- und mittelfristiger Maßnahmen, die zur Vereinfachung ergriffen werden können

  • Wegweisendes Regelwerk der EU

    Das Gesetz über digitale Dienste ist das wegweisende Regelwerk der EU, mit dem das Online-Umfeld sicherer, gerechter und transparenter gemacht werden soll, und wird auf alle Online-Vermittler in der EU angewandt. Es schützt die Nutzer in der EU besser vor illegalen Waren und Inhalten und sorgt für die Wahrung ihrer Rechte auf Online-Plattformen, auf denen sie mit anderen Nutzern in Kontakt treten, Informationen austauschen oder Produkte kaufen.

  • Untersuchung betrifft mutmaßliche Mängel

    Die Europäische Kommission hat ein förmliches Verfahren eingeleitet, um zu prüfen, ob TikTok in den Bereichen Jugendschutz, Transparenz der Werbung, Datenzugang für Forschende sowie Risikomanagement in Bezug auf suchterzeugendes Design und schädliche Inhalte möglicherweise gegen das Gesetz über digitale Dienste verstoßen hat.

  • Influencer-Posts in sozialen Medien

    Die Europäische Kommission und die nationalen Verbraucherschutzbehörden von 22 Mitgliedstaaten sowie Norwegen und Island haben die Ergebnisse einer Überprüfung ("Sweep") von Influencer-Posts in den sozialen Medien veröffentlicht. Demnach veröffentlichen fast alle Influencerinnen und Influencer (97 Prozent) kommerzielle Inhalte, aber nur jeder fünfte gibt systematisch an, dass es sich bei diesem Content um Werbung handelt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen