Melamin als besonders besorgniserregender Stoff


Urteile des Gerichts in den Rechtssachen T-163/23 | Fritz Egger u. a. / ECHA (Melamin) und T-167/23 | LAT Nitrogen Piesteritz und Cornerstone / ECHA (Melamin)
Der Beschluss der Europäischen Chemikalienagentur, Melamin als Stoff einzustufen, der wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die menschliche Gesundheit und auf die Umwelt hat, wird bestätigt



Am 26. August 2022 reichte die zuständige deutsche Behörde bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) ein Dossier ein, das die Ermittlung von Melamin als besonders besorgniserregenden Stoff befürwortete, d. h. einen chemischen Stoff, der wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die menschliche Gesundheit und auf die Umwelt im Sinne der REACH-Verordnung (1) hat. Nach Eingang der Bemerkungen der interessierten Kreise und nach einstimmiger Entscheidung im Ausschuss der Mitgliedstaaten erließ die ECHA am 16. Dezember 2022 einen Beschluss, in dem Melamin mit der Begründung als besonders besorgniserregender Stoff ermittelt wurde, dass es wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die menschliche Gesundheit und auf die Umwelt hat.

Mehrere Unternehmen mit Sitz in Deutschland, Österreich, Belgien, der Schweiz und den Vereinigten Staaten, die Melamin herstellen oder nutzen – u. a. die LAT Nitrogen Piesteritz GmbH, die Cornerstone Chemical Co. und die Fritz Egger GmbH & Co. OG –, haben beim Gericht der Europäischen Union Klage auf Nichtigerklärung dieses Beschlusses erhoben. In seinen beiden Urteilen weist das Gericht ihr gesamtes Vorbringen zurück und weist daher ihre Klagen ab.

Das Gericht äußert sich zum einen zu dem Begriff "inhärente Eigenschaften" einer Chemikalie und zum anderen zu dem Vorbringen, das sich auf das Recht der interessierten Kreise bezieht, im Verfahren zur Ermittlung besonders besorgniserregender Stoffe Stellung zu nehmen.

Erstens weist es darauf hin, dass zur Ermittlung eines Stoffes als besonders besorgniserregend auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse u. a. festgestellt werden muss, dass der Stoff wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die menschliche Gesundheit oder auf die Umwelt hat, was eine Prüfung der durch die inhärenten Eigenschaften des Stoffes bedingten Gefahren erfordert.

Der Begriff "Gefahr" bezeichnet jedes Produkt oder Verfahren, das eine schädliche Wirkung für die menschliche Gesundheit und die Umwelt haben kann. Hierzu stellt das Gericht fest, dass die Ermittlung eines Stoffes als besonders besorgniserregend nicht voraussetzt, dass eine inhärente Eigenschaft für sich genommen und als solche wahrscheinlich eine schwerwiegende Wirkung hat. Sie muss jedoch eine Wirkung haben, die in Verbindung mit anderen Wirkungen aufgrund anderer inhärenter Eigenschaften wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die menschliche Gesundheit oder auf die Umwelt hat.

Daher können bei der Feststellung, ob ein Stoff wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die menschliche Gesundheit oder auf die Umwelt hat, Wirkungen von Eigenschaften berücksichtigt werden, die den Verbleib des Stoffes in der Umwelt betreffen, wie etwa seine Persistenz, seine Mobilität und sein Potenzial für die Verbreitung über weite Entfernungen. Das Gericht stellt folglich fest, dass die ECHA keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat.

Zweitens weist das Gericht auch das Vorbringen der Unternehmen zurück, dass ihr Recht auf Anhörung im Verfahren zum Erlass des Beschlusses der ECHA nicht gewahrt worden sei.

Es weist darauf hin, dass die REACH-Verordnung den interessierten Kreisen kein Recht auf Anhörung im Verfahren garantiert. Sie sieht lediglich eine öffentliche Anhörung vor, die ihnen keine besonderen Verfahrensrechte außer dem Recht zur Vorlage von Bemerkungen einräumt. Ebenso haben die interessierten Kreise, die als Beobachter an der Sitzung des Ausschusses der Mitgliedstaaten teilnehmen, lediglich die Möglichkeit, zu bestimmten und gegebenenfalls im Voraus festgelegten Punkten Stellung zu nehmen.

HINWEIS: Die Nichtigkeitsklage zielt auf die Nichtigerklärung einer unionsrechtswidrigen Handlung der Unionsorgane ab. Sie kann bei dem Gerichtshof bzw. dem Gericht unter bestimmten Voraussetzungen von Mitgliedstaaten, Organen der Union oder natürlichen oder juristischen Personen erhoben werden. Ist die Klage begründet, wird die unionsrechtswidrige Handlung für nichtig erklärt. Entsteht dadurch eine Regelungslücke, hat das betreffende Organ diese zu schließen.

HINWEIS: Gegen die Entscheidung des Gerichts kann innerhalb von zwei Monaten und zehn Tagen nach ihrer Zustellung beim Gerichtshof ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel eingelegt werden. Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nicht amtliches Dokument, das das Gericht nicht bindet.

(1) Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH).
(Pressemitteilung des EuGH vom 9. Juli 2025: ra)

eingetragen: 02.08.25


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